CEO der Schmuckmarke Van Cleef & Arpels "Deutschland ist für Juwelenschmuck ein wichtigerer Markt geworden"

Nicholas Bos Quelle: Van Cleef & Van Arpels

Seit 1906 verkauft der Schmuckjuwelier Van Cleef & Arpels am Pariser Place Vendôme. Nun hat er die erste Boutique in Deutschland eröffnet. CEO Nicolas Bos erklärt, warum es so lange gedauert hat.

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WirtschaftsWoche: Herr Bos, Van Cleef & Arpels hat seinen Sitz am Place Vendome in Paris. Der Schmuck ist teuer und schillernd. Ihre Uhren haben oft ein augenzwinkerndes Element. Allein – in Deutschland ist die Marke nahezu unbekannt. Nun haben Sie auf einer der teuersten Einkaufsstraßen Deutschlands eine große Boutique eröffnet. Warum und wie wollen Sie die Marke bekannter machen?

Nicolas Bos: Das Warum wird leichter zu erklären sein... Wir sind ein französisches Haus, das die europäische Kultur einer Luxusmarke verinnerlicht hat. Und wir sind in der ganzen Welt präsent. Wir sind auf der Weltkarte der Metropolen, die für Luxus und Juwelen stehen, gut vertreten. Deutschland war da bislang ein weißer Fleck.

Warum erst jetzt?

Die Gründe dafür, dass wir so lange nicht in Deutschland vertreten waren, sind nicht wirklich rational. Historisch hatte Deutschland als Markt erstmal keine Priorität für ein Haus wie Van Cleef & Arpels mit seinem sehr aufwändigen, ja, flamboyanten Schmuck. Aber wir hatten nun seit einigen Jahren den Plan, im Sinne eines internationalen Netzwerks auch hier ein Standbein zu haben. Das ist nun mit der Boutique geschehen. Und München war von an Anfang an erste Wahl. Eines Tages werden wir sicher auch andere Standorte haben.

Die Welt von Van Cleef & Arpels
1895 heiratete Estelle Arpels – die Tochter eines Edelsteinhändlers – Alfred Van Cleef, den Sohn eines Edelsteinschleifers und Diamantenmaklers. 1906 eröffneten die beiden zusammen mit Estelles Brüdern – Charles, gefolgt von Julien und später Louis – die erste Van Cleef & Arpels Boutique am Place Vendôme in Paris. Von Beginn an ging es um Schmuckstücke, die Poesie und Kunsthandwerk eng verknüpfen sollten. Quelle: Van Cleef & Van Arpels
Das Armband Ludo Hexagone entstand im Jahre 1935. Zentrales Gestaltungselement sind die Achtecke. Quelle: Van Cleef & Van Arpels
Die Bezüge auf Einflüsse aus Indien, Ägypten, China, Japan und Persien datieren zurück bis ins Jahr 1920. Quelle: Van Cleef & Van Arpels
1935 entstand die Uhr der Kollektion Cadenas. Das schräg stehende Zifferblatt hilft der Trägerin, verstohlen und unbemerkt die Zeit zu erkennen. Getragen wurde sie unter anderem von der damaligen Herzogin von Windsor. Quelle: Van Cleef & Van Arpels
Seit den 20er Jahren spielten Schmetterlinge für den Juwelier eine wichtige Rolle. Sie sind wechselweise mit Holz, Lack, Emaille, Perlmutt oder Edelsteinen verziert. Quelle: Van Cleef & Van Arpels
Fabelwesen, getarntes Tier oder Blattwerk? Eine Tänzerin ist hier zu sehen. In den frühen 1940er Jahren entstanden bei Van Cleef & Arpels in New York die ersten weiblichen Figuren-Darstellungen des Hauses. Die aus Louis Arpels’ Leidenschaft für den Tanz hervorgegangenen Ballerina Broschen gehören zu den Standbeinen des Unternehmens. Quelle: Van Cleef & Van Arpels
Schatulle oder Box - das von VC&A verwendete Wort ist Minaudière (Launenhaftigkeit). Diese Box wurde 1933 geschaffen – inspiriert von der Amerikanerin Florence Jay Gould, der Ehefrau des Eisenbahnmagnaten Frank Jay Gould. Als diese ihre persönlichen Accessoires einfach in eine Metalldose warf, hatte Charles Arpels die Idee, eine verbesserte Version des damals sehr beliebten Vanity Case, einer Art Necessaire, zu kreieren: Spiegel, Lippenstift, Puderdose, Zigarettenspitze, Feuerzeug, Döschen für Pillen oder Süßigkeiten, Taschentuch, Tanzkarte, Operngläser und eine kleine versenkbare Uhr waren in diesem kostbaren Etui untergebracht. Quelle: Van Cleef & Van Arpels

Warum München?

Das ist die Stadt, in der historisch betrachtet, die Luxus-Marken am stärksten vertreten sind. Es ist die Mischung aus lokaler und überregionaler Kundschaft, die München auszeichnet. Es hat nur sehr lange gedauert, bis wir die passende Boutique hier in München gefunden haben. Auch, weil wir grundsätzlich nur sehr langfristige planen. Wir sind in Paris am Place Vendôme seit fast 115 Jahren, in New York am gleichen Ort seit mehr als 70 Jahren. Wenn wir irgendwo hin gehen, dann, um dort zu bleiben. Wir haben deswegen auch auf diesen speziellen Standort gewartet.

Die Maximilianstraße gehört neben dem Neuen Wall in Hamburg, der Düsseldorfer Königsallee oder der Stuttgarter Königsstraße zu den begehrtesten Lagen für Luxusmarken. Auch aus ihrem Mutterkonzern rangeln sich genug Marken um einen Platz hier. Mussten Sie sich gegen viel Konkurrenz durchsetzen?

Ja, das stimmt – guter Platz in Bestlagen ist sehr limitiert. Aber wir konkurrieren nicht mit finanziellen Mitteln. Wir kommen nicht in eine Stadt und sagen, wir zahlen, was es kostet. Es war ein sehr langer Prozess. Und es gab hier auch keinen Kampf innerhalb des Konzerns. Wir arbeiten dort zusammen. Und es gibt zwischen dem Vormieter, dem Juwelier Wempe und Richemont sehr gute Beziehungen. Nachdem sich Wempe hier einen anderen Standort gesichert hat, war das ein sehr eleganter Übergang. Wir mussten niemanden umbringen. Aber es war eines der am längsten dauernden Projekte, die wir im Vertrieb jemals gemacht haben.

Ist es für die Marke wichtig, hier in der Nähe der führenden Luxusmarken der Welt zu sein, um dem Kunden zu signalisieren, welchen Stellenwert Van Cleef & Arpels einnehmen möchte?

Da ist was dran. Wir sind eine bescheidene Marke, aber natürlich wissen wir um unsere Geschichte und unsere Fähigkeiten. Wir wissen von allen unseren Standorten, dass heutzutage Kunden ihre bevorzugten Marken in einem entsprechenden Umfeld sehen möchten. Oder in dieser Umgebung auch neue Marken entdecken. Luxus-Häuser müssen in der richtigen Lage sein, denn es erhöht ihre Glaubwürdigkeit, Legitimität und natürlich Sichtbarkeit.

Was nun zeichnet den deutschen Markt aus?

Er hat sich sicher für uns verändert. Er ist relevanter geworden. Wir haben angesichts der fehlenden Präsenz sicher ein Defizit bei der Bekanntheit der Marke. Gleichzeitig war der Markt immer etwas stärker als wir selbst angenommen hatten. Dieses Momentum wollen wir nutzen. Wir haben immer eine gute Resonanz von den Medien erlebt für unsere Produkte – obwohl wir hier nicht vertreten waren. Es gab natürlich immer Sammler, die dann unseren Schmuck und unsere Uhren in den Boutiquen in Paris oder London oder New York gekauft haben.

Uhren mit einem Augenzwinkern

Hat das allein den Ausschlag gegeben?

Nein, als wir vor einigen Jahren mit E-Commerce begannen, war der deutsche Markt von Beginn an stark vertreten. Die Deutschen waren die ersten Kunden. Die Rückmeldung war, dass die Marke bei denen, die sie kannten, beliebt war, aber viele eben doch nicht so oft in die Städte reisen, in denen wir Boutiquen vertreiben. Das war also ein guter Indikator. Zeitgleich begannen wir auf der Kunst- und Antiquitätenmesse Tefaf unsere Juwelen zu zeigen. Dort sind viele Sammler zugegen, denen wir unsere besonderen Einzelstücke präsentieren konnten – auch da erlebten wir eine gute Resonanz der deutschen Kunden. Wir haben also ausreichend Bestätigung dafür erhalten, dass sich ein stärkeres Engagement lohnt.

Das ist das Warum. Wie wollen Sie nun hier ihre Bekanntheit vergrößern?

Es wird vor allem Zeit brauchen, das ist uns klar. Wir sind nun sichtbarer. Wir brauchen sicher auch die Unterstützung einer umfassenden Strategie in der Kommunikation. Ich habe das Gefühl, dass der Name bekannt ist, die Menschen wissen, dass es uns gibt, aber noch nicht so genau, wofür wir stehen. Was steckt hinter dem Namen, was sind die Kollektionen. Das können Kunden nun unkompliziert vor Ort entdecken, wenn sie auf der Maximilianstraße unterwegs sind.

München und speziell die Maximilianstraße ist vor allem für die Kunden von Luxusmarken ein begehrtes Ziel. Wen wollen Sie hier vor allem ansprechen? Den nationalen oder den internationalen Kunden?

Beide. Ohne Frage. Ich glaube nicht, dass Boutiquen funktionieren, die nur auf Touristen setzen. Sie sind eine wichtige Komponente. Aber auch auf Märkten wie Mailand oder Paris, die als Reiseziel etabliert sind, benötigen sie einen starken einheimischen Markt. Es geht nicht das eine ohne das andere.

Aber ohne Touristen geht es auch nicht?

Nein. Und das gilt für Van Cleef & Arpels, insofern, dass wir in dieser Branche immer noch eine junge Marke sind. 1906 haben wir am Place Vendome die erste Boutique eröffnet. Einige unserer Wettbewerber waren da schon Jahrzehnte am Markt. Cartier zum Beispiel seit 1847. Einige sind aus dem 18. Jahrhundert. Wir waren historisch also nicht die Lieferanten von königlichen Familien wie einige andere Unternehmen. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Idee, mit den Monarchen in diskreten Salons zu handeln, an ihr Ende gekommen und die Ära des Reisens begann. Und an diese Klientel richten wir uns heute – eine Gruppe von Menschen, die weltweit mobil ist und Luxus, Qualität und Handwerk schätzt.

Neben Ihren aufwändigen Schmuckstücken präsentiert VC&A auf dem Genfer Uhrensalon stets Uhren mit einem gewissen Augenzwinkern. Das spricht für einen „good sense of humor“, obwohl es sich um eine französische Marke…

Und den haben wir Franzosen etwa nicht?

Sagen wir, dass das Land dafür weniger bekannt ist als für sein gutes Essen – ein Schicksal, dass es mit Deutschland übrigens teilt, das angeblich gar keinen Humor besitzt. Was ist die Idee dahinter?

Wir möchten den „good sense of humor“ damit auch nach Deutschland bringen… Nein, das ist natürlich nur ein Spaß. Aber wir haben unser eigenes Universum. Es gibt eine erzählerische Komponente in unseren Produkten, manchmal eben mit einer Spur Humor versehen – wenn auch vielleicht nicht auf die britische Art. Eine gewisse Leichtigkeit wohnt unseren Produkten inne. Sie sind jedoch nie ironisch, höchstens gönnen sie sich eine gewisse Naivität, Offenheit gegenüber der Welt. Sie sollen ein Lächeln im Gesicht haben, wenn Sie als Kunde sich mit unseren Stücken beschäftigen. Das ist nicht bei allen Schmuckstücken so, aber es ist eine der Komponenten unserer Philosophie und sicher eine, die wir in die Welt unserer Uhren einbinden wollen. Es geht immer um eine klare eigene Identität. Cartier hat sie. Bulgari hat sie. Wir haben sie.

Wie sieht sie aus?

Bei den Uhren ist es diese Verspieltheit, die ich ansprach, die sich aber auch in Geschichten über Emotionen ausdrückt. Als wir vor ein paar Jahren begonnen, unsere Uhrensparte neu auszurichten, war von Beginn an klar, dass es für einen Juwelier wie uns nicht darum gehen kann, einen weiteren Chronographen, eine weiter Fliegeruhr auf den Markt zu bringen. Wir haben allein in unserem Konzern genug Marken, die dieses Segment beherrschen von Vacheron Constantin bis Officine Panerai. Wenn wir beispielsweise eine neue Uhr mit einer Komplikation wie zum Beispiel der Darstellung des Sternensystems vorstellen, dann, weil wir vielleicht einen anderen Weg haben, die Stunde anzuzeigen. Das ergänzt dann das Angebot des Marktes.

Den Löwenanteil Ihres Umsatzes machen Sie jedoch. mit Juwelen und Schmuck. Uhren sind ein kleineres Geschäft. Wollen Sie das ändern?

Nein. Wir sind eine Schmuck- und Juwelen-Marke. Die Uhrenwelt ist eine eigene. Die sich überschneidet mit unserer. Uhren können eben auch Schmuck sein, ganz besonders wenn es darum geht, sie mit Edelsteinen und ungewöhnlichen Formen zu gestalten.

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