Kündigung Wie Sie einen galanten Abgang hinlegen

Wer kündigt, dem bleiben oft noch Wochen beim alten Arbeitgeber. Diese Phase wird unterschätzt - die Kündigungsfrist ist eine Zeit voller Gefahren, aber auch Chancen.

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Galanter Abgang Quelle: Illustration: Mark Matcho

Im Sommer dieses Jahres ist für Sven Schölzel* (Name geändert) das Maß voll. Seit der Banker vor ein paar Monaten einen neuen Chef bekommen hat, soll er alle Vorgänge bis ins Detail protokollieren. Er muss sich rechtfertigen für Kredite, die er früher problemlos gewähren konnte. Wochen vergehen, bis seine Anträge von seinem Vorgesetzten abgesegnet werden. Lukrative Kunden drohen abzuspringen. Gleichzeitig steigt der Druck: Er soll das Volumen seiner Abschlüsse steigern. Ein unmöglicher Spagat. Als ein früherer Kollege ihn anruft und ihm vorschlägt, als freier Finanzmakler gemeinsam mit ihm ein Büro zu gründen, überreicht Schölzel seinem Chef die Kündigung.

So wie Millionen andere Menschen, die jedes Jahr in Deutschland ihren Job wechseln. Ein großer Teil von ihnen geht freiwillig, wie Umfrageergebnisse des sozio-ökonomischen Panels des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen: Klammert man auslaufende Verträge und Ruheständler aus, liegt der Anteil derer, die kündigen, bei über einem Drittel. Zählt man diejenigen hinzu, die ihren Vertrag im gegenseitigen Einverständnis auflösen, kommt man auf über 50 Prozent.

Der globale Wettstreit um die besten Fachkräfte erhöht die Wechselbereitschaft noch: Nach einer Umfrage der Düsseldorfer Personalberatung Lachner Aden Beyer & Company denken fast 40 Prozent der Top-Manager konkret über einen Jobwechsel nach. Gründe gibt es einige: Einer Forsa-Studie zufolge würden zwei Drittel aller Erwerbstätigen in Deutschland für ein höheres Gehalt oder ein besseres Arbeitsklima ihrem Arbeitgeber den Rücken kehren. Auch wenn Aufstiegschancen fehlen, ein Gehaltssprung nur wilde Fantasie ist, die Kollegen mobben, der Chef nervt oder die Arbeit einfach zur langweiligen Routine wird, liegt die Kündigung nahe.

Emotionaler Spießrutenlauf

Ist diese einmal abgegeben, beginnt eine wichtige Übergangszeit, in der man den alten Job weitermachen muss und doch schon an den neuen denkt. In der man Zelte abbrechen und gleichzeitig ein neues Leben aufbauen muss: die Kündigungsfrist.

Diese letzten Wochen können zu einem emotionalen Spießrutenlauf werden. Manche Vorgesetzte und Kollegen zeigen Ihnen womöglich die kalte Schulter oder ignorieren Sie sogar. Andere werden Ihnen still und heimlich gratulieren. Sie dafür beneiden, dass Sie den Absprung geschafft haben. Einige werden ehrlich enttäuscht oder sogar traurig sein und Sie vielleicht doch noch umstimmen wollen.

Es sind Wochen, in denen Sie sich mehr und mehr vorkommen wie ein Fremdkörper: Sie werden aus E-Mail-Verteilern ausgetragen, aus Projekten genommen und bekommen vielleicht sogar Hausverbot. Möglicherweise lernen Sie Ihren Nachfolger schon am Tag nach Ihrer Kündigung kennen. Die Lücke, die Sie reißen, wird schneller geschlossen, als Ihnen lieb ist.

Und doch bietet die Zeit ebenso viele Chancen: Sie haben ein letztes Mal Gelegenheit, Kollegen und Vorgesetzte zu beeindrucken und können so für gute Referenzen sorgen. Sie können sich noch mal richtig reinhängen und Dinge ausprobieren – mit dem angenehmen Gefühl, es ohne den üblichen Druck zu tun. Und es gilt, Kontakte in den neuen Job hinüberzuretten. Kurzum: Die Kündigungsfrist ist eine Phase, die man nutzen sollte, weil für Vorgesetzte, Kollegen und Kunden der letzte Eindruck zählt.

Unbequemer Arbeitsalltag

Im Fall von Sven Schölzel dürfte der schlecht ausfallen. Dass die letzten Wochen sein Arbeitszeugnis belasten werden, ahnt er bereits.

Denn mit der Kündigung wurde Schölzels Arbeitsalltag noch unbequemer. Zwar hätten die Kollegen ihm für seine Entscheidung Respekt gezollt, erzählt er. Doch sein Chef habe danach erst recht auf stur geschaltet: Schölzels Bitte nach einem Aufhebungsvertrag lehnte er brüsk ab. Umgekehrt erteilte Schölzel seinem Chef eine Absage, als der ihn bat, seinen Abschied noch einmal zu überdenken. „Seitdem habe ich mit jedem Geschäft Ärger“, sagt der Banker. „Um mir den zu ersparen, biete ich manchen Kunden nur noch solche Kredite an, von denen ich weiß, dass sie die nicht annehmen werden.“

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