Kreditpakete Volkswagen bietet Airbag gegen Negativzinsen

Autokonzerne verkaufen gerne Fahrzeugfinanzierungen an professionelle Anleger weiter. Die Papiere sind eigentlich begehrt – doch Käufer könnten jetzt Zinsen zahlen müssen statt zu kassieren. VW und BMW steuern gegen.

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Nicht nur Autofahrern, auch Investoren muss Volkswagen einen Schutzmechanismus bieten. Quelle: PR

Frankfurt An den europäischen Anleihemärkten fordern Investoren neuerdings Klauseln, die sie davor schützen, Zinsen bezahlen zu müssen. Grund dafür ist, dass der Referenzzins Euribor inzwischen negativ geworden ist. Am Euribor orientieren sich die Preise für viele Wertpapiere.

Emittenten von Volkswagen bis zu einer Tochter der Rabobank fügen daher Klauseln in ihre Anleihebedingungen ein, um Investoren vor Zinszahlungen zu schützen, sollte der Zins für ihre Investments unter null sinken. Der Euribor ist Bezugsgröße für Schuldverschreibungen im Nominalwert von über 180 Billionen Dollar und umfasst forderungsunterlegte Anleihen (ABS), variabel verzinsliche Anleihen (FRN), börsennotierte Derivate und Unternehmenskredite, wie aus Angaben des European Money Markets Institute hervorgeht.

Die beispiellose geldpolitische Lockerung der Europäischen Zentralbank hat zu Störungen am Anleihemarkt und Verwirrung bei den Investoren geführt. Während Gläubiger der ABS-Papiere der Banco Popular im April nicht zu Kuponzahlungen aufgefordert wurden, nachdem die Zinsen unter null gefallen waren, hat die schwedische Nordea Bank in diesem Monat angekündigt, sie habe vor, den Investoren bei einigen neuen Hypothekenanleihen Kosten aufzuerlegen, sollte dies geschehen.

„Das Konzept, dass sein Investor bezahlt, statt einen Kupon zu erhalten, ist beispiellos und unlogisch“, sagt Tracy Chen, Vermögensverwalterin bei Brandywine Global Investment Management in Philadelphia. „Investoren wollen wissen, ob sie Geld beschaffen müssen, um diese Zahlung zu leisten.“

Volkswagen legt seit 19 Jahren Anleihen auf, die mit den Leasingraten auf Autos des Konzerns unterlegt sind. Im vergangenen Monat wurde bei ABS-Papieren im Volumen von 1,03 Milliarden Euro erstmals eine Klausel zum Schutz der Anleger eingeführt.

„Wir wollen den Investoren Sicherheit geben, was passieren wird“, sagte Stefan Rolf, Leiter forderungsunterlegte Wertpapiere bei Volkswagen Financial Services. „Deshalb haben wir erstmals eine Klausel in die Anleihebedingungen eingefügt, um klarzustellen, dass wir Investoren niemals bitten werden, für uns Zinsen zu bezahlen.“


Ohne Untergrenze finden sich keine Käufer

Der Euribor ist in diesem Jahr erstmals seit Bloomberg Ende 1998 mit der Datenaufzeichnung begann unter null gesunken. Der Drei-Monats-Euribor fiel im April unter die Null-Marke und liegt bei rekordniedrigen minus 0,013 Prozent. Der Ein-Monats-Zins liegt nach Angaben des European Money Markets Institute bei minus 0,054 Prozent.

Auch der Münchner BMW-Konzern stattete ihre ABS-Papiere im Volumen von 400 Millionen Euro., die am 13. Mai an den Markt kamen, erstmals mit einer Schutzklausel gegen Zinszahlungen der Investoren aus.

„Wir glauben, dass eine Null-Kupon-Untergrenze derzeit notwendig ist, um eine ABS-Transaktion erfolgreich platzieren zu können - und immer üblicher bei solchen Transaktionen werden wird“, so ein Sprecher des Autokonzerns. „Angesichts der derzeit negativen Kurzfristzinsen fordern Investoren eine solche Untergrenze.“

Die Anleihebedingungen der meisten ABS-Papiere, die in diesem Jahr aufgelegt wurden, enthalten neue Formulierungen, die für mehr Klarheit sorgen sollen, wie Anuj Babber, Leiter Consumer Securitization bei M&G von Prudential in London, festgestellt hat. Der Emittent erklärt demnach, dass Anleihegläubiger entweder niemals Zinsen zu zahlen haben oder legt ein Minimumniveau fest. Bei früheren Transaktionen sei ein Szenario wie das aktuelle nicht absehbar gewesen. „Das hat zu zahlreichen Fragezeichen geführt“, so Babber.

Variabel verzinsliche Anleihen, die als Teil einer Verbriefung durch Banco Popular 2007 aufgelegt wurden, sind nach Angaben von to JP Morgan das erste ABS-Papier gewesen, dass keine Zinsen mehr an die Gläubiger zahlte, nachdem der Euribor negativ geworden war. Die Anleihebedingungen der FRNs enthielten eine Klausel, die Investoren davor schützt, Zahlungen leisten zu müssen.

„Die Arbeitsthese im Markt für ABS-Wertpapiere ist, dass negative Zinsen nicht durchgesetzt werden“, sagt Babber von M&G. „Und das gilt insbesondere, wenn der Emittent die Verbriefungen auch weiterhin als Finanzierungsquelle nutzen will.“

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