Vermögensverwalter Felix Zulauf "Zerfall der gesamten Finanzarchitektur"

Der Schweizer Vermögensverwalter über das Harakiri der Politik, haarsträubende Fehler der Notenbanken und die schleichende Enteignung der Bürger Europas.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Felix W. Zulauf

WirtschaftsWoche: Herr Zulauf, stirbt der Euro?

Zulauf: Vermutlich ja, weil er von Beginn an eine Fehlkonstruktion war. Der Euro ist ja nicht aus wirtschaftlichen Überlegungen gegründet worden. Es war eine politische Erpressung Deutschlands durch die Franzosen. Der Euro ist der Preis Deutschlands für die Zustimmung zur Wiedervereinigung. Es fehlten wichtige Voraussetzungen für eine Währungsunion. Die wichtigste wäre eine Fiskalunion gewesen. Währungsunionen sind in der Geschichte immer gescheitert, wenn es keine Fiskalunion und keine politische Union gegeben hat. Ich habe damals gesagt, dass der Euro die kürzeste Währungsunion der Geschichte sein wird, wenn man sich an die Spielregeln hält. Nach wenigen Jahren hat man die Spielregeln gebrochen. Deutschland und Frankreich waren die ersten. Man hat geschummelt, etwa als man Griechenland aufgenommen hat, und mit allen Tricks gearbeitet, um dieses Projekt am Leben zu erhalten.

Der Rettungsfonds soll auf 1500 Milliarden Euro aufgestockt werden und auch Staatsanleihen kaufen dürfen. Da gibt es keinen großen Unterschied mehr zu Eurobonds. Ist das nicht de facto schon eine Fiskalunion?

De facto ja, aber de jure noch nicht.

Was passierte, wenn die Bundesregierung zu einer Fiskalunion ja sagte?

Irgendwann müssen Parlament und Verfassungsgericht darüber entscheiden. Dann müsste man den Bürgern reinen Wein einschenken. Dann kann der Bürger mal hochrechnen, was für Belastungen auf ihn zukommen. Dann würde klar, dass nicht Luxemburg und Finnland die Rechnung für die Peripherie bezahlen werden, sondern Deutschland – und zwar in einer Größenordnung von mindestens 700 Milliarden Euro, vermutlich gar mehr. Das wäre für den Bundeshaushalt nicht mehr tragbar. Es ist schon erstaunlich: Da schafft man es nicht, sieben Milliarden Euro Steuererleichterungen durchzusetzen, aber man geht Verpflichtungen über Hunderte von Milliarden Euro ein für Verfehlungen, die an anderen Orten entstanden sind. Da wird der Bürger irgendwann nicht mehr mitmachen. Wenn die Bundesregierung einer Fiskalunion zustimmen sollte, dann gehe ich davon aus, dass es Neuwahlen geben wird. Die Regierung Merkel würde fallen. Eine neue Regierung würde gewählt mit dem Auftrag, keine Fiskalunion einzugehen.

Die D-Mark gibt es nicht mehr, aber Bundesanleihen werden gekauft wie wild. Ist das nicht eine gewaltige Blase?

Sollte Deutschland offiziell ja sagen zu einer Fiskalunion, würde das die Kreditwürdigkeit Deutschlands natürlich sofort massiv verschlechtern und die Renditen deutlich in die Höhe gehen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass eine deutsche Regierung das machen wird. Gut, Frau Merkel sagt vielleicht noch ja. Aber die neue deutsche Regierung würde das dann nicht mitmachen.

Inhalt
  • "Zerfall der gesamten Finanzarchitektur"
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%