Staatshilfe Wie die Währungsfonds funktionieren

Ob IWF oder EWF: Die Inanspruchnahme von Hilfe ist an bestimmten Kriterien geknüpft. Wie Währungsfonds funktionieren.

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1. Darf Griechenland als Euro-Staat die Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen?

IWF-Chef Dominique Quelle: AP

Grundsätzlich kann jedes Mitgliedsland des IWF – ob arm oder reich – sogenannte Zahlungsbilanzhilfen oder -kredite beanspruchen. Voraussetzung ist, das Land steckt in ernsten Zahlungsschwierigkeiten. Vier Fünftel der IWF-Mitglieder haben derartige Hilfen seit Bestehen des Fonds bereits mindestens einmal genutzt.

Die IWF-Kredite – die Mittel wurden gerade erst aufgestockt – sind an Konditionen gebunden. Sie werden gewöhnlich über einen Zeitraum von drei Jahren gewährt und in Tranchen ausgezahlt, können aber nach Bedarf verlängert oder neu aufgelegt werden. In dieser Zeit einigen sich der Fonds und das jeweilige Land auf ein Politikprogramm mit verbindlichen quantitativen Zielen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen. Die Auszahlung der Tranchen ist gewöhnlich an das Erreichen der Ziele geknüpft.

Die Erfahrung aus der Praxis hat jedoch gezeigt, dass der Fonds dabei nicht immer konsequent vorgeht. Seit der französische Sozialist Dominique Strauss-Kahn den IWF führt, gibt sich der Fonds bei seinen Auflagen weniger rigoros als früher. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble soll auch deshalb so vehement auf eine europäische Fondslösung drängen, weil er fürchtet, überschuldete Euro-Staaten könnten sich Kapital beim IWF zu deutlich laxeren Sparauflagen besorgen – was den Europäischen Stabilitätspakt ad absurdum führen würde. Allerdings: Auch ein europäischer Fonds könnte wohl keine härteren Auflagen als der IWF durchsetzen, da er das Schuldnerland sonst in die Arme der Washingtoner Behörde treiben würde.

Bislang lehnen EU-Kommission und Euro-Gruppe die Einschaltung des IWF im Fall Griechenland ab. Dies ist jedoch eine rein politisch motivierte Entscheidung.

2. Wozu ist der Europäische Währungsfonds (EWF) gut?

Die Idee, einen Europäischen Währungsfonds als Pendant zum IWF zu gründen, stammt von den Ökonomen Thomas Mayer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, und Daniel Gros, Direktor des Centre for European Policy Studies (Ceps) in Brüssel. Ihren Vorschlag veröffentlichten sie im Februar zunächst als Arbeitspapier unter dem Titel „Towards a Euro(pean) Monetary Fund“ auf der Homepage des Ceps (http://www.ceps.eu). Einem breiteren Publikum wurde der Vorschlag durch einen Beitrag der beiden Ökonomen im britischen Wirtschaftsmagazin „The Economist“ bekannt.

Ziel des EWF ist, Ländern mit Haushaltsproblemen finanzielle Unterstützung zu gewähren. Im Gegenzug verpflichten sich diese zu Anpassungs- und Reformmaßnahmen. Darüber hinaus soll der EWF verhindern, dass Staatsbankrotte Dominoeffekte auslösen, die das globale Finanzsystem aus den Angeln heben. Man brauche einen Rahmen für „geordnete Staatsinsolvenzen“, heißt es aus deutschen Regierungskreisen.

3. Wer finanziert den EWF?

Der Vorschlag von Mayer und Gros sieht vor, den EWF in erster Linie durch Beiträge der Staaten zu finanzieren, die gegen die Obergrenzen des Maastrichter Vertrags für das Haushaltsdefizit (3,0 Prozent vom BIP) und den Schuldenstand (60 Prozent vom BIP) verstoßen. Sobald ein Land die Maastricht-Quoten verletzt, soll es ein Prozent der Differenz zum Grenzwert an den EWF abführen. Ein Beispiel: Zuletzt lag die Schuldenquote Griechenlands bei 115 Prozent des BIPs. Die Differenz zur Obergrenze von 60 Prozent beträgt damit 55 Prozent. Davon müsste Griechenland ein Prozent, also 0,55 Prozent seines BIPs, als Beitrag an den EWF abführen. Für das vergangene Jahr sind das rund 1,3 Milliarden Euro. Analog sieht die Rechnung beim Überschreiten der Defizitgrenze aus.

Berechnungen von Mayer und Gros zufolge hätte der EWF auf diese Weise seit Bestehen der Währungsunion schon 120 Milliarden Euro an Beitragsgeldern einsammeln können – genug, um kleine und mittelgroße Euro-Länder vor dem Bankrott zu retten. Seine Beitragseinnahmen soll der EWF in Staatsanleihen von Euro-Ländern mit hoher Bonität parken.

Der Vorteil dieser Finanzierung besteht darin, dass sie den Mitgliedsländern Anreize gibt, die Maastrichter Grenzwerte für das Defizit und den Schuldenstand einzuhalten, um Beitragszahlungen an den EWF zu vermeiden. Sollten die angesammelten Beiträge nicht reichen, um Hilfsaktionen zu finanzieren, könnte sich der EWF zusätzlich Kredite durch die Emission eigener Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt beschaffen.

Fraglich ist allerdings, ob die Politiker den Finanzierungsvorschlägen der Ökonomen folgen. Sie könnten argumentieren, dass es unsinnig sei, einem Land mit hohen Defiziten und Schulden auch noch hohe Beiträge zum EWF aufzudrücken. Eine Alternative könnten daher Bareinzahlungen der Mitgliedsländer sein, die sich an deren Wirtschaftskraft orientieren. Deutschland wäre dann wohl der Hauptfinanzier des EWF.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Mitgliedsländer des EWF wie beim IWF mit Sonderziehungsrechten auszustatten, die ihnen einen Anspruch gewähren, im Krisenfall auf Mittel des EWF zurückzugreifen. Erst wenn dieser Fall eintritt, müssten die anderen Mitgliedsländer dem EWF die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen – und dazu die Steuern erhöhen oder selbst Kredite aufnehmen. Denkbar wären auch Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese würden allerdings die Geldmenge erhöhen und hätten inflationäre Folgen, falls die EZB das Geld nicht an anderer Stelle absaugt, etwa durch den Verkauf von Staatsanleihen.

4. Wie könnten die Hilfen des EWF für Krisenländer aussehen?

Der EWF könnte einem Land, das sich in Haushaltsschwierigkeiten befindet, einen direkten Kredit gewähren. Alternativ wären auch Garantien für Anleihen möglich, die das Krisenland emittiert. Dadurch würde das Forderungsausfallrisiko sinken, und die Gläubiger würden niedrigere Zinsen von dem Schuldnerstaat fordern.

Das Krisenland könnte Garantien beziehungsweise Kredite des EWF bis zur Höhe seiner zuvor eingezahlten Beiträge ohne zusätzliche Auflagen in Anspruch nehmen. Benötigt es darüber hinausgehende Hilfen, müsste es sich verpflichten, im Gegenzug seinen Staatshaushalt rasch zu konsolidieren und Reformen umzusetzen, die die Wirtschaft wieder auf Trab bringen. EU-Kommission und Euro-Gruppe müssten die Reformen überwachen.

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