Klaus Töpfer Der Geburtstag von „Mister Nachhaltigkeit“

Ruhe strahlt Klaus Töpfer nicht aus, auch nicht mit 75. Aber seine Rastlosigkeit hat ein Ziel: Die Menschen sollen bei allem, was sie heute tun, die Konsequenzen für ihre Enkel bedenken.

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Klaus Töpfer: Die Gesellschaft muss Nachhaltigkeit als Ziel akzeptieren. Quelle: dpa

Düsseldorf Ein verregneter Sommerabend in Düsseldorf. Leicht verspätet und ein wenig gehetzt betritt Klaus Töpfer den Vortragssaal der NRW-Akademie der Wissenschaften. Das hochkarätige Publikum will von ihm hören, ob Nachhaltigkeit eine politische Chance hat. Aber erst einmal sagt Töpfer etwas zum Thema Nachhaltigkeit in seinem persönlichen Leben: „Ich habe mir unterwegs gesagt: Du wirst in diesem Jahr 75. So viel Nervenanspannung wie eine Reise von Berlin nach Düsseldorf in diesen Zeiten mutest du dir nicht mehr zu.“

Glauben wird es ihm kaum jemand. Seine Tage sind durchgetaktet, das dürfte sich auch nach seinem Geburtstag am 29. Juli nicht ändern. Den Vortrag in Düsseldorf beginnt er leicht außer Atem, aber nach zwei, drei Sätzen ist das vorbei. Da kommt er zu seinem zentralen Thema, das er so rastlos unter die Leute bringt: „Wir sind in dem Maße nachhaltig, wie wir auch die mittel- und langfristigen Konsequenzen unseres heutigen Handelns mit betrachten.“

Früher wurde Töpfer bei solchen Anlässen gerne als „Mister Umwelt“ vorgestellt, heute als „Mister Nachhaltigkeit“. Dieser Wandel der Bezeichnungen sagt viel über die Entwicklung, die Töpfer genommen hat. Von 1987 bis 1994 war er Bundesumweltminister, von 1998 bis 2006 leitete er das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP. Als UNEP-Direktor lebte er in der kenianischen Hauptstadt Nairobi, und das Leben der Menschen dort hat ihn tief beeindruckt.

Spätestens seit dieser Zeit redet er über Umweltschutz nicht mehr, ohne zugleich auf den Kampf gegen die Armut einzugehen. Armut ist Gift für die Umwelt, und Umweltschutz sichert die Lebensqualität kommender Generationen - das ist sein Credo: „Im Jahr 2050 wird meine jüngste Enkelin 38 Jahre alt sein. Dann wird sie sich mit neun Milliarden Menschen darüber zu unterhalten haben, wie man ein friedliches Leben ohne große Wohlstandsunterschiede haben kann.“


"Immer auf der Suche nach dem nächsten"

Töpfer wurde 1938 in Schlesien geboren und kam nach dem Krieg nach Höxter in Westfalen. Die Familie war arm, und das weckte den Ehrgeiz des Jungen. „Man war schon ein hungriger Mensch, der vorankommen wollte.“ Abitur, Studium, Doktorarbeit, Professur, CDU-Politiker - Töpfer war „immer auf der Suche nach dem nächsten“, wie er sagt.

Nicht alles, was möglich schien, wurde wahr - Ministerpräsident im Saarland wurde Töpfer ebenso wenig wie Bundespräsident. Aber letztlich blieb dadurch die Umwelt sein zentrales Thema, sogar noch, als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) ihm das Ressort 1994 wegnahm. Als Bauminister bereitete Töpfer zwar hauptsächlich den Umzug von Bonn nach Berlin vor, aber 1996 vertrat er Deutschland bei der UN-Habitat-Konferenz in Istanbul. Dort ging es um die Lebensqualität in den Städten - und damit auch um die Themen Armut und Umwelt.

Zwei Jahre später machte der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan Töpfer dann zum UNEP-Chef. Nach seiner Rückkehr 2006 blieb er in der deutschen Öffentlichkeit präsent. Vorträge, Talkshows, die Ethikkommission für Atomenergie, die Gründung des Forschungszentrums für Nachhaltigkeit IASS in Potsdam - Ruhestand sieht anders aus.

Nachhaltigkeit, sagt Töpfer in Düsseldorf, habe politisch nur dann eine Chance, wenn die Gesellschaft sie als Ziel akzeptiere. Dafür wirbt er, selbst wenn es jeden einzelnen Bürger spürbar Geld kostet wie beim Ausbau der Solarenergie: „Wenn es nicht ein technologisch führendes Land macht, das wirtschaftlich stabil ist, wer soll es denn sonst tun? Wir müssen in eine Technologie investieren, von der wir zumindest die begründete Hoffnung haben können, dass sie zu einer Lösung von Energieproblemen weltweit beiträgt.“

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