Lebensmittelhandel Der Obst-Snack als Chance

Obst und Gemüse interessieren die Deutschen trotz gängiger Ernährungstrends nur mäßig. Händler wie Rewe und Edela überlegen seit Jahren, wie sie dem entgegensteuern können. Als Chance sehen sie: Anpassung.

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Der Appetit auf Erdbeeren, Äpfel und Romanesco ist in Deutschland verhalten – die Nachfrage nach Obst und Gemüse stagniert. Quelle: dpa

Berlin Wer keine Zeit oder Lust hat, eine Ananas zu zerlegen, muss nicht auf die frische Frucht verzichten. Supermarktketten wie Rewe oder Edeka bieten Ananas, Melone oder Mango schon seit Jahren verzehrfertig an, frisch und in mundgerechte Stücke geschnitten. Diese sogenannten Convenience-Angebote sollen dem veränderten Lebensstil vieler Menschen und deren Zeitmangel Rechnung tragen. Für die Obst- und Gemüsehändler sind sie so etwas wie ein Hoffnungsschimmer. Die Branche rätselt seit Jahren, wie sie den stagnierenden Konsum der Verbraucher ankurbeln kann.

Der Ratschlag der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, täglich zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse zu essen, sei weithin bekannt, sagt Margareta Büning-Fesel, Geschäftsführender Vorstand des Ernährungsratgebers Aid-Infodienst, am Dienstag in Berlin zur Eröffnung der Messe Fruit Logistica „Das dürfte auch eigentlich nicht so schwer sein.“ Neue Ernährungstrends wie vegan oder vegetarisch und die Präferenz für gluten- und laktosefreie Nahrungsmittel sollten den Obst- und Gemüsehändlern zudem entgegenkommen.

Doch dem ist nicht so. Im vergangenen Jahr kaufte der durchschnittliche Privathaushalt in Deutschland 69,6 Kilogramm frisches Gemüse, das waren 1,1 Prozent weniger als 2014. Bei frischen Obst stieg die verkaufte Menge im Jahresvergleich leicht um 0,1 Prozent auf 85,5 Kilogramm. Auf diesem Niveau pendelt der Konsum seit Jahren. Den Umsatz konnte der Fruchthandel 2015 nur dank höherer Preise steigern, die auch schlechtere Ernten mit sich brachten.

Für den verhaltenen Appetit auf Äpfel, Birnen, Tomaten oder Paprika seien die Preissteigerungen allerdings nicht verantwortlich, meint Dieter Krauß, der Präsident des Fruchthandelsverbands. In Frankreich etwa liege der Konsum deutlich höher als in Deutschland, obwohl Obst und Gemüse dort deutlich teurer seien. „Die Esskultur ist eine andere, Nahrungsmittel erfahren generell eine andere Wertschätzung“, folgert Krauß.

Büning-Fesel erkennt hingegen eine positive Einstellung der Deutschen zu Obst und Gemüse, diagnostiziert jedoch eine schwindende Kompetenz bei der Zubereitung von frischen Produkten. „Die Verbraucher wissen heute vielmehr oft nicht, wie sie etwa Wirsing oder Weißkohl richtig zubereiten“, sagt sie. Bei Salat scheiterten viele schon am Dressing.

Nach wie vor fehlten zudem Gelegenheiten, an frisches und fertiggeschnittenes Obst im Berufsalltag zu gelangen. „In Konferenzen werden Kekse serviert, in den Büros stehen Boxen mit Schokoriegeln.“ Großes Potenzial sieht Büning-Fesel in einer sich ausweitenden Snackkultur. Die Antwort darauf finde sich bereits in den Supermarkttheken in Form von frisch geschnittenem Obst. Das Angebot sei jedoch zu gering.

Auch Stephan Weist, bei Rewe unter anderem für den Bereich Obst, Gemüse und Convenience verantwortlich, sieht in Deutschland noch „Luft nach oben“ für sogenannte Fresh-Cut-Produkte. Die Snackkultur schaffe Möglichkeiten, sofern der Markt fähig sei, sich den veränderten Lebens- und Essgewohnheiten anzupassen. „Zehn Gramm pro Kopf würden eine enorme marktstimulierende Wirkung für Erzeuger, Groß- und Einzelhändler in ganz Europa haben“, sagt der stellvertretende Präsident der Europäischen Obst- und Gemüsevereinigung Freshfel.

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