Alternative Geldanlage So schlagen Sie dem Niedrigzins ein Schnippchen

Seite 2/2

Crowdbutching und Craftbier-Crowds

Die Kenntnis über die Herkunft und die Arbeit der Bauern kennzeichnet auch die seit einigen Jahren besonders in Städten erfolgreichen Projekte wie Kartoffelkombinat in München oder Genussgemeinschaft. Und sie nutzen virtuos jene Mittel der Kommunikation, die direkten Zugang zum Privatinvestor ermöglichen. Auf der Webseite genussgemeinschaft.de finden sich Angebote von Rinderzüchtern oder Ziegenhöfen ebenso wie denen von Streuobst. "Schweine-, Lamm- und Rinderleasing" nennt der Biohof Hausberg aus dem 18. Jahrhundert im bayrischen Egglham ein im Prinzip altes Konstrukt des Finanzgewerbes. Der Interessent bestellt ein Jungtier und bekommt nach der Schlachtreife das Fleisch. Wer mag, kann sein Tier auch jederzeit besuchen.

"Crowdbutching" diese Wortschöpfung zeigt die Kreativität, mit der die jüngsten Anbieter ihre Klientel ansprechen möchten, die bei Kickstarter nicht mehr an ein Motorrad denkt und Onlineshopping für das natürlichste der Welt hält. Im Grundsatz ein Genossenschaftsgedanke, den das Portal kaufnekuh.de, zeitgemäß in Szene setzt und dem Käufer der Fleischprodukte das Gefühl vermittelt, in ein Tier zu investieren. Erst wenn die Gesamtsumme für ein Tier erreicht wurde, wird das Tier geschlachtet - allem Finanzsprech zum Trotz geht es hier vor allem um den Genuss - weniger um den Gewinn.

Dennoch ist es eine kleine Investition, denn weder ist vollkommen klar, wann das Tier am Ende geschlachtet wird, noch ist jeder Haushalt darauf vorbereitet, zu einem Zeitpunkt rund sieben Kilogramm Fleisch auf einen Schlag geliefert zu bekommen mit Stücken aus allen Teilen - und nicht nur das Filet oder Steak.

Dagegen mutet es schon fast wie eine Revolution an, was die Brauerei Brewdog aus Aberdeen in Schottland anbietet. "Equity for Punks" heißt das Crowdfunding-Investitionsprogramm, das dieser Tage in die fünfte Auflage geht. Doch statt lediglich eine flotte Webseite zu bauen und weitgehend unverbindliche Angebote für den Privatinvestor zu schnüren, unterwirft sich die Brauerei mit Prospekt und Prüfung durch die Finanzbehörden den üblichen Gepflogenheiten der Finanzwelt. Und will sie doch torpedieren.

Die jährlichen Hauptversammlungen sind halb Gottesdienst und Rockkonzert in einem, bei denen die beiden Unternehmensgründer unter häufig lautem Jubel ihrer Investoren ihre Ideen für das Wachstum der Brauerei kundtun. Mit den üblichen Gebaren will man nichts zu tun haben, wer Anteile erwirbt, erhält zwar Prozente auf die Produkte, eine flotte Mitgliedskarte und Zugang zu besonderen Bieren - aus den Anteilsscheinen Geld zu machen, ist hingegen deutlich schwerer.

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Der comdirect Spar- und Anlageindex ist im September den sechsten Monat in Folge gesunken Quelle: dpa
Schon etwas beliebter als die Aktien ist das Festgeld. Immerhin 19 Prozent der Geldanlagen fallen in diesen Bereich. Quelle: dpa
Fonds befinden sich mit dem Festgeld gleichauf Quelle: gms
Die Altersvorsorge wird in Deutschland zu einem immer wichtigeren Thema Quelle: dpa
Die Lebensversicherung schafft es in diesem Ranking auf den sechsten Platz Quelle: dpa
Im Mittelfeld dieses Rankings findet sich der Bausparvertrag. Quelle: dpa
Nur ein Prozent vor dem Bausparvertrag liegt das Bargeld. Quelle: dpa

Die Papiere sind nicht ohne weiteres zu verkaufen, sondern können lediglich während bestimmter Fristen innerhalb des eigenen Systems zu veräußert werden. Bislang scheint die Mehrheit der inzwischen mehr als 50.000 Kleinstanleger zufrieden zu sein, auch die fünfte Runde mit dem Ziel von zehn Millionen Pfund hat bereits ein Viertel eingesammelt. Wer jedoch bereits 2009 in der ersten Finanzierungsrunde dabei war, hätte bei einem Verkauf seiner Anteile in 2014 immerhin 443 Prozent Gewinn gemacht laut Brewdog.

Ganz so kuschelig privat ist das Gewerbe inzwischen eh nicht mehr, im April diesen Jahres überraschten Unternehmensgründer James Watt und Martin Dickie ihre "Investment-Punks" mit der Nachricht, dass sich die Private-Equity Gesellschaft TSG Consumer Partners mit 22 Prozent in das Unternehmen eingekauft hat. In Zeiten der zahlreichen Übernahmen einstmals unabhängiger kleiner Craft-Breweries durch große Braukonzerne schmeckte das nicht jedem Kleinanleger.

Viele, die neben Bier und einer finanziellen Rendite immer auch mehr darin sahen, als ein reines Sparmodell - nämlich eine sinnvolle Idee, etwas mit seinem Geld anzufangen, prangerten den Einstieg an als Verlust der Ideale. Die Altinvestoren aus den vorigen Finanzierungsrunden werden bei BrewDog dieser Tag jedenfalls mit fetten Prozenten geködert. 10,5 oder 11,5 Prozent - soviel Alkohol enthalten die Sondereditionen für die Investoren namens "Homicidal Puppet Help Desk" und "Semi-Automatic Hippie".

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%