Hermès, Escada und Co Luxusmode in Deutschland tut sich schwer

Mode ist Wandel – das bringt auch die Anbieter unter Zugzwang. So mancher Luxusmode-Anbieter in Deutschland müsste sich ganz neu erfinden, um den Branchenwandel zu überleben. Doch dafür braucht es Geld und Visionen.

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Der Konzern hat seit einiger Zeit mit Führungsproblemen zu kämpfen. Quelle: dpa

München/Nördlingen Krise, Insolvenz und Chefwechsel - aus der Luxus- und Designermodebranche in Deutschland kommen seit einiger Zeit wenig glamouröse Nachrichten. Dabei gönnen sich die Schönen und Reichen in der Zinsflaute gerne kostspielige Roben und edle Accessoires, das verschafft internationalen Anbietern wie Hermès und LVMH kräftige Umsatzzuwächse. Warum also tun sich manche deutsche Unternehmen so schwer?

Neben hausgemachten Problemen macht ihnen auch der massive Branchenwandel zu schaffen. Der Damenmode-Konzern Escada beispielsweise soll nach dem Einstieg von Investorin Megha Mittal zwar geschäftlich nach Einschätzung aus Branchenkreisen zuletzt wieder eine ganz gute Figur gemacht haben. Doch Führungsprobleme trüben seit einiger Zeit das Bild: Schon als der frühere Chef Bruno Sälzer seinen Abschied verkündete, fand sich ungewöhnlich lange kein Nachfolger für den Mode-Manager.

Nun hat der Amerikaner Glenn McMahon nach nur einem halben Jahr an der Unternehmensspitze das Handtuch geworfen, und Escada steht schon wieder ohne Chef da. Eigentlich sollte McMahon der Marke, die vor allem für ihre opulenten Abendkleider bekannt ist, zu neuem Glanz verhelfen. Vorübergehend muss nun Finanzvorstand Jörg Wahlers einspringen, der erst im vergangenen Jahr vom Keramikhersteller Villeroy & Boch zu Escada gekommen war.

Der Designermode-Anbieter Strenesse war nach dem Weggang der früheren Kreativchefin Gabriele Strehle nicht mehr richtig in Schwung gekommen. 2014 musste das hoch verschuldete Unternehmen aus dem schwäbischen Nördlingen Insolvenz anmelden. Unter der Halbjahresbilanz 2014/15 (30. Juni) standen zwar wieder schwarze Zahlen.

Doch die Umsätze des Unternehmens mit zuletzt noch rund 250 Beschäftigten beliefen sich in den ersten sechs Monaten 2014/15 (30. Juni) auf lediglich 20 Millionen Euro. Für den großen Auftritt in der Modebranche gilt das als zu wenig: Werbung in Hochglanz-Magazinen und andere Marketingmaßnahmen, hohe Model-Gagen bei Modenschauen und Foto-Shootings und der Betrieb von Flaghip-Stores in Metropolen wie London, Moskau oder New York kosten viel Geld.

Dafür müssten die Unternehmen schon eine ordentliche Finanzkraft mitbringen, heißt es bei Branchenkennern. Das Münchner Modehaus Rena Lange beispielsweise konnte nicht mehr mithalten: Im vergangenen September meldete das 1916 gegründete Traditionshaus Insolvenz an – inzwischen ist der Betrieb eingestellt.


Vertane Chancen im Online-Handel

Zudem steht die Modewelt vor den gleichen Herausforderungen, die alle Branchen derzeit zu bewältigen haben – allen voran die Digitalisierung. Vor allem jüngere Kundinnen tauschen sich über soziale Netzwerke über Mode aus und suchen bei Online-Händlern wie dem Münchner Unternehmen mytheresa.com nach Designer-Stücken, die sich auch mal zur Jeans von Zara oder H&M kombinieren lassen.

Wer solche Kanäle nicht nutzt, vertut wichtige Chancen, sagt die Chefin der Modemesse „Premium“, Anita Tillmann. „Es liegt in der Natur der Mode, dass man sich bewegt.“ Am Bewusstsein für neue Trends jedenfalls hapert es in Deutschland nach Überzeugung Tillmanns nicht – und auch nicht am kreativen Potenzial: „Wir haben unfassbar tolle Talente in Deutschland.“

Bis die sich international etablieren können, dürfte es aber noch ein längerer Weg sein. Viele junge und inspirierte Designer seien derzeit noch mehr Geheimtipp als Superstars, sagt Mark Sievers, Partner beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG. „Zum großen Durchbruch fehlt es nicht immer nur an finanziellen Mitteln, manchmal ist es auch einfach nur ein Quäntchen Glück.“

Der Online-Handel ist für den Konsumgüter-Experten dabei kein Erfolgsgarant. „Über den globalen Laufsteg Internet verbreiten sich Trends schneller als früher, zugleich verkürzt sich aber deren Halbwertszeit.“ Hinzu komme der Preisdruck durch eine totale Preistransparenz im Netz, die zwar gut für die Kunden, aber anstrengend für die Branche sei.

Die Traditionsunternehmen wiederum müssen sich nach Sievers' Einschätzung ganz neu aufstellen und dabei nicht nur Absatz und die Sortimente, sondern auch die Kundenkommunikation neu ausrichten. Allerdings mangele es teils an Investoren, „aber auch an Visionären, die sich der Herausforderung annehmen wollen, einem traditionellen Namen neues Leben einzuhauchen“.

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