Knigge für Xing und Linkedin So meistern Sie die digitale Jobsuche mit Stil

Jedes zweite Unternehmen informiert sich online über seine Bewerber – und erlebt oft böse Überraschungen. Welche Fehler Jobsuchende bei Xing, Linkedin oder Facebook machen – und worauf es bei digitalen Profilen ankommt.

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Bewerber, die beim potenziellen Arbeitgeber punkten wollen, sollten darauf achten, welche Spuren sie im Internet hinterlassen. Quelle: Getty Images martin-dm

Düsseldorf Als der Personaler die Bewerbungsunterlagen sichtet, meint er sein Glück kaum fassen zu können. Der Kandidat passt laut Lebenslauf fachlich exakt auf die Stelle, für die sich seit Monaten kein geeigneter Mitarbeiter finden lässt. Nun ist er neugierig: Anstatt bis zum Vorstellungsgespräch zu warten, macht sich der Arbeitgeber auf die digitale Suche nach weiteren Informationen über den Bewerber.

Doch die Spuren, die der Jobsuchende bei Twitter, Google+ und Facebook hinterlassen hat, ernüchtern der Arbeitgeber. Denn in den sozialen Netzwerken wirbt der Job-Kandidat exzessiv für eine Partei, will anderen Usern seine Meinung aufdrängen. Die Fragen überschlagen sich im Kopf des Personalverantwortlichen: „Wird der Mitarbeiter seine Interessen gleichermaßen penetrant im Unternehmen durchsetzen wollen? Würde er womöglich Betriebsgeheimnisse ausplaudern, um seiner Partei einen Vorteil zu verschaffen? Und: Wie reagieren Mitarbeiter und Kunden auf seine politischen Aktivitäten?“

Genau in dieser Zwickmühle befindet sich einer von Ralph Dannhäusers Kunden. Er berät Unternehmen im Bereich Social Recruiting und Marketing und hat ein Buch darüber veröffentlicht. „Wie sich Jobsuchende online präsentieren, beeinflusst enorm ihr Karrierechancen. Doch das ist vor allem vielen jungen Menschen nicht bewusst“, sagt er. Ihre Profile seien oftmals für Jedermann einsehbar – und damit beispielsweise peinliche Partybilder, Pöbeleien oder extreme politische Meinungsäußerungen, die schnell zum Job-Killer werden.

Laut der jüngsten Untersuchung des Digitalverbandes Bitkom unter mehr als 400 Personalverantwortlichen informiert sich fast jedes zweite deutsche Unternehmen über soziale Netzwerke über seine Bewerber. Einträge in beruflichen Netzwerken wie Xing und Linkedin werten sie demnach häufiger aus als privat ausgerichtete Plattformen wie Facebook oder Twitter.

In manchen Fällen hat die digitale Recherche des Wunsch-Arbeitgebers negative Konsequenzen für den Bewerber: Mehr als jeder siebte Personalchef gibt an, den Bewerber aufgrund seines Online-Auftritts aussortiert zu haben. Denn: „Profile in sozialen Netzwerken sind oft aussagekräftiger als eine Bewerbung“, weiß Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Nach Informationen des Digital-Netzwerkes „Initiative 21“ waren im vergangenen Jahr bundesweit Spuren von 64 Millionen Bürgern im Internet aufzufinden. 46 Millionen nutzten Messaging-Dienste wie WhatsApp, 35 Millionen waren Mitglieder in sozialen Netzwerken. Dannhäuser und Rohleder sind davon überzeugt, dass Personalabteilungen künftig noch häufiger auf Xing, Facebook und Co. zurückgreifen werden, um sich ein Bild vom Bewerber zu machen – obwohl es gesetzliche Richtlinien dazu gibt, wo und wie Recherchen erlaubt sind.


Peinliche Fehler in Business-Netzwerken

Umso wichtiger ist es für Jobsuchende, sich im Internet angemessen zu präsentieren. Und das fängt schon bei der Plattform-Auswahl an. Der Deutsche Knigge-Rat hat einen Zwölf-Punkte-Kodex zum Leben im Internet erstellt und rät dazu, dass User sich bereits vor der Anmeldung darüber im Klaren sind, ob sie sich in dem digitalen Netzwerk beruflich oder privat bewegen wollen. „Vermeiden Sie die Vermischung beider Bereiche und geben Sie allzu vertrauliche Informationen nicht preis“, heißt es.

Facebook eignet sich laut Dannhäuser nur bedingt zum beruflichen Networking. „User können es über die Plattform probieren, aber die Jobsuche ist deutlich aufwendiger.“ Auch wenn Xing und Linkedin klar als Business-Netzwerke deklariert sind, unterlaufen Usern selbst dort unbewusst peinliche Fehler.

Beispielsweise, wenn die Community im Profil anstatt eines professionellen Bewerbungsfotos eine Ganzkörperaufnahme vom letzten Strandurlaub oder gar von der Hochzeitsfeier zu sehen bekommt. „Es empfiehlt sich immer, sich von einem professionellen Fotografen ablichten zu lassen“, sagt Dannhäuser.

Und wer in seinem schriftlichen Lebenslauf angibt, wegen eines Schlüsselbein-Bruchs mehrere Woche zur Kur im Schwarzwald gewesen zu sein, muss sich ebenso wenig wundern, wenn der Personaler ihn ablehnt, weil dieser auf Facebook Fotos vom Surf-Urlaub in Australien gefunden hat – hochgeladen zum Zeitpunkt des angeblichen Kur-Aufenthaltes. „Inhaltlich korrekte Angaben erscheinen zwar selbstverständlich, sind sie aber oftmals nicht“, weiß der Berater. Grundsätzlich rät er dazu, die Privatsphäre-Einstellungen in Netzwerken so vorzunehmen, dass Fremde keine privaten Informationen erhalten.

Doch selbst wenn sich der Jobsuchende für eine Zeit eine Auszeit auf der anderen Seite der Erdkugel genommen hat, sollte er nach Ansicht von Christoph Richter, Senior Vice President des Bereichs Pro Work bei Xing, offen damit umgehen. „Wir sind nicht mehr in einer Zeit, in der lineare Lebensläufe ein absolutes Muss sind.“

Neben den falschen Angaben sind wahllose Kontaktanfragen ein weiteres Fettnäpfchen, in das Jobsuchende oftmals treten. Denn auch hier gibt es klare Regeln: Ob ein Anfrage gerechtfertigt ist, hängt Dannhäuser zufolge davon ab, ob Xing oder Linkedin dem User den Kontakt empfohlen haben, ob der Nutzer die Person kennt und ob er Bezug auf das Profil des anderen nimmt – und somit die Gründe für die Kontaktaufnahme darlegt.

„Nutzer sollten nur Anfragen annehmen, von denen sie glauben, dass sie gut und sinnvoll sind. Denn darüber lassen sich neue interessante Kontakte knüpfen“, sagt Richter. Denn während vor einigen Jahren Headhunter im Internet ausschließlich auf der Suche nach Managern und seltenen, aber hochqualifizierten Arbeitnehmern gewesen seien, suchten sie heute auch für weit verbreitete Jobs im Internet nach geeigneten Kandidaten.

Während Richter und Dannhäuser ein großes Netzwerk durchaus als sinnvoll erachten, warnt der Deutsche Knigge-Rat vor Nutzern mit extrem vielen Kontakten in ihrer Liste: „Das ist kein Zeichen von Qualität, sondern eher für die Oberflächlichkeit und Geltungssucht.“ Der Kodex rät daher dazu, keine Scheu davor zu haben, die Aufnahme höflich abzulehnen. Unseriösen Kontakten beugt Xing laut Richter mit einem Team vor, das sich mit Usern befasst, die gegen Richtlinien verstoßen. „Wenn Mitglieder wiederholt negativ auffallen und gemeldet wurden, werden sie durchaus gesperrt.“


„Online-Reputation ist eine Goldwährung“

Gehört jedes Praktikum in den Lebenslauf? Und zu welcher Schule der Jobsuchende in welcher Stadt gegangen ist? „Es kommt drauf an“, meint Richter. Wenn ein potenzieller Arbeitnehmer noch studiert, kann es für den Arbeitgeber durchaus interessant sein, in welchem Bundesland das Abitur gemacht wurde. Will der Personalverantwortliche ebenfalls einen erfahrenen Manager einstellen, wird er sich kaum für dessen schulischen Werdegang interessieren. „Die wichtigsten Informationen im Lebenslauf sind in der Regel die letzten drei zurückliegenden beruflichen Stationen“, sagt Richter.

Wer unsicher ist, ob er auch private Informationen wie etwa Hobbys im Lebenslauf bei Xing oder Linkedin angeben sollte, dem rät er, sich am Lebenslauf auf Papier zu orientieren. „ Eine feste Regel gibt es nicht. Manche sind der Überzeugung, dass ihre Hobbys zu ihnen gehören – und schreiben sie deshalb in ihren Lebenslauf. Das ist Geschmackssache.“

Wichtig ist laut Dannhäuser, dass sich User, bevor sie Inhalte im Internet veröffentlichen, die Frage beantworten, ob sie auch in zehn Jahren noch dazu stehen würden und reflektieren, wie die Gemeinschaft auf die Posts reagieren wird. „Die Online-Reputation ist in der heutigen Zeit eine Goldwährung, denn das Internet vergisst nicht“, warnt Dannhäuser. Wer dennoch kritische Inhalte veröffentlichen will, dem rät der Experte, dies unter einem Pseudonym zu tun, um die berufliche Laufbahn nicht zu gefährden.

Der Bewerber von Dannhäusers Kunde ist in diesem Fall zumindest vorerst mit einem blauen Auge davon gekommen, obwohl sein Auftreten den Personalverantwortlichen verunsichert hat. Er lädt ihn trotz seiner Aktivitäten zum Vorstellungsgespräch ein – und will die Probleme und Befürchtungen offen ansprechen. Der Unternehmer verlangt von seinem Bewerber, sich im Umgang mit sozialen Medien beraten zu lassen. Wenn dann noch beide Seite interessiert sind, soll ein Ergänzung im Arbeitsvertrag über den Umgang mit sozialen Medien den Unternehmensfrieden sicherstellen.

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