Apple Adieu, iPod, du warst ein Großer

Apple beerdigt mit dem Ende der Produktion des iPod Nano und Shuffle die Gattung der reinen Musikabspielgeräte. Die Zahlen schwächelten schon lange. Eine schöne Ära geht zu Ende. Leider.

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Der iPod Shuffle aus dem Jahr 2006. Quelle: dpa

Es begann mit dem Walkman. Ein empfindliches, noch recht grobschlächtiges Gerät, dessen Batterien allzu schnell schlapp machten. Wirklich viel Musik konnte man unterwegs auch nicht dabei haben. Zumindest nicht, wenn man zu Fuß unterwegs war. Dafür hätte man schließlich die Kassetten mitschleppen müssen – und wer einen Song gleich noch mal hören wollte, musste wohl oder übel Strom fürs Spulen opfern oder gar mit dem Bleistift das Band zurückdrehen. 

Es kam der tragbare CD-Player. Besser als die Compact Cassette. Kein Zurückspulen. Aber empfindlich gegen Schläge und Rütteleien. Immerhin: Rund 10 CDs in einer Tasche auf einer Bahnfahrt mitzuschleppen – das ging.

Wahre Freiheit brachte der iPod. Gut, zu Anfang waren es vielleicht nicht alle CDs , die man besaß, auf den iPod übertragen. Und schon gar nicht jeder Besitzer eines Computers. Es musste ein Mac sein. Als am 23. Oktober 2001 der erste iPod vorgestellt wurde, enthielt er eine 5-GB-Festplatte und war nur mit Mac-Computern kompatibel.

Im Juli 2002, dann schon mit bis zu 10 Gigabyte Speicherplatz, kam die Freiheit zu allen: Auch Nutzer eines Windows-Rechners konnten Musik – immer noch umständlich, aber immerhin – auf die Festplatte des Geräts übertragen und sie von dort abspielen.

Es dauerte nur wenige Jahre, dann musste man schon eine gigantische Sammlung an digitalisierter Musik haben, um das Fassungsvermögen eines iPod Classic mit 160 Gigabyte zu füllen. Modedesigner Karl Lagerfeld rühmte sich, zahllose iPods zu besitzen.

Die Idee, per MP3 komprimierte Musik auf einem tragbaren Gerät abzuspielen war keine Exklusivität von Apple. Microsoft versuchte es mit dem Zune. 2006. Bis 2011. Fünf Jahre, in denen sich der Softwaregigant mühte, den Kunden diesen Spieler nahezubringen.

Doch iPod – das ist das Synonym für die Plattensammlung in der Hosentasche – und nur von der.

Auch wenn der iPod Classic mit farbigem Display die Möglichkeit bot, dort Fotos anzuschauen – allein die Größe des Displays machte klar: Es ist ein Notbehelf.

Nun hat Apple erklärt, nachdem bereits 2014 sein Ursprungsmodell nicht länger hergestellt wurde, auch die Produktion der Modelle Nano und des kleinen Shuffle einzustellen.  Die Verkaufszahlen machten bis 2014 vom Hoch im Jahr 2008 mit 54 Millionen Stück einen Sinkflug bis ins Jahr 2014 – mit 14 Millionen Stück. Diese Zahlen wies Apple aus, danach verschwand die Statistik zum musikalischen Begleiter in den Berichten in einer Abteilung zusammen mit anderem Zubehör. So kam zum Ende seine Erfolgs noch die Missachtung in der Bilanz.

Im Programm verbleibt lediglich der Touch – im Grunde ein kleines iPhone, mit dem man nicht telefonieren kann und keine SIM-Karte verwenden kann, dass aber mit Bluetooth und Wlan Kontakt zur Außenwelt herstellen kann.

Die iPhone-Evolution

Und manchmal ist es schön, wenn das nicht geht. Der originale iPod wie auch Nano und Shuffle waren Musikabspielgeräte in direkter Linie abstammend von der Idee des Grammophons, des Tonbands oder der CD. Musik und sonst nichts.

Per Stream oder auch in der Musikdatenbank lässt sich heute mit nahezu jedem Smartphone überall alles hören. Aber die Konzentration auf eine der Künste, die seit Jahrtausenden Menschen bewegt und berührt, zollte dieser Respekt. Musik verdient eine eigene Bühne, sollte nicht kämpfen mit der Aufmerksamkeit anderer Apps – und etwas stoppen, so wie es Spotify auf dem iPod touch tut, wenn man ein Foto machen möchte.

Das kurze Gastspiel eines reinen Spielers in der Technikhistorie der Musikwiedergabe wird schnell vergessen sein, so wie sich irgendwann keiner mehr erinnern wird, warum es einfache Kompaktkameras gegeben hat – oder reine Mobiltelefone.

Mit jeder Ära, die stirbt, kommt etwas Neues. Ein kurzes Innehalten, ein Moment des Würdigens einer Eigenschaft, die so verloren geht, sollte uns Musik dennoch wert sein.

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