Büroliebe "Knutschen vor der Kantine geht gar nicht"

Können Beziehungen am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund sein? Welche Rechte haben Angestellte und Arbeitgeber? Arbeitsrechtler Ulf Weigelt erklärt die rechtlichen Gefahren einer Jobbeziehung.

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Ulf Weigelt, 41, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin

WirtschaftsWoche: Herr Weigelt, darf der Chef Beziehungen am Arbeitsplatz verbieten?

Weigelt: Nein, das darf er nicht. Denn das würde gegen das Persönlichkeitsrecht im Sinne des Grundgesetzes verstoßen. Aber...

Doch ein Aber?

Ja. Wenn die Pflichten des Arbeitnehmers unter der Liebschaft leiden, kann der Arbeitgeber durchaus einschreiten.

Wie könnte das aussehen?

Wenn die Partner zum Beispiel permanent über das hausinterne Telefon miteinander sprechen oder sich in einem Großraumbüro ständig unterhalten und dabei womöglich noch über Themen, die nichts mit dem Beruf zu tun haben...

...wie etwa, wer abends noch das Toilettenpapier kauft?

Genau. Wenn das passiert, kann der Chef eine Rüge oder eine Abmahnung aussprechen. Und wenn sich danach trotzdem nichts ändert, ist sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Ähnlich private Gespräche führen befreundete Kollegen aber auch.

Schon. Verliebte oder Paare stehen aber unter besonderer Beobachtung. Sie müssen noch genauer als andere darauf achten, immer pünktlich zu sein, Pausenzeiten korrekt einzuhalten – und Knutschen vor der Kantine geht gar nicht. Die Hauptdevise muss immer lauten: Bloß nicht angreifbar machen!

Und wenn man sich doch mal gestritten hat und die schlechte Laune mit zur Arbeit nimmt – könnte miese Stimmung ein Grund für eine Abmahnung sein?

So komisch es vielleicht klingt: Ja, auch schlechte Laune kann zur Abmahnung führen. Gerade wenn man es im Job direkt mit Kunden zu tun hat, leidet womöglich der Verkauf darunter. Und das kann durchaus so ausgelegt werden, dass der Mitarbeiter seinen Aufgaben nicht mehr gerecht wird.

Sind denn Strafversetzungen in eine andere Abteilung zulässig, damit der Chef die Turteleien nicht mehr mitansehen muss?

Nein. Nur wenn im Arbeitsvertrag nicht klar definiert ist, wo der Arbeitnehmer konkret eingesetzt werden muss, kann der Chef ihn woanders hin versetzen, jedoch nur im Rahmen des ihm zustehenden Weisungsrechts.

Sollte man im Vorstellungsgespräch erwähnen, dass man bereits mit einem Mitarbeiter liiert ist?

Dies ist – ebenso wie das Erkundigen nach einer Schwangerschaft – keine zulässige Frage. Wird sie aber dennoch gestellt, rate ich immer dazu, mit offenen Karten zu spielen. Früher oder später kommt es ja sowieso heraus. Und dann war man wenigstens ehrlich. Man sollte das Thema nur nicht von sich aus ansprechen, das weckt nur schlafende Hunde.

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