Jobverlust Gekündigt - nach 15 Jahren als Führungskraft

17 Jahre Betriebszugehörigkeit, davon 15 Jahre als Führungskraft. Drei Mal schaffte er es in die Top Ten der "IT-Macher des Jahres". Plötzlich kam die Ansage: Absteigen oder Gehen. Wie ein Manager seine ganz persönliche Krise erlebte und in einen neuen Job zurückfand.

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Erich Pfeifer Quelle: Matthias Jung für WirtschaftsWoche

Einen Tag Bedenkzeit. Mehr hatte man ihm nicht eingeräumt. Entweder er geht oder er akzeptiert einen neuen Job – mit weniger Verantwortung, mit 30 Prozent weniger Gehalt. Den Dienstwagen müsste er übrigens auch abgeben.

„Und das nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit“, rechnet Erich Pfeifer nach. 15 Jahre davon in leitender Position. Drei Mal schaffte er es in die Top Ten der „IT-Macher des Jahres“. Doch jetzt heißt es nur: gehen oder absteigen. „Das hat mich schon überrascht.“

50 Jahre, Diplom-Kaufmann, über 1,90 groß, seine langen drahtigen Finger können fest zufassen, die kurzen silbergrauen Haare sind glatt zum Scheitel gebürstet – Erich Pfeifers Stimme brummt sonor, wenn er von seinen beruflichen Stationen erzählt: IT-Manager der ersten Führungsebene, beste Referenzen, diverse Auszeichnungen, noch mehr erfolgreich abgeschlossene Projekte. Er kann auf eine gerade Karriere zurückblicken. Kein Schlingern. Ein Leben aus dem Vollen. Bis zu diesem Mittwochmorgen, dem 7. Januar 2009.

Schon vor seinem Weihnachtsurlaub kursierten Gerüchte

Er erinnert sich gut. Als er morgens zur Arbeit geht, leitet er noch den IT-Bereich einer Kölner Versicherungsgruppe, bewohnt ein 35-Quadratmeter-Büro im dritten Stock der Zentrale mit Blick auf eine der vielen Kirchen Kölns. Um 10 Uhr ruft die Vorstandssekretärin an, bittet ihn in das Büro seines Chefs, ebenfalls dritter Stock, 40 Quadratmeter, Blick auf den Rhein. Pfeifer klopft an und geht hinein.

Er ahnte, dass etwas passieren würde. Schon vor seinem Weihnachtsurlaub kursierten Gerüchte, dass die Zahl der Bereichsleiter von drei auf zwei gekürzt werden soll. Pfeifer rechnete sich gute Chancen aus: Betriebszugehörigkeit, Frau, Kind – die Sozialpunkte sprachen für ihn und gegen den jüngeren Kollegen, der erst wenige Jahre dabei war. Er ist vorbereitet, dachte er.

Sein Chef sagt, die Versicherung benötige nur noch einen IT-Bereichsleiter. Die Rechnung geht nicht mehr auf. „Der dritte Kollege hatte mehr Sozialpunkte als ich“, zieht Pfeifer nüchtern Bilanz. „Da kannst du nichts machen.“ Es ist ein technisches K.O.

Angstmacher Jobverlust

Die Situation gleicht der vieler Führungskräfte. Jeder vierte Manager bangt derzeit um den Job, hat etwa das auf Führungskräfte spezialisierte Online-Jobportal Placement24 ermittelt. Im Mai 2008 sorgte sich erst knapp jeder fünfte Entscheider um den Arbeitsplatz. Bundesweit ist die Arbeitslosigkeit derzeit gar der Angstmacher Nummer eins der Deutschen, ganze 66 Prozent fürchten sich davor, so eine Langzeitstudie der R+V Versicherung.

Die Wirtschaft ist im Umbruch, es wird gekürzt, verschmolzen, abgestoßen. Seit zwei Jahren geht das so. Als Führungskraft ist man gewohnt, Krisen zu managen. Menschen sowieso. Nur wenn es einen selber trifft, ist alles ganz anders.

Das Ganze habe etwas Surreales gehabt, erinnert sich Pfeifer. Unmittelbar danach habe er sich nicht etwa gekränkt gefühlt oder betrogen. Er sei vielmehr erleichtert gewesen, befreit sogar. Der Manager aus Kaarst erlebt, wie er sagt, seit Monaten zum ersten Mal wieder ein „tiefes Gefühl der Klarheit“.

Was ist schlimmer: Seine Optionen nicht zu kennen oder zwischen zwei Übeln entscheiden zu müssen?

„Ganz klar: das Erste.“

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