Gründer-Professor "Ich freue mich über jeden Multimillionär"

Der WHU-Professor für Entrepreneurship, Dietmar Grichnik, sagt, warum Gründen in Zeiten der Rezession besonders attraktiv ist und was man jetzt beachten sollte.

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Der WHU-Professor für Entrepreneurship Dietmar Grichnik

WirtschaftsWoche: Herr Grichnik, die WHU wirbt damit, dass zuletzt etwa jeder fünfte Absolvent ein Unternehmen gründete. Dämpft die aktuelle Krise die Gründerlaune unter Ihren Studierenden?

Dietmar Grichnik: Nein, die lassen sich nicht abschrecken. Ganz abgesehen davon, dass Investmentbanken derzeit nicht mehr die populärsten Arbeitgeber sind, wird Gründen in Zeiten der Rezession sogar attraktiver, weil gute Jobs rar sind und die Einstiegsgehälter sinken. Das ist auch gut so, denn gerade in der Krise brauchen wir gute Innovationen und neue Geschäftsideen.

Die Gründer brauchen dafür aber erst mal Geld. Und das sitzt bei Risikokapitalgebern und Business Angels, die einen Teil ihres Vermögens in Startups investieren, nicht mehr so locker. Woher bekommen die Gründer sonst noch Kapital?Gerade jetzt wird die staatliche Förderung wichtiger. Die gute Nachricht: Laut Studien ist Deutschland in dem Bereich weltweit führend. Gründer sollten das also ausnutzen und diese Mittel unbedingt in ihren Finanzierungsmix einbauen.

Unis in Deutschland galten lange als gründerfeindlich – rächt sich das in der Krise?An den Universitäten tut sich seit einiger Zeit eine ganze Menge. Insbesondere technische Hochschulen helfen Absolventen und Wissenschaftlern dabei, ein eigenes Unternehmen aufzubauen – etwa an der RWTH Aachen oder der TU München. An vielen großen Unis gibt es aber in der Tat noch Aufholbedarf.

Was können die von der WHU lernen?Unser Ziel ist es, unternehmerische Führungskräfte auszubilden. Deswegen halten wir unsere Studierenden von Anfang an dazu an, im Studium unternehmerisch zu arbeiten.

Bei welchen Gelegenheiten können die Studierenden das ganz konkret trainieren?Nicht nur in den Lehrveranstaltungen, die sich um das Gründen drehen und in denen wir Businesspläne besprechen. Die Studierenden agieren auch selbstständig, wenn sie ein Großevent wie den Gründerkongress IdeaLab auf die Beine stellen. Dabei kommen Studierende mit Alumni in Kontakt, die selber erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut haben. Und das steckt an.

Wie wichtig sind solche Netzwerke?Kontakte sind für Gründer immens wichtig. Unis sollten deswegen gezielt solche Netzwerke aufbauen. Die Investoren sind dafür auch meist offen – denn selbst wenn das Geld da ist, muss es ja irgendwie zur Idee finden.

Kommt man ohne derlei Kontakte überhaupt noch an Investoren?Schwer. Zumal es schon nicht leicht ist, überhaupt diejenigen zu identifizieren, die sich für die Geschäftsidee interessieren könnten. Viele Venture-Capital-Geber investieren erst ab einer bestimmten Summe und die meisten Business Angels nur in bestimmte Branchen.

Und mitunter genügt ein einziger Investor für eine Finanzierungsrunde nicht......richtig. Aber wenn man erst mal einen Geldgeber gefunden hat, lockt der über sein Netzwerk häufig weitere an, die seiner Entscheidung vertrauen und bereit sind, ebenfalls zu investieren. Gründungen sind immer unsicher – Empfehlungen deswegen besonders wertvoll. Umgekehrt spricht sich unter den Investoren aber auch herum, mit welchen Gründern man lieber nicht zusammenarbeiten sollte. Die wenigen Investoren, die infrage kommen, kennen sich recht gut.

Sollte man es dann überhaupt riskieren, in Verhandlungen mit Investoren zu pokern oder Unsicherheiten zu verschweigen?Nur wenige Gründer sind in einer starken Verhandlungsposition, weil sie eine absolut einzigartige Innovation entwickelt haben. Die meisten sind froh, überhaupt einen Investor zu finden. Deshalb sollten sie ihre Karten offen auf den Tisch legen. Finanziers prüfen ohnehin genau, wem sie ihr Geld geben. Dabei ist es sowieso schwer, irgendetwas zu verbergen.

Welche Fehler bei der Investorensuche beobachten Sie am häufigsten?Viele versäumen es, ein funktionierendes Team zusammenzustellen – oft fehlt ein Programmierer, der die technische Seite beherrscht, oder ein Vertriebs- oder Marketingprofi, der die ersten Aufträge einholt. Darauf schauen Investoren genau.

In welchen Branchen wollen Ihre Studenten derzeit am liebsten gründen?Auch wenn selbst erfolgreiche Gründer davon reden, dass die Web-2.0-Welle irgendwann endet, wollen viele nach wie vor ein Internet-Unternehmen aufbauen. Das ist attraktiv, weil es einen schnellen, ertragreichen Exit verspricht und andere Unternehmer mit guten Online-Communities in kurzer Zeit Millionen verdient haben. Aber auch technologieintensive Gründungen sind langfristig interessant – und davon gibt es aus meiner Sicht noch zu wenige.

Sind Sie eigentlich ein klein bisschen neidisch, wenn einer Ihrer Studierenden mit dem, was er bei Ihnen gelernt hat, steinreich wird?(lacht) Nein, ich freue mich über jeden Studenten, der irgendwann zum Multimillionär wird. Jedenfalls, solange er dann noch in den Hörsaal zurückkommt und von seinen Erfolgen berichtet.

 

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