Mit günstigen Preisen und wenigen Produkten, die meist direkt aus dem Karton statt aus dem Regal verkauft wurden – so startete Aldi einst die große Erfolgsgeschichte der Discounter. Doch mittlerweile reicht den meisten Kunden der günstige Preis alleine nicht mehr – sie verlangen nach mehr Service. In Großbritannien hat Aldi nun ein Experiment gestartet, das den Einkauf revolutionieren soll. Der Discounter liefert seine Produkte jetzt bis an die Haustüre der britischen Kunden.
Nach Informationen der Lebensmittel-Zeitung soll in Großbritannien in diesen Tagen ein neuer Online-Shop von Aldi an den Start gehen. Dass die Online-Offensive des Discounters ausgerechnet auf der Insel startet, ist kein Zufall: Großbritannien ist für den Praxistest ein ideales Terrain. Die Briten gelten als besonders onlineaffin und sind den Deutschen beim Lebensmittelkauf im Netz um Jahre voraus. Im Wettstreit mit dem britischen Platzhirschen Tesco hätte Aldi zudem ein zusätzliches Argument auf seiner Seite.
Die größten Discounter der Welt 2014
Dollar Tree belegt den zehnten Platz unter den weltgrößten Discountern. Das US-Unternehmen erzielte 2013 einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro.
Auch aus Skandinavien kommt ein Discounter, der es unter die Top Ten der weltgrößten geschafft hat: Rema 1000 gehört zum Konzern Reitangruppen. 2013 setzte das Unternehmen 6,8 Milliarden Euro um.
Der US-Discounter Family Dollar verkaufte 2013 Waren im Wert von 8,2 Milliarden Dollar und belegt damit weltweit den achten Platz unter den größten Discountern.
Auch der siebtgrößte Discounter der Welt findet sich auf der Iberischen Halbinsel: Biedronka stammt aus Portugal und wird von JMR Jerónimo Martins Retails betrieben. 2013 setzte die Kette 8,3 Milliarden Euro um. Zum Vergleich: Aldi erwirtschaftete im gleichen Zeitraum mehr als den siebenfachen Betrag.
Die sechstgrößte Discountkette der Welt stammt aus Spanien. Das Unternehmen mit dem Namen Dia (zu Deutsch „Tag“) setzte 2013 11,4 Milliarden Euro um.
Auf dem fünften Platz findet sich wieder ein deutsches Unternehmen: Der Discounter Penny, der zur Rewe-Gruppe gehört. 2013 betrug der Umsatz des Discounters laut Ranking von Planet Retail 12,1 Milliarden Euro.
Erst an vierter Stelle ist ein nicht-deutsches Unternehmen zu finden. Die US-Kette Dollar General verkaufte 2013 Waren im Wert von 13,9 Milliarden Euro.
Mit großem Abstand folgt der drittgrößte Discounter der Welt: Netto. Die Kette gehört zur Edeka-Gruppe und erzielte 2013 14,2 Milliarden Euro Umsatz.
Der Discounter Lidl, der zur Schwarz Gruppe gehört, belegt im Ranking der weltgrößten Discounter den zweiten Platz. 2013 betrug der Brutto-Außenumsatz der Supermarktkette 59 Milliarden Euro.
Aldi ist die Nummer eins im Ranking von Planet Retail (Juni 2014) im weltweiten Discounter-Markt. 2013 machte das deutsche Unternehmen einen Brutto-Außenumsatz von 61,1 Milliarden Euro.
Läuft die Offensive wie geplant, könnte Großbritannien erst der Anfang sein: In Branchenkreisen heißt es, dass der Discounter seine Lebensmittel auch in Spanien und Portugal Lebensmittel online verkaufen will. In Australien betreibt Aldi bereits seit gut zwei Jahren einen Online-Shop für Spirituosen.
Nur auf dem deutschen Heimatmarkt werden die Aldi-Kunden wohl weiterhin an der Supermarktkasse anstehen müssen: Aldi Süd teilte auf Handelsblatt-Anfrage mit, dass in Deutschland zur Zeit kein Online-Handel geplant sei. Um einen einwandfreien Lieferdienst zu niedrigen Kosten zu garantieren, seien die Herausforderungen derzeit zu groß, betont eine Unternehmenssprecherin. Aldi Nord wollte sich aus strategischen Gründen nicht äußern.
Chronologie: Der Aufstieg von Aldi
Der Bäcker Karl Albrecht startet am 10. April 1913 den Verkauf von Backwaren im heutigen Essener Stadtteil Schonnebeck.
Quelle: dpa
Karl Albrecht und seine Frau Anna eröffnen im Essener Stadtteil Schonnebeck ein „Kaufhaus für Lebensmittel“.
Nachdem Eltern das Geschäft um weitere Filialen erweitert haben, übernehmen die Söhne Karl und Theo Albrecht 1945 den Betrieb.
Die Brüder entwickeln das Geschäftsmodell weiter. Das Stammgeschäft in Essen-Schonnebeck wird zum Selbstbedienungsladen. Die Kette wächst zudem weiter. 1960 hat das Unternehmen mehr als 300 Filialen.
Das Unternehmen hat mehr als 300 Filialen.
Die Brüder teilen das Filialnetz auf. Karl konzentriert sich auf den südlichen Teil (Aldi Süd) und Theo auf den nördlichen, Aldi Nord. Sie arbeiten aber weiter eng zusammen.
Die erste Aldi-Filiale im Discount-Prinzip wird eröffnet.
1967 folgt der erste Schritt ins Ausland. Aldi Süd übernimmt das österreichische Handelsunternehmen Hofer. 1976 startet Aldi Süd in den USA. Wenige Jahre später steigt auch Aldi Nord mit der Übernahme von Trader Joe's in den US-Markt ein.
Einführung der Aktionstage. Aldi Süd führt Kühltheken für den Verkauf von Frischprodukten ein.
Aldi Süd nimmt u.a. Tiefkühlprodukte ins Sortiment auf.
Aldi Süd beginnt mit der Aufstellung von Backstationen.
Aldi-Mitbegründer Theo Albrecht (Aldi Nord) stirbt im Alter von 88 Jahren.
Aldi Nord führt ein neues Laden-Konzept mit Backstationen ein. Beginn der europaweiten Modernisierung des Filialnetzes.
Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht stirbt mit 94 Jahren.
Mit ihrem Discount-Prinzip haben die Gebrüder Albrecht den Lebensmittehandel revolutioniert und ihre Unternehmen einen enormen Erfolg beschert. Das Forschungsinstitut EHI schätzt den Nettoumsatz von Aldi Süd im Jahr 2013 auf 13, 8 Milliarden Euro, den von Aldi Nord auf 10 Milliarden. Aldi Süd verfügt allein in Deutschland über rund 1830 Filialen, Aldi Nord über mehr als 2400. Weltweit kommen Aldi Nord und Aldi Süd zusammen auf insgesamt über 10.000 Filialen und rund 66,8 Milliarden Euro Jahresumsatz.
In Deutschland wächst der Onlinehandel mit Lebensmitteln zwar rasant, ist bisher aber immer noch eine Nische. Der Anteil der verkauften Lebensmittel im Netz ist nach Schätzung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY mit 0,8 Prozent noch relativ gering. Doch innerhalb eines Jahres hat er sich nahezu verdreifacht. Bis zum Jahr 2020, so rechnet EY, könnte der Marktanteil sogar auf zehn Prozent ansteigen.
Anders als bei anderen Branchen sind es nicht nur die technikaffinen, jungen Käufer, die sich die Lebensmittel bevorzugt nach Hause liefern lassen. Besonders Familien mit Kindern, Doppelverdiener, die wenig Zeit haben, und ältere Leute, die nicht mehr so mobil sind, kaufen online ein. Sie schätzen den Komfort, den Einkauf von der Couch aus zu bestellen und sich die Kiste Wasser in den vierten Stock bringen zu lassen. Und sie haben keine Lust ihre Freizeit im Supermarkt verstreichen zu lassen. Immerhin verbringen die Deutschen im Schnitt sieben Tage pro Jahr in den Einkaufsläden, so zeigen es Studien.