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Meinung weekly: OPEC: „Wir sind vereinigt Schulter an Schulter“

Den auf der OPEC-Sitzung am 30.11. in Wien demonstrierten Schulterschluss feiern die beteiligten Staaten als großen Erfolg. Sie hatten dort genau das beschlossen, was die Marktteilnehmer erwartet hatten: Die Angebotskürzungen über März 2018 hinaus um neun Monate bis Jahresende zu verlängern. Jedoch scheinen sie die darin verborgene Gefahr zu übersehen, dass die Ölförderstaaten damit über ihr Ziel hinausschießen – mit schmerzhaften Langfristfolgen.

Letztlich haben sich damit die Kern-OPEC-Staaten, darunter Saudi-Arabien, durchgesetzt, die diese "große Lösung" befürworteten. Russland, das eigentlich die "kleine Lösung" einer Verlängerung um sechs Monate wollte, hat sich kompromissbereit gezeigt. Der russische Ölminister Alexander Nowak konnte aber erreichen, dass es anlässlich des Ölministertreffens im Juni nächsten Jahres eine Überprüfung der Ziele der "erweiterten" OPEC gibt. Dies ist unserer Ansicht nach trotz der nicht kommunizierten Exit-Strategie ein wichtiger Hinweis darauf, "agil und reaktionsschnell"(Khalid al-Falih, saudischer Energieminister) auf den Fortschritt des dynamischen Gleichgewichtsfindungsprozess reagieren zu wollen. Ansonsten besteht das Risiko, dass der Lagerabbau zu weit vorangetrieben wird. Der von uns in diesem Zusammenhang zu befürchtende Preisauftrieb dürfte eine Ausweitung der Ölproduktion nicht nur im US-Schieferölsektor zur Folge haben, sondern auch in anderen Förderländern. Das sollte mittel- bis langfristig wieder zu deutlichem Preisrückgängen führen. Dies kann nicht im Interesse der OPEC sein.

Die verhaltene Marktreaktion in den Tagen nach der Sitzung ist insofern interessant, als dass Investoren nicht, wie nach der OPEC-Sitzung im Mai, mit einer neuerlichen Angebotsflut rechnen und erwarten, dass die OPEC auch nach dem Ende der Angebotskürzungen, ein Produktionsmanagement betreiben wird, das den Bedürfnissen des Marktes entspricht. Wie dieses Produktionsmanagement aussehen wird, darüber kann derzeit nur spekuliert werden. Vermutlich wissen es die beteiligten Staaten selbst (noch) nicht. Genauso unklar scheint auch die Bewertung der Überschüsse bei der Lagerhaltung. Zwar sind die Lagerbestände der OECD-Staaten noch nicht wieder auf dem von der OPEC angepeilten Fünfjahresdurchschnitt angekommen - wenn man die von der OPEC bevorzugte mengenmäßige Sichtweise anwendet. Wenn man dagegen, wie die von uns bevorzugte Metrik, die Lagerbestände dynamisch in Nachfragetagen misst, sind die Produzenten ihrem Ziel schon deutlich näher gekommen. Es besteht daher durchaus die Gefahr, dass die OPEC über ihr Ziel hinausschießt.

So sehr die OPEC und Russland ihren Zusammenhalt demonstrieren und die Kräfteverhältnisse am Ölmarkt nach ihren (Haushalts-)Bedürfnissen geradezubiegen versuchen: Es wird ihnen auf Dauer nicht gelingen, solange die OPEC und Russland die Grenzproduktion nicht kontrollieren. Die Ölpreise werden auf absehbarer Zeit weiter niedrig sein.


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