Billionen-Umsatz möglich Deutsche Exportwirtschaft übertrifft sich selbst

Die deutschen Exporteure brechen alle Rekorde: Im März verkauften sie so viel ins Ausland wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Stimmung unter Investoren ist aber dennoch gedämpft.

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Hamburger Containerhafen. Quelle: handelsblatt.com

Angesichts der starken Exportzahlen könnte in diesem Jahr erstmals die Umsatzgrenze von einer Billion Euro geknackt werden. Auch die Importe erreichten eine Höchstmarke. Experten sehen Deutschland vor einem goldenen Jahrzehnt.

Die Unternehmen setzten Waren im Wert von 98,3 Milliarden Euro im Ausland ab - 15,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit wurde der im April 2008 erreichte Rekord von 88,8 Milliarden Euro deutlich übertroffen, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Für den Boom sorgte vor allem die kräftige Nachfrage aus den EU-Ländern: Sie zog um 16,0 Prozent an. Bei den EU-Ländern, die nicht zur Euro-Zone gehören, gab es sogar ein Plus von 20,0 Prozent. Die Lieferungen nach China, Brasilien und anderen Drittstaaten stiegen im Vergleich dazu nur um 15,4 Prozent. Die Importe kletterten um 16,9 Prozent auf 79,4 Milliarden Euro und erreichten ebenfalls einen seit Einführung der Statistik 1950 noch nie erreichten Wert. Die alte Rekordmarke lag bei 74,1 Milliarden Euro und wurde im vergangenen November erreicht.

Experten erwarten trotz steigender Risiken kein Ende des Exportbooms. „Deutschland hat eine goldene Dekade vor sich“, sagte Analyst Christian Schulz von der Berenberg Bank. „Die Wettbewerbsvorteile, die sich Deutschland seit Beginn der Agenda 2010 erarbeitet hat, zahlen sich jetzt aus“ - trotz des Gegenwindes, der von hohen Rohstoffkosten und dem teuren Euro kommt. „Die deutschen Exporteure sind international sehr gut aufgestellt und offensichtlich in der Lage, den Belastungen zu trotzen“, sagte Thorsten Polleit von Barclays. Allerdings könnten Sondereffekte wie die späten Osterferien das gute Ergebnis beeinflusst haben.

Von Januar bis März stiegen die Exporte um 19,9 Prozent auf 260,9 Milliarden Euro. Der Branchenverband BGA erwartet, dass der Exportumsatz in diesem Jahr erstmals die Marke von einer Billion Euro übertrifft.

Im Vergleich zum Vormonat kletterten die Exporte um 7,3 Prozent. Von Reuters befragte Analysten hatten lediglich ein kalender- und saisonbereinigtes Plus von 0,8 Prozent vorhergesagt. Die Importe legten um 3,1 Prozent zu. Analysten hatten ein Plus von 0,4 Prozent erwartet. Der bereinigte Handelsbilanzüberschuss - die Differenz zwischen Aus- und Einfuhren - kletterte auf 15,2 Milliarden Euro.

Experten rechnen mit einem starken Wachstum von bis zu 1,2 Prozent im ersten Quartal. Damit hätte die Wirtschaft ihr Tempo gegenüber dem Schlussquartal 2010 verdreifacht. Eine erste Schätzung veröffentlich das Statistikamt an diesem Freitag. Ein solch kräftiges Wachstum dürfte die Wirtschaft aber so schnell nicht wieder erreichen. „Die sehr hohen Zuwachsraten, die wir in der Vergangenheit gesehen haben, werden beim Außenhandel nicht so weitergehen“, sagte Ulrike Kastens von Sal. Oppenheim. „Bei den Auftragseingängen lässt das Tempo bereits nach, ebenso beim Welthandel.

Die anhaltende Schuldenkrise und der Höhenflug bei Rohstoffpreisen dämpfen derweil die Stimmung unter europäischen Investoren. Das Konjunktur-Barometer fiel im Mai auf 10,9 Punkte von 14,2 Zählern im April und damit auf den tiefsten Stand seit Januar, wie das Sentix-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 875 professionellen Anlegern mitteilte. Der Rückgang fällt damit stärker aus als von Reuters befragte Analysten erwartet hatten. „Der Zenit in den Konjunkturerwartungen ist damit definitiv durchschritten“, schrieben die Experten.

Die Anleger stellten sich auf schwierigere Zeiten ein. Erstmals seit Juli 2010 sank das entsprechende Barometer in den negativen Bereich. Zudem beurteilten sie auch die gegenwärtige Lage düsterer als noch im Vormonat. „Die Wachstumsdynamik dürfte damit schon bald merklich nachlassen“, erklärten die Experten. Am Freitag werden die Daten zur Wirtschaftsleistung der Euro-Zone im ersten Quartal vorgelegt. Von Reuters befragte Analysten rechnen mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,6 Prozent - das Wachstum wäre damit doppelt so stark wie noch zum Jahresende 2010. Gestützt wird die Konjunktur von den kräftigen Zuwächsen in Deutschland.

Doch hier gehen Experten nicht davon aus, dass die Wirtschaft ihr hohes Tempo halten kann: Der Ifo-Geschäftsklimaindex gab zuletzt nach und signalisierte damit eine schlechtere Stimmung in den deutschen Chefetagen. Besonders stark trübten sich die Aussichten für die USA ein: Hier stürzte das Sentix-Barometer auf 0,8 Punkte von 12,9 Zählern im April ab. Das nahende Ende des Staatsanleihen-Ankaufprogramms durch die US-Notenbank Fed werde als Risiko gesehen, schrieben die Experten. „Ein selbsttragender Aufschwung scheint in den USA gemäß den Sentix-Teilnehmern nicht gegeben zu sein.

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