Immobilien im Einzelhandel Warum Investoren auf deutsche Ladengeschäfte fliegen

Onlineportale machen den deutschen Einzelhandel kaputt? Internationale Investoren sehen das anders: Sie stecken so viel Geld wie seit acht Jahren nicht mehr in deutsche Einzelhandelsobjekte.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Nicht nur die kanadische Firma Hudson's Bay investiert in Deutschland. Viele internationale Investoren fliegen derzeit auf deutsche Einzelhandelsobjekte. Quelle: dpa

Deutsche Einkaufszentren und Einzelhandelsobjekte sind bei internationalen Investoren so beliebt wie seit 2007 nicht mehr - und das obwohl Ladengeschäfte immer mehr Kunden an Online-Shops verlieren. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben ausländische Käufer deutsche Einzelhandelsimmobilien für fast sechs Milliarden Euro erworben, etwa drei Mal soviel wie im selben Zeitraum 2014, schätzt die Bank BNP Paribas. Dagegen sanken die Ladenumsätze im letzten Jahr um ein Prozent und dürften 2015 erneut zurückgehen, erwarten die Marktforscher der GfK.

„Die Risikofreude hat stark zugenommen“, sagt Joseph Frechen, Analyst für Einzelhandel bei der Researchfirma Bulwiengesa in Hamburg. „Manche sehen darin schon erste Anzeichen für eine Überhitzung.“ Rückgänge bei der Kundenfrequenz und Anzeichen, dass das Mietwachstum zum Stillstand kommt, schrecken Investoren bislang nicht ab. Käufer deutscher Einzelhandelsimmobilien erzielen eine Rendite von mehr als 3,5 Prozent, mehr als in Großbritannien, wo es nur gut zwei Prozent sind, hat BNP Paribas ermittelt. Investoren wie Blackstone oder Colony Capital reizt die stabile deutsche Wirtschaft, die billige Finanzierung und der Markt, der mit 408 Milliarden Euro Umsatz 2014 einer der größten in Europa war.

Auf dem Mietmarkt gibt es Anzeichen, dass der Zenit bald erreicht ist. Die Mieten in Premiumlagen, die 2014 ein Rekordhoch erreicht hatten, verlieren an Dynamik und werden das Jahr wahrscheinlich in etwa auf Vorjahresniveau beenden, glaubt BNP Paribas.

„Der Kapitalanlagedruck ist sehr hoch“, sagt Jörg Krechky, Leiter Einzelhandelsinvestments Deutschland bei Savills in Hamburg. „Einige Investoren gucken sich den Onlinehandel nicht so genau an, weil Renditen im deutschen Einzelhandel immer noch höher sind als bei Staatsanleihen.“ Manche Investoren kauften Supermärkte und Fachmarktzentren, die billiger und resistenter gegen die Onlinebedrohung seien, so Krechky.

Hudson's Bay, Eigentümer von Saks Fifth Avenue, hat mit dem Erwerb von Kaufhof für 2,4 Milliarden Euro zuzüglich Verbindlichkeiten die bislang größte Transaktion in diesem Jahr besiegelt. Der flächenbereinigte Umsatz von Kaufhof ist 2014 um 1,4 Prozent zurückgegangen, und der Immobilienbesitz des Unternehmens allein war höher bewertet als der Kaufpreis.

Auch die New-Yorker Private-Equity-Firma Blackstone, die ein verwaltetes Immobilienvermögen von 93 Milliarden Dollar hat, mache ihre ersten Ausflüge in den deutschen Einzelhandelsmarkt, berichten zwei informierte Personen. Das Unternehmen habe den Kauf von 55 Supermärkten für rund 470 Millionen Euro vereinbart, hieß es.


„Deutschland ist ein Riesenmarkt“

Im Juni tat sich Colony Capital mit Hamburg Trust zusammen, einem Vermögensverwalter, der Einkaufszentren in Städten wie Stuttgart oder Dortmund besitzt. „Angelsächsische Investoren waren bisher immer auf London fokussiert, aber dort sind die Preise sogar noch mehr gestiegen“, sagt Dirk Hasselbring, der Geschäftsführer von Hamburg Trust. „Wenn man ein dominantes Shoppingcenter in einer guten Lage hat, kann das Hand in Hand mit dem Online-Shoppen funktionieren.“

Investoren mögen Deutschland auch deswegen, weil es dort so viele Einzelhändler gibt, dass die Eigentümer sicher sein können, den richtigen Mietermix zu finden, so Hasselbring. Unternehmen wie H&M oder Starbucks haben in Deutschland nach Großbritannien die meisten Filialen in Europa, weil das Land als guter Einstieg in die Region gilt.

„Der Einzelhandel leidet ein bisschen unter dem Onlinehandel, aber man muss erstmal abwarten, wie stark Online überhaupt noch wachsen kann“, sagt Sven Stricker, Investmentchef bei BNP Paribas Real Estate in Frankfurt. „Deutschland ist ein Riesenmarkt, und insgesamt nimmt der private Konsum zu.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%