Frauen-Karrieren Allein unter Männern

Wenn Frauen in typische Männerberufe vordringen: Eine Eurofighter-Pilotin, eine Schiffskapitänin und eine Fußballspielerberaterin berichten von ihren Erfahrungen. Und machen anderen Frauen Mut, es ihnen gleichzutun.

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„Ohne Kontakte läuft im Fußball nichts.“

Düsseldorf Wenn Frauen in bislang eher typische Männerberufe vordringen: Eine Eurofighter-Pilotin, eine Schiffskapitänin und eine Fußballspielerberaterin berichten von ihren Erfahrungen. Und machen anderen ehrgeizigen Frauen Mut, es ihnen gleichzutun. Premium-Inhalt: Sie haben mit diesem Text Zugang zu einem Digitalpass-Inhalt, den wir den Mitgliedern unseres Business-Netzwerkes Leader.In an dieser Stelle kostenlos zur Verfügung stellen. Erfahren Sie mehr über die Initiative Leader.In in unserer Linkedin-Gruppe.

Samira Samii: Der „Kaiser“ nennt sie „Prinzessin“

Elegante Erscheinung mit schwindelerregenden Absätzen, schwarze Haare, dazu ein strahlendes Lächeln, das sich bis in die Stimme fortsetzt. Man erkennt Samira Samii sofort. Sogar am Telefon, wenn sich die Sportmanagerin und Spielerberaterin nur mit einem „hiiiiiii...“ zur Begrüßung meldet. Eine Angewohnheit für den Fall, dass die eifersüchtige Ehefrau eines Fußballspielers oder Vereinsmanagers rangeht. Damit hat die 37-jährige Deutsch-Perserin schlechte Erfahrungen gemacht. Make-up, High Heels - wer so ins Stadion kommt, kann nur auf Männerfang sein. Diese Unterstellung begegnet ihr im Beruf ständig, bei Frauen wie bei Männern.

Doch wenn Samira Samii eins nicht nötig hat, dann das. Noch nicht mal arbeiten müsste sie. Ihr Spitzname in der Branche verrät, warum: „Die Prinzessin“ wird sie wegen ihrer Herkunft genannt - selbst von „Kaiser“ Franz Beckenbauer. Denn ihre Mutter stammt aus der persischen Königsfamilie. Ihr Vater, ein renommierter Mediziner, hat in den 80er- und 90er-Jahren Fußballstars wie den Perser Ali Daei oder den Argentinier Diego Maradona behandelt. Bis dahin reicht Samira Samiis Fußballbegeisterung zurück. Abseitsregel, Fachbegriffe oder Spielsysteme kennt sie auswendig, am liebsten wäre sie selbst Sportdirektorin in der Bundesliga.

Sie wuchs in Deutschland, Kanada und Frankreich auf. Ihrer Leidenschaft folgend, studierte die Kosmopolitin Sportmanagement in München, dann in Kanada. Sie spricht sechs Sprachen, arbeitet mit Klubs wie dem AS Monaco, FC Barcelona oder FC Arsenal in London zusammen. Sie fühlt sich an der Côte d'Azur genauso heimisch wie am Starnberger See, wo sie ihr Büro hat.

Jetzt, nach der Transfersaison, zieht es sie wieder jedes Wochenende ins Stadion. Die Arena vom FC Bayern München nennt sie ihr „zweites Wohnzimmer". Dort ist sie aber nicht, um wie die Fans mit einer Mannschaft mitzufiebern - auch wenn sie die emotional aufgeladene Atmosphäre genießt - , sondern, um intensiv Kontakte zu pflegen und dabei Geschäfte anzubahnen. Etwa, indem sie Bundesliga-Größen wie Martin Kind von Hannover 96 und Stefan Reuter vom FC Augsburg oder Vereinssponsoren wie Unternehmer Andi Segmüller trifft. Dem hat sie zum Beispiel erfolgreich vorgeschlagen, sich für eine Werbeaktion mit Ex-Weltmeister Paul Breitner zusammenzutun. Oder wenn sie Spender für die Stiftung von Kicker Per Mertesacker umwirbt. Dabei erfährt sie, welcher Verein welche Qualifikation benötigt.

Um dann die richtigen Spieler für einen Transfer auszusuchen, beschäftigt sie einen Scout. „Ich steige erst in das Geschäft ein, wenn die Verhandlung losgeht“ , sagt Samira Samii. „Bei der Besetzung muss klar sein, ob ein Spieler zur jeweiligen Vereins- beziehungsweise Fankultur passt.“ Dann organisiert sie ein Probetraining, checkt den finanziellen Rahmen, verhandelt Ablösesumme und Gehalt. Oder fädelt ein Ausleihgeschäft ein, um zu testen, ob der Kandidat in den Kader passt. Sie hat hoffnungsvolle Nachwuchsspieler ebenso unter Vertrag wie Stürmerstar André Silva vom FC Porto oder Mittelfeld-Kicker Kevin Stewart vom FC Liverpool.

„Es ist sehr schwer, in Deutschland Spieler unterzubringen“ , sagt die Managerin. Ohne Kontakte laufe im Fußball nichts. Ihr Familienname ist ein Türöffner. Samira Samii: „Mir ist klar, wenn ich Melanie Schmitt hieße, wäre das nicht so.“ „Aber“ , fügt sie an, „wenn du dann nicht das nötige Know-how hast, um selbst zu bestehen, nützen die besten Türöffner nichts.“


Ihr Arbeitsgerät kostet 90 Millionen Euro

Nicola Baumann: Maßgeschneiderte Karriere

Beim Einstellungstest wurde Nicola Baumann bewusst, auf was sie sich eingelassen hat. Da wurde sie doch tatsächlich gefragt, ob sie als Frau denn auch rückwärts einparken könne? Sonst wäre sie hier nämlich falsch. Baumann nahm es mit Humor: Die gebürtige Oberbayerin bestand den Pilotentest bei der Bundeswehr mit Bravour. Heute ist sie eine der wenigen Eurofighter-Pilotinnen in Deutschland. Schon seit vielen Jahren fliegt die zierliche Frau Kampfflugzeuge, auch Tornados. Sie war Fluglehrerin in Texas, inzwischen ist sie in Nörvenich, westlich von Köln, stationiert. Drei- bis viermal pro Woche übt sie, bleibt mit ihrem 90 Millionen Euro teuren Fluggerät für ein bis zwei Stunden in der Luft. Es sind abgesperrte Lufträume, in denen die Bundeswehr trainiert, zum Beispiel über Ramstein in Rheinland-Pfalz. „Wer hier seine Leistung bringt, der wird akzeptiert und respektiert“, sagt die 31-Jährige. Baumanns 30 Kollegen sind alle männlich, mittlerweile habe sich der Alltag eingependelt, berichtet sie.

Vor ein paar Jahren noch sei sie bei Flugshows häufig von älteren Herren schräg angeschaut worden, wenn ihnen klar wurde, dass eine Frau fliegen wird. Heute nicht mehr. Dass sie eine „Quotenfrau“ sein könnte, davon will Baumann nichts wissen. Sie sei hier, weil sie ihren Job beherrsche, sagt sie. Wie sie überhaupt zur Bundeswehr gekommen ist? Als Kind sei sie schon immer gerne in den Urlaub geflogen, für die Pilotenausbildung bei der Lufthansa war Baumann, 1,60 Meter kurz und 55 Kilo leicht, schlicht zu klein. Für die Bundeswehr nicht. Ihre Uniform allerdings ist eine Spezialanfertigung, vor allem auf neue Schuhe muss sie immer lange warten. Doch sie nimmt es gelassen. Baumann weiß: Bislang gibt es so wenige Frauen in ihrer Position, dass es kaum sinnvoll wäre, kleine Größen massenhaft produzieren zu lassen.

Der Job ist körperlich sehr anstrengend, beim Fliegen des Eurofighters wird Baumann in den Sitz gepresst, Wirbelsäule und Nacken werden dabei stark beansprucht, „man muss sich das vorstellen wie bei einer Achterbahnfahrt“, erklärt die Expertin. Es besteht zumindest theoretisch die Gefahr, dass das „Blut im Gehirn absackt“. Daher arbeitet sie am Boden mit Fitnesstrainern zusammen und mit Physiotherapeuten.

Nach und nach hat sich die Bundeswehr auch in diesen Dingen auf weibliche Mitarbeiter eingestellt. Die Ausstattung der Kasernen, vor allem was die Toiletten und die Duschen betrifft, habe sich sehr verbessert, sagt die Pilotin. Ihr ist bewusst, dass ihr Job auch beinhalten kann, zu töten und getötet zu werden. „Im Ernstfall erfülle ich selbstverständlich meine Aufgabe“, sagt sie. Baumann kann sich gut vorstellen, in Zukunft eine Familie zu gründen, auch deshalb achtet sie sehr auf ihre Gesundheit. „Ich will lange fliegen - und lange leben“, sagt sie.


Nicole Langosch: Anfangs seltsam beäugt

Nicole Langosch hat kein weibliches Vorbild. Warum? Die Antwort ist ganz einfach: Es gibt in Deutschland kaum Frauen in ihrem Rang. Geschweige denn solche, die in der maritimen Hierarchie noch weiter oben stehen. Die 33-Jährige ist „Staff-Kapitänin“ auf dem Kreuzfahrtschiff „Aida Prima“. Sie ist die Stellvertreterin des Kapitäns und hat genau die gleiche Ausbildung und das gleiche Kapitänspatent wie ihr Vorgesetzter.

40 Mitarbeiter sind ihr direkt unterstellt, darunter ist nur noch eine weitere Frau. Langoschs Aufgabe: Sie trägt die Verantwortung für den Zustand des Schiffes und die Führung der Matrosen an Bord. Für sie ein Traumjob: „Ein Schiff ist ein toller Arbeitsplatz“, sagt sie. „Ich lerne die Welt kennen, muss flexibel sein. Aber mir muss auch immer bewusst sein, wie viel Verantwortung ich trage.“ Sie hat lange darauf hingearbeitet, sich „Staff-Kapitänin“ nennen zu dürfen – und sich auch mit ihrer Ausdauer, ihrer Hartnäckigkeit den Respekt der vielen männlichen Kollegen erarbeitet.

Langosch hat im ostfriesischen Leer Nautik studiert, hat ein Diplom für Reedereilogistik, war ein halbes Jahr an Bord eines Containerschiffs tätig, danach war sie mehrere Jahre lang Offizierin bei Aida Cruises, bis sie schließlich Staff-Kapitänin wurde. Viele Frauen verlieren während der Ausbildung die Lust, ständig auf See zu sein, getrennt von der Familie. Babypausen sind nicht so einfach, wenn man in der Regel abwechselnd drei Monate auf See verbringt, dann zwei zu Hause. Und dann wieder los muss. Langosch hat durchgehalten. Und hat, wie sie sagt, kaum negative Erfahrungen machen müssen. Im Gegenteil, sie müsse manchmal über ihre „exponierte Stellung“ als eine der wenigen Kapitäninnen in Deutschland schmunzeln. In Norwegen oder in den USA beispielsweise sei man da schon viel weiter. Sie aber will es auch nutzen: „Um jungen Nautikerinnen zu zeigen, dass es sich lohnt durchzuhalten.“ Denn so viele könne man doch sonst kaum kennen lernen.

Nach längerem Überlegen, fällt ihr doch noch etwas ein zu den Vorurteilen, die manch ein männlicher Kollege zu Beginn ihrer Laufbahn hatte. Langosch sagt, sie wurde manchmal seltsam beäugt, wenn sie auf dem Schiff mit anpackte, auch bei schwerer körperlicher Arbeit. Denn die wurde der jungen Frau mit den blonden Haaren schlicht nicht zugtraut. „Da war doch ein bisschen Verwunderung dabei, warum ich das wohl tue“, sagt sie. Wie sie damit umgegangen ist? Immer weitermachen, zeigen, dass man sein Metier beherrscht, erklärt sie. „Respekt erarbeiten – dann kommt die Akzeptanz von ganz alleine.“

Nicole Langosch ist ehrgeizig. Sie weiß, was sie kann. Und was sie noch erreichen will: Kapitänin werden, von der Stellvertreterin zur Chefin aufsteigen. Sie hat einen festen Wohnsitz in Hamburg, eine Familie plant sie derzeit nicht. Doch ausschließen will sie Kinder auch nicht: Auf einem Schiff seien schließlich Gäste jeden Alters willkommen, sagt sie energisch. Und das gelte auch für die Crew.

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