Ganz so schlimm wie erwartet soll es nicht kommen – erleichtert reagierten die Vertreter der Immobilienwirtschaft. Die im Energiekonzept der Bundesregierung festgelegten Anforderungen an die energetische Gebäudemodernisierung soll nun wohl doch nicht so streng umgesetzt werden wie ursprünglich geplant.
"Das ist ein großer Schritt in Richtung Realität", sagt Jens-Ulrich Kießling, Vorsitzender der Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI), die auch die beiden großen Vermieterverbände GdW und BFW vertritt.
Gestern hatten sich die Fraktionen von Union und FDP auf umfangreiche Änderungen des Energiekonzepts der Bundesregierung verständigt. "So wie es aussieht, ist der Zwang zur Sanierung vom Tisch", erklärt ein Sprecher der Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus & Grund. Für eine endgültige Beurteilung müsse aber die Entscheidung des Bundeskabinetts am kommenden Dienstag abgewartet werden.
80 Prozent weniger CO2-Ausstoß angestrebt
Nach den jüngsten Änderungen ist nicht mehr vom umstrittenen Nullemissionsstandard die Rede. Weiter angestrebt wird eine Reduzierung des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes (CO2) beim Gebäudebestand bis 2050 um 80 Prozent. Dies sei "immer noch sehr ambitioniert", sagt Kießling.
Tatsächlich müsste dafür die Sanierungsquote deutlich erhöht werden. Nach Angaben der halbstaatlichen Deutschen Energie-Agentur (Dena) werden derzeit jährlich zwischen 0,9 und 1,3 Prozent aller Wohngebäude energetisch modernisiert: Laut Dena wäre eine Quote von 2,5 Prozent nötig.
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Vertreter der Immobilienwirtschaft stellen jedoch die Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen in Frage. Darauf, dass sich in Teilen der Republik umfassende energetische Modernisierungen nicht rechnen würden, weist zum Beispiel der Zentrale Immobilien Ausschuß (ZIA) hin. Zwar dürfen Eigentümer elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Kaltmiete umlegen. Das sei am Markt aber oft nicht durchsetzbar.
Von entscheidender Bedeutung ist deshalb die Höhe der Sanierungskosten. "Viele Zahlen, mit denen in der Öffentlichkeit argumentiert wird, sind nicht haltbar", kritisiert Dena-Geschäftsführer Stephan Kohler.
So würde es laut „Haus & Grund“ 995 Euro pro Quadratmeter (qm) Wohnfläche kosten, ein Mehrfamilienhaus auf den ursprünglich angestrebten Nullemissionsstandard zu bringen.
Demgegenüber beziffert die Dena die Kosten, die aufgewendet werden müssen, um den Energieverbrauch um 80 Prozent zu reduzieren, auf lediglich 420 Euro pro qm. Würde ein Energieeinspareffekt von 70 Prozent angestrebt, sei die Sanierung nach Ansicht von Kohler sogar warmmietenneutral möglich. Die Mehrbelastung bei der Kaltmiete würde durch die Einsparung bei den Energiekosten kompensiert.