Gipfel in Bukarest Nato streitet über Beitrittswünsche

Ein Jahr vor ihrem 60. Gründungsjubiläum präsentiert sich die Nato zerstritten. Wenn die Staats- und Regierungschefs des transatlantischen Bündnisses zu ihrem Gipfel von Mittwoch bis Freitag in Bukarest zusammenkommen, sind Spannungen über den Umgang mit den Beitrittswünschen der Ukraine und Georgiens sowie über die künftige Militärstrategie in Afghanistan programmiert.

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Die Nato kommt in Bukarest zum Gipfel zusammen. Quelle: Archiv

HB BERLIN. Selbst die allseits gewünschte Einladung Albaniens, Kroatiens und Mazedoniens zur Mitgliedschaft droht am Veto Griechenlands zu scheitern. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs hat sich die Nato um zehn Mitglieder im Osten erweitert, und sie will weiter wachsen.

Albanien, Kroatien und Mazedonien erfüllen die Bedingungen für eine Mitgliedschaft und könnten die Eintrittskarte bekommen - wenn da nicht der Streit mit Griechenland über den Namen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien wäre. Griechenland verlangt eine Umbenennung, denn es fürchtet, dass Mazedonien aus seinem Namen territoriale Ansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Provinz ableiten könnte.

Offen ist, inwieweit Kroatien und Albanien in "Geiselhaft" genommen werden und ebenfalls auf ihr Einladungsschreiben warten müssen, falls die Mazedonien-Frage nicht gelöst wird. Deutschland zumindest zöge eine Lösung vor, bei der alle drei gleichzeitig willkommen geheißen werden.

Ein Riss geht durch die Nato in der Frage, wie sie die Beitrittsaspiranten Georgien und Ukraine behandeln soll. Während die USA, Kanada und die osteuropäischen Bündnispartner darauf dringen, beide in das Vorbeitrittsprogramm aufzunehmen, lehnen Deutschland und andere westliche Nato -Mitglieder dies ab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte erst kürzlich auf der Bundeswehr -Kommandeurtagung, es sollten nur Staaten in die Nato aufgenommen werden, die nicht selbst in innere Konflikte verstrickt seien und in denen es eine "qualitativ bedeutsame Unterstützung der Bevölkerung" für einen Beitritt zu dem transatlantischen Verteidigungsbündnis gebe.

Damit spielte Merkel auf negative Umfragen zur Nato -Mitgliedschaft in der Ukraine sowie auf die separatistischen Tendenzen der Abchasier und Südossetier in Georgien an. Hintergrund der Vorbehalte gegen ein Beitrittsversprechen an die beiden ist allerdings auch die Sorge, Russland weiter zu verprellen. Nato -Experte Alexander Skiba von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sieht in der Frage "Potenzial für einen Showdown" zwischen US-Präsident George W. Bush und dem scheidenden russischen Präsidenten Wladimir Putin, der am Freitag zum Nato-Russland -Rat nach Bukarest reist.

Ein Vorbeitrittsprogramm wäre "das falsche Signal an Russland zum falschen Zeitpunkt", sagte Skiba der Nachrichtenagentur AP. Die Beziehungen Moskaus zur Nato sind wegen des Streits um die Unabhängigkeit des Kosovos und den geplanten US-Raketenschirm in Polen und Tschechien ohnehin angespannt. Als Lösung wird Diplomaten zufolge eine Erklärung erwogen, in der Georgien und der Ukraine eine engere Zusammenarbeit und Unterstützung in ihren Beitrittsbestrebungen angeboten bekommen, ohne dass sie in ein förmliches Vorbeitrittsprogramm aufgenommen werden.

Ein alter Hut ist inzwischen der mahnende Ruf von Nato -Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer nach einer faireren Verteilung der Lasten beim internationalen Einsatz in Afghanistan (ISAF). Erst bei der Bundeswehr -Kommandeurtagung hat er seine Kritik daran wiederholt, dass sich von den beteiligten Staaten "der eine aufs Kämpfen, der andere auf die Konfliktnachsorge konzentriert". De Hoop Scheffer spielte damit auch auf die deutsche Weigerung an, Bundeswehrtruppen in den umkämpften Süden des Landes zu entsenden.

Merkel verteidigte indes erneut die Beschränkung der Bundeswehr auf den stabileren Norden. Skiba sieht die Bundesregierung in dieser Frage außenpolitisch gelähmt, weil jeder Politiker, der sich für einen Kampfeinsatz in Afghanistan ausspreche, "politischen Selbstmord" begehe.

Schon bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar machte aber das Gerücht die Runde, dass Deutschland zumindest seine Truppen-Obergrenze von derzeit 3.500 Soldaten für Afghanistan erhöhen könnte. Dies könnte bei der Verlängerung des ISAF-Mandats im Oktober anstehen. Kanada hatte mit einem Rückzug seiner Truppen gedroht, falls die anderen Nato -Staaten nicht mehr Soldaten schicken. Für Entlastung könnte die jüngste Ankündigung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy sorgen, mehr Truppen nach Afghanistan zu entsenden. Von 1 000 zusätzlichen Soldaten war die Rede.

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