Korallenbleiche Dem Pesthauch trotzen

Die Erderwärmung gefährdet die Symbiose zwischen Korallen und einer Algenart – die Korallen bleichen seit Jahrzehnten kontinuierlich aus. Vor Hawaii beobachten Meeresforscher jetzt allerdings eine Trendwende.

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Die globale Erwärmung stress die Nesseltiere. Quelle: ap

Honolulu Wie überall auf der Welt hat die Erwärmung der Weltmeere auch vor den Küsten des US-amerikanischen Pazifikparadieses Hawaii die ortsansässigen Korallen bedroht. Die Algenart der Zooxanthellen, die ihnen als Nahrungsmittel dient und so ihr Überleben sichert, trieb unkontrolliert aus und sorgte dafür, dass die farbenprächtigen Nesseltiere ausbleichten – ein rascher Tod schien unausweichlich.

Aber dann erwiesen sich die Korallen als erstaunlich widerstandsfähig: Die zuständige Behörde auf Hawaii hat verkündet, dass sich die örtlichen Korallen weitgehend erholt haben.

Dauerhafte Entwarnung mögen die Wissenschaftler aber nicht geben. Dauerhaft höhere Meerestemperaturen würden die Korallen nicht vertragen, warnen sie. Die ortsfesten Tiere seien der ständigen Bedrohung von Erderwärmung, Überfischung und dem Stress durch den Tourismus ausgesetzt.

Korallenriffe sind ein Hort des submarinen Lebens: Nur zehn Prozent des Meeresbodens bedecken sie, aber sie bieten Lebensraum für rund ein Viertel aller bekannten Unterwassertiere. Viele Fische und andere schwimmende Lebewesen ernähren sich von den Korallen, andere Tiere suchen Schutz vor Räubern in den Verästelungen.

Wieder andere nutzen die wunderlichen Wucherungen als Nistplatz für ihr Gelege. Auch eine der ältesten bekannten Fischarten – die Haie – liebt Korallenriffe.

„Der Klimawandel ist da, er ist kein Hirngespinst der fernen Zukunft“, sagt Mark Eakin von der zuständigen US-Bundesbehörde für die See und das Klima. Die Ausbleichung der Korallen sei ein signifikanter Beleg dafür. 15 Prozent aller Korallen, für die seine Behörde verantwortlich ist, liegen in der Kaneohe Bay vor Hawaiis Insel Oahu. Drei Viertel davon haben alle traumschöne Buntheit verloren und zeigen sich bleich-blass, und damit scheinbar tot.

Ganz so schlimm ist es aber nicht, sagt die ortsansässige Expertin Anne Rosinski. Rund zwölf Prozent der Korallen seien tot, und die seien nach der Schwächung durch die Bleiche von Bootspropellern dahingerafft worden. Der Rest erhole sich jetzt langsam und gewinne seine Farbe wieder. Auch vor den Inseln Maui und Kauai seien die Bestände der Korallen auf dem aufsteigenden Ast.


Hilflose Fische

Der US-Staat Hawaii tue alles, was in seiner Macht stehe, um die hinderlichen Einflüsse der Korallenerholung einzudämmen und sie auf ein Leben in dauerhaft wärmerem Wasser vorzubereiten, sagt Rosinski. „Ich bin allerdings nicht sicher, wie viel die Korallen noch aushalten können.“

Rund 1600 Kilometer nordwestlich von der Hauptstadt Honolulu sehen die Korallen buchstäblich ziemlich blass aus: Rund um Lisianski, einem unbewohnten Atoll, das politisch zu Hawaii gehört, hat die Erderwärmung besonders zugeschlagen. Besonders im Sommer sind die Meerestemperaturen dauerhaft überdurchschnittlich, und speziell im Herbst haben Wissenschaftler eine deutliche Verblassung der Korallen registriert.

Weil das Gebiet so abgeschieden ist, konnten die Beobachtungen jedoch noch nicht auf wissenschaftlich sichere Füße gestellt werden. Mark Eakin ist sich aber sicher: „Wenn wir da wieder hinfahren, werden wir bestimmt mehr tote Korallen vorfinden.“

Eakin erinnert an eine Erfahrung, die er vor vier Jahren in Thailand an einem ausgebleichten Korallenriff machte: Er sah unter Wasser hilflose Fische, die angesichts des blassen Riffs ihren Laich-Instinkten nicht mehr folgen wollten. Seine Prognose bei flächendeckend erbleichenden Korallenriffen ist düster: „Das ist wie ein Pesthauch“, sagt er.

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