Das hat es lange nicht gegeben: Als die deutsche Rentenversicherung vergangene Woche eine Rentenanpassung ankündigte, war vom Rekordplus die Rede: Nach einer vorläufigen Schätzung sollen die Renten um 4,35 Prozent im Westen und um 5,03 Prozent im Osten steigen. Ein West-Ruheständler mit einer Brutto-Standardrente von 1314 Euro und 45 Beitragsjahren käme somit auf einen Zuschlag von rund 57 Euro im Monat. Derart kräftige Anhebungen hatte es zuletzt 1993 gegeben.
Sorglos trotz Rentenlücke
Über die Erhöhung können sich alle freuen – bis auf Hausfrauen und -männer. Denn wer nie in die Rentenkasse einbezahlt hat, bekommt nachher auch nichts heraus. Somit wird das klassische Familienmodell zum finanziellen Risiko. Während ein Gehalt für Papa, Mama und die Kinder reichen mag, genügt eine Rente nämlich oftmals nicht für beide. Und auch wer wegen der Kinder ein paar Jahre zuhause bleibt und danach einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht, reißt große Lücken in sein Rentenkonto. Bei der Entscheidung für das Modell „einer arbeitet, einer hütet Haus und Hof“ bedenken das jedoch viele nicht.
Das belegt die Aegon Ruhestandsstudie 2015, die der WirtschaftsWoche vorab vorliegt. Für die Studie wurden 16.000 Menschen in 15 Ländern befragt, die zugunsten der Familie ganz oder zeitweise zuhause bleiben - Hausfrauen und Hausmänner also; im Angelsächsischen nennt man sie geschlechtsneutral "Homemakers". Zentrales Ergebnis der Studie: Mehr als die Hälfte der Hausfrauen- und -männer hat sich schlicht noch keine Gedanken gemacht, wovon sie im Alter leben sollen.
Typologie der Hausfrauen und Hausmänner
Mehr als 50 Prozent der Homemaker sind zwischen 18 und 44 Jahre alt. Den größten Anteil haben dabei die 25- bis 34-Jährigen mit 29 Prozent
Global betrachtet sind 86 Prozent der „Homemaker“ Frauen. In der Türkei sind 100 Prozent der Homemaker Frauen. In China sind es 97 Prozent, in Ungarn 94 Prozent, in Indien 92 Prozent und in Japan 87 Prozent. Damit bilden diese Länder die internationalen Top fünf.
Umgekehrt ist in den folgenden Ländern der Hausmänner-Anteil besonders hoch: In Großbritannien gibt es 26 Prozent Hausmänner und 74 Prozent Hausfrauen, in Deutschland beträgt das Verhältnis 25 zu 75 Prozent. Auf Platz drei liegt Spanien mit einem Verhältnis von 20 zu 80 Prozent, dicht gefolgt von den USA mit 19 Prozent Hausmännern und 81 Prozent -frauen sowie den Niederlanden mit 18 und 82 Prozent.
88 Prozent der Hausfrauen und -männer sind verheiratet oder leben in einer festen Partnerschaft.
72 Prozent der Hausfrauen und 53 Prozent der Hausmänner haben mindestens ein Kind.
Die Hausfrauen und -männer sind stark abhängig vom Einkommen ihres Partners beziehungsweise der Partnerin. Laut der Studie steuern sie nur rund ein Fünftel zum gesamten Haushaltseinkommen bei.
Das Problem: 40 Prozent der von Aegon befragten „Homemaker“ assoziieren mit ihrem eigenen Ruhestand zwar negative Begriffe wie “Armut”, “Unsicherheit” oder “Krankheit”, trotzdem sind nur wenige bereit, für den Ruhestand vorzusorgen. Nur 32 Prozent der Befragten fühlen sich “sehr verantwortlich” für ihr Einkommen im Alter. Einen Plan B, von was sie leben sollen, falls der Partner stirbt oder es zu einer Trennung kommt, haben weniger als ein Viertel.
Eine aktuelle Untersuchung der Comdirect bestätigt das grundsätzlich auch für Deutschland und stellt beim Interesse am Thema Altersvorsorge zudem ein deutliches Ost-West-Gefälle fest. Während in den alten Bundesländern die kreisfreie Stadt Gelsenkirchen beim Desinteresse an Altersvorsorge mit 45 Prozent den schlechtesten Wert aufweist, verzeichnet der Wartburgkreis in Thüringen schon mit 42 Prozent den besten Wert in neuen Bundesländern. In Cottbus ist das Desinteresse an Altersvorsorge mit 82 Prozent am höchsten. 38 Kreise und kreisfreie Städte Ostdeutschlands liegen beim Desinteresse vorn, vor allem in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
So gut sind Menschen aus 15 Ländern auf den Ruhestand vorbereitet
Ruhestandsvorbereitungen in 15 Ländern: Wie gut die Hausfrauen bzw. Hausmänner (engl. Homemakers) und Arbeitnehmer aus 15 Nationen auf den Ruhestand vorbereitet sind.
Grundlage der Studie ist ist die Berechnung des Aegon Retirement Readiness Index, der auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt) den Stand der Ruhestandsvorbereitung angibt. Der Index wird auf Grundlage einer Reihe von Fragen, die die Einstellungen und das Verhalten der Befragten in Bezug auf die Ruhestandsvorbereitung bewerten, gemessen. Nähere Informationen zum Index unter www.aegon.com
Quelle: Aegon Ruhestandsstudie 2015, 16.000 Befragte in 15 Ländern
Homemakers: 7,13
Arbeitnehmer: 6,98
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemaker: 6,73
Arbeitnehmer: 6,53
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 5,21
Arbeitnehmer: 6,51
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 5,06
Arbeitnehmer: 6,09
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,70
Arbeitnehmer: 6.67
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,56
Arbeitnehmer: 5,30
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,50
Arbeitnehmer: 5,77
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,49
Arbeitnehmer: 5,81
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,43
Arbeitnehmer: 6,00
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,40
Arbeitnehmer: 5,13
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,40
Arbeitnehmer: 4,82
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,35
Arbeitnehmer: 6,01
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,29
Arbeitnehmer: 5,12
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,25
Arbeitnehmer: 5,39
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Homemakers: 4,24
Arbeitnehmer: 5,19
Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (perfekt)
Die Gründe für das starke West-Ost-Gefälle sieht die Comdirect-Studie im niedrigen Einkommen und größerer Unsicherheit in der Geldanlage im Osten Deutschlands. Besonders fatal: Die Ignoranz des Themas ist in kinderarmen Gebieten auffallend hoch. "Durch die geringe Kinderquote bedeutet das eine besonders starke Belastung für das einzelne Kind, wenn die Eltern pflegebedürftig werden", sagt Daniel Schneider von der Comdirect. Laut Bundesgerichtshof müssen hierzulande Kinder nämlich selbst dann den Unterhalt für ihre pflegebedürftigen Eltern bestreiten, wenn sie kein eigenes Einkommen haben. Dann rächt sich eine zu niedrige Rente der Eltern gleich doppelt, weil den Kindern wiederum Geld für die eigene Altersvorsorge fehlt.
Abhängig vom Partner
Dass es in aller Regel Frauen sind, die der Kinder wegen zuhause bleiben, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden. Häufig ist die Erziehungszeit nur für ein bis drei Jahre geplant. Doch viele Frauen steigen nicht wieder in den Beruf ein – entweder weil das nächste Kind kommt, oder weil sie schlicht nicht mehr wollen, wie eine Studie der Soziologen Markus Gangl und Andrea Ziefle von der Goethe-Universität Frankfurt auf Basis der Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) zeigt. „Die subjektive Erwerbsorientierung von Müttern nimmt im Laufe der Zeit deutlich ab, das heißt, diese Frauen verlieren durch die längere Auszeit zunehmend das Interesse, an der eigenen beruflichen Perspektive zu arbeiten“, sagt Ziefle. Nach 18 Monaten Kinderbetreuung zuhause war den befragten Müttern die Erwerbsarbeit einfach nicht mehr so wichtig, stattdessen rangierte die Familie an erster Stelle.
Hausfrauen und -männer sind finanziell vom Partner abhängig
Das schmerzt den Staat, dem Lohnsteuer entgeht, die Rentenkassen, die auf Beiträge verzichten müssen und vor allem die Homemakers selbst: Menschen, die überwiegend unentgeltlich zuhause arbeiten, tragen im Durchschnitt weniger als ein Fünftel zum Familieneinkommen bei und sind immer finanziell auf den Partner angewiesen. „Diese Abhängigkeit birgt Risiken: Bei Jobverlust oder frühzeitigem Tod des Partners sowie im Trennungsfall reicht das eigene Einkommen in der Regel nicht für die finanzielle Absicherung aus“, heißt es in der Studie. Zudem haben Frauen eine höhere Lebenserwartung als Männer. Die Witwen müssen dann Grundsicherung beantragen.
Das geänderte Scheidungs- und Unterhaltsrecht, das Elterngeld sowie letztlich auch der gesellschaftliche Wandel haben zwar dafür gesorgt, dass mehr Mütter nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten gehen als noch vor 25 Jahren – eine Vollzeitstelle nehmen jedoch nur wenige wieder an. Laut einer Erhebung unter berufstätigen Müttern arbeiten 52,2 Prozent der Frauen, die zwei Kinder haben, Teilzeit, also 30 Wochenstunden und weniger. Mit drei oder mehr Kindern sind 57,6 Prozent in Teilzeit beschäftigt. Mit Teilzeitjobs lässt sich nur leider nicht das große Geld verdienen – was sich auch bei der Rente bemerkbar macht.
In welchen Branchen sich Teilzeitarbeit für Frauen lohnt - und in welchen nicht
In der Energieversorgung in Teilzeit zu arbeiten lohnt sich für Frauen: Gegenüber einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 3962 Euro (Vollzeit) verdienen Sie immerhin 2529 Euro in Teilzeit - das sind gerade einmal 36 Prozent weniger.
Quelle: Adzuna-Studie, basierend auf einer Analyse der Verdienste und Arbeitskosten - Fachserie 16 Reihe 2.1, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015
Wer in den genannten Branchen des öffentlichen Dienstes arbeitet, hat als Frau bei einer Teilzeitstelle gegenüber einer Vollzeitstelle ebenfalls nur Verdiensteinbußen von 36 Prozent zu erwarten. (Vollzeit: 3335 Euro im Monat, Teilzeit: 2128 Euro im Monat).
Frauen in der industriellen Produktion verdienen in Deutschland in Vollzeit im Schnitt 3062 Euro, in Teilzeit 1895 Euro.
Auch in der Informations- und Kommunikationsbranche ist der Unterschied im Verdienst zwischen Voll- und Teilzeitangestellten nicht größer als 39 Prozentpunkte. In Vollzeit verdient eine Frau dort 3838 Euro im Monat, in Teilzeit 2360 Euro im Monat.
Auch Frauen in der Wasserversorgung und Abfallentsorgung bekommen in Teilzeit nur 39 Prozent weniger Gehalt als in Vollzeit (1953 Euro im Monat gegenüber 3203 Euro im Monat).
Lehrerinnen und Erzieherinnen in Teilzeit können damit rechnen, 40 Prozent weniger zu verdienen als ihre in Vollzeit angestellten Berufsgenossinnen. (Vollzeit: 3920 Euro im Monat, Teilzeit: 2336 Euro im Monat).
In Verkehr und Lagerei verdienen Frauen in Teilzeit 1697 Euro, in Vollzeit 2854 Euro.
Das Gesundheits- und Sozialwesen bietet Frauen in Teilzeit 1837 Euro, in Vollzeit 3095 Euro.
In der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche erhalten Frauen in Vollzeit im Schnitt 3924 Euro, in Teilzeit 2317 Euro.
Freiberuflerinnen in den genannten Dienstleistungsbranchen können bei einer Vollzeit-Tätigkeit mit 3382 Euro im Monat rechnen, arbeiten sie freiberuflich nur eine Teilzeit-Stundenzahl, können sie mit Brutto 1993 Euro im Monat rechnen.
Hier verdienen Frauen in Vollzeit 2720 Euro im Monat, in Teilzeit 1574 Euro im Monat.
Im Gastgewerbe bekommen Frauen in Vollzeit im Schnitt einen Bruttoverdienst von 1935 Euro im Monat, in Teilzeit 1094 Euro im Monat.
Im Grundstücks- und Wohnungswesen gibt es für weibliche Mitarbeiter 1837 Euro in Teilzeit und 3286 Euro in Vollzeit.
Im Bergbau verdienen Arbeiterinnen in Vollzeit 3790 Euro im Monat, in Teilzeit 2086 Euro im Monat.
1489 Euro gibt es für Frauen in Teilzeit im Handel, in Vollzeit 2741 Euro.
Im Baugewerbe lohnt es sich für Frauen nicht, in Teilzeit zu arbeiten. Sie verdienen dann 51 Prozent weniger als Vollzeitarbeiterinnen. (Vollzeitbeschäftige bekommen 2912 Euro, Teilzeitbeschäftigte bekommen 1437 Euro).
Gut bezahlte Teilzeitstellen für Hochqualifizierte sind ohnehin Mangelware. Es sind nämlich nicht nur die Mütter daran schuld, wenn der Wiedereinstieg in den Job nicht so ertragreich ausfällt, wie geplant: „Als Grund für schlechte Jobs nach einer kinderbedingten Auszeit sah die bisherige Forschung eher das Verhalten der Arbeitergeber, die Müttern bei längeren Ausfallzeiten seltener mit anspruchsvollen Tätigkeiten oder wichtigen Aufgaben betrauen“, so Gangl und ergänzt: „Das nennen wir ‚statistische Diskriminierung‘.“
Immerhin: Wer Kinder großgezogen hat, kann sich das bei der Rente anrechnen lassen. Zu viel erwarten sollten Hausfrauen davon aber nicht. Ein Jahr Kindererziehung bringt einen Entgeltpunkt bei der späteren Rente. Aber nur weil das Kind 20 Jahre lang zuhause gelebt hat, gibt es keine 20 Punkte.
Mütterrente macht aus einem zwei Erziehungsjahre
Für Kinder, die nach 1992 zur Welt gekommen sind, kann sich der Elternteil, der den Löwenanteil bei der Erziehung übernommen hat, drei Jahre als Pflichtbeitragszeiten bei der gesetzlichen Rente anrechnen lassen. Kommt das Kind am 15. Oktober 2015 zur Welt, gilt die Zeit vom 1. November 2015 bis einschließlich Oktober 2018 als Erziehungszeit. Diese Kindererziehungsjahre zahlt der Bund allerdings auch nur dann, wenn Eltern beantragen, dass die Kindererziehung auf ihrem Rentenkonto gutgeschrieben wird. Automatisch passiert hier nichts.
Für Kinder, die vor 1992 zur Welt gekommen sind, gibt es seit einiger Zeit zwei Jahre. Das ist das Ergebnis der sogenannten Mütterrente, die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zum 1. Juli 2014 einführte: Hinter dem Begriff verbirgt sich eine bessere Anerkennung von Erziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Bis letztes Jahr konnten sich Eltern nämlich nur ein Jahr für die Erziehung ihrer vor 1992 zur Welt gekommenen Kinder anrechnen lassen.
Wer also 1990, 1994 und 1997 Kinder auf die Welt gebracht hat, wird bei der Rente so behandelt, als habe er acht statt sieben Jahre lang in die Rentenkasse einbezahlt. Entsprechend fallen nachher die Bezüge für die Hausfrau und Mutter beziehungsweise den Hausmann und Vater ein bisschen höher aus, als vor Einführung der Mütterrente. Genauer gesagt: Seit dem 1. Juli 2014 gibt es für diese Fälle eine Erhöhung der Bruttorente von 28,61 Euro im Westen und 26,39 Euro im Osten. Zum Leben reicht es aber trotzdem nicht.
Private Altersvorsorge muss sein
Nun steigen die Renten aus der gesetzlichen Rentenkasse erneut: Ab 1.Juli 2015 steigt der Rentenanspruch pro Entgeltpunkt auf 29,21 Euro im Westen und 27,05 Euro im Osten“, heißt es bei der Deutschen Rentenversicherung. Brutto versteht sich. Steuern und Krankenversicherungsbeiträge müssen je nach Einkommenssituation noch abgezogen werden. Wer also später nicht von der Rente des Partners oder den Kindern abhängig sein will, muss trotz Mütterrente privat vorsorgen.
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Aegon-Studie: Sie empfiehlt allen Hausfrauen und -männern, sich gemeinsam mit dem Partner um die Finanzplanung zu kümmern - gegebenenfalls mit Hilfe eines Finanzberaters - sowie klare Regelungen für den Fall einer Trennung, Scheidung oder den Tod des Partners zu treffen - durch entsprechende Risikovorsorge, Eheverträge und ein Testament. Und da das alles keinesfalls die spätere Rente der Homemaker erhöht, ist Sparen für den Ruhestand dringend zu empfehlen.
Dafür aber muss regelmäßig Geld zur Seite gelegt werden, und sei der monatliche Sparbetrag noch so klein. Es gibt durchaus Sparformen, die sich auch bei kleinen Beträgen langfristig positiv auswirken.
Typische Irrtümer von Riester-Sparern
Sie übersehen, dass die Verzinsung variabel ist. Die Bank kann also die Zinsen jederzeit senken. Nur Lebens- und Rentenversicherungen müssen laut Gesetz mindestens 1,25 Prozent Zinsen garantieren, ab 2017 sind es nur noch 0,9 Prozent. Für Banksparpläne gilt dieser Garantiezins nicht beziehungsweise erst, wenn das Sparguthaben in eine Rentenversicherung überführt wird. Dann sind die Versicherungsbedingungen zu diesem Zeitpunkt gültig. Garantiezins, Sterbetafeln, etc. können sich also während der Ansparphase noch deutlich zu Ungunsten des Sparers ändern.
Ihnen ist nicht klar, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Sparvertrag oder eine vorgezogene Rentenphase die Auszahlung drastisch schmälert. Denn es fehlen nicht nur Einzahlungsjahre, sondern auch die Rentenbezugsdauer steigt gleichzeitig. Es ist also weniger Geld für mehr Rentenjahre im Topf.
Die Riester-Rente lockt Sparer mit zwei Garantien: Der Auszahlung einer lebenslangen Rente, selbst wenn der Kapitalstock aufgebraucht ist, und der Garantie, dass die Einzahlungen, staatlichen Prämien und die bis zum Rentenbeginn aufgelaufenen Zinsgewinne für die Rente bereit stehen. Das bedeutet aber nicht, dass der Sparer die volle Summe nach zu Lebzeiten ausgezahlt bekommt. Es ist nur eine Garantie dafür, dass der Kapitalstock durch Investition in die falschen Anlagemärkte Verluste erleidet und dahinschmelzen könnte.
Sparer gehen häufig von einer halbwegs realistischen Lebenserwartung aus. Die Anbieter müssen jedoch so kalkulieren, dass sie auch bei Erreichen eines weit überdurchschnittlichen Alters noch eine Rente zahlen können, ohne das Geld anderer Sparer oder ihr eigenes Kapital aufzuwenden, sprich ohne Verluste zu machen.
Sie verwechseln Prognosen und Anlagevorschläge der Anbieter mit Garantien. Dabei gibt es zahlreiche Faktoren, die erheblichen Einfluss auf die Rente haben können. Zum Beispiel ein allgemein sinkendes Zinsniveau, gesetzliche Rahmenbedingungen, Änderungen in den Versicherungsbedingungen, im Steuerrecht und in den Sterbetafeln.
Sie vertrauen auf ihre Bank und ihren Kundenberater. Dabei ist ein Riester-Vertrag eine komplizierte Angelegenheit, bei deren Berechnung auch schnell Fehler passieren. Eine gründliche Prüfung aller Vertragsunterlagen ist Pflicht, am besten durch einen unabhängigen Berater, der gegen Honorar und nicht für eine Verkaufsprovision berät.
Sie konzentrieren sich auf die staatlichen Zulagen und unterschätzen die Steuern in der Auszahlphase. Dabei wird der volle Steuersatz auf das gesamte Guthaben fällig, egal ob Verrentung oder Einmalauszahlung. Vorteilhaft ist diese sogenannte nachgelagerte Besteuerung nur, weil der persönliche Steuersatz mit Renteneintritt in der Regel deutlich sinkt.
Vorsorgewege für Geringverdiener, Hausfrauen und -männer
So haben zum Beispiel auch Teilzeitbeschäftigte anteiligen Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen vom Arbeitgeber. Das Geld lässt sich gut in einen Fondssparplan stecken. Zudem muss der Arbeitgeber eine Möglichkeit zur steuerbegünstigten Betriebsrente bieten, oft gibt es dazu noch einen Zuschuss vom Chef. Alternativ oder zusätzlich lässt sich auch schon mit relativ kleinen Beträgen ein Aktiensparplan verfolgen, der hohe Rendite und geringes Verlustrisiko durchaus vereinen kann.
Wer nicht arbeitet, bekommt trotzdem eine Zulage vom Staat beim Ansparen einer Riester-Rente, sofern der Partner sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Zahlen sie wenigstens vier Prozent des Vorjahres-Brutto-Einkommens in ihren Vertrag ein, gibt es Zulagen – pro Sparer 154 Euro, für Kinder bekommt ein Elternteil je 300 Euro extra (sind diese vor 2008 geboren, 185 Euro). Außerdem bleiben Einzahlungen steuerfrei – allerdings werden die Zulagen vom rechnerischen Steuervorteil auf die kompletten Einzahlungen abzogen. Gespart werden kann via Rentenversicherung, Bank- oder Fondssparplan, Bausparvertrag und Immobiliendarlehen. Viel hängt allerdings davon ab, welches konkrete Riester-Produkt gewählt wird. Staatliche Förderung verspricht auch die sogenannte Rürup-Rente, die allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen ihre Vorteile ausspielt.
Wer das Thema Altersvorsorge sinnvoll angehen möchte, kommt angesichts der vielfältigen Wege und Finanzprodukte nicht umhin, sich zumindest etwas schlau zu machen, bevor er oder sie einen professionellen Berater hinzuziehen. Letztlich ist der Betroffene selbst am meisten gefordert. Denn auch wenn die Aegon-Studie mehr Entgegenkommen von Seiten der Regierungen und Arbeitgeber einfordert, könnte es zu spät für eine Eigeninitiative sein, sollte sich diese beiden Seiten zugunsten der Geringverdiener und "Homemaker" mal bewegen.