Luxus Wie Markus Scheer Schuhe für 5000 Euro verkauft

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Vom Studienabbrecher zum Schuhmacher

An diesem heißen Septembertag findet sich aber nur ein halbes Dutzend von ihnen in der Werkstatt, an der sich über die vergangenen Jahrzehnte nicht viel geändert hat. In der einen Ecke poliert eine junge Frau, gebeugt über einen niedrigen Holztisch, einen fertigen Schuh. In der anderen arbeitet ein tätowierter Hipster gerade an der Herstellung der Sohle. Viele von Scheers Mitarbeitern fanden erst spät zu ihrer Profession, studierten zunächst Architektur oder Soziologie, bevor sie mit ihrer Ausbildung begannen. Ob einer von ihnen den Laden übernehmen wird? Möglich. Aber auch Scheers 16-jährige Tochter zeigt Interesse. Aktuell geht sie noch in England zur Schule, nach ihrem Abschluss im kommenden Jahr will sie im Betrieb mithelfen. „Je älter ich werde, desto schöner finde ich den Gedanken, dass eines meiner fünf Kinder mal übernimmt“, sagt Scheer.

Der beste Massschuh der Welt. Quelle: Peter Rigaud

Um sich aber nicht von seinen Gefühlen leiten zu lassen, hat Scheer einen Beirat ins Leben gerufen. Dieser Kreis von sechs Leuten, zu dem unter anderem sein Steuerberater und Stammkunden gehören, beobachtet seine Kinder, Nichten und Neffen und Mitarbeiter, um zu einer Entscheidung im Sinne des Geschäfts beizutragen.

Bevor seine Kunden ein zweites Mal in die Bräunerstraße reisen, fertigen Scheer und sein Team einen Probeschuh an. Der kommt dem späteren Modell schon recht nahe, wird aber aus weniger hochwertigem Leder gefertigt. Anhand dessen wird die Passform bei der Anprobe perfektioniert, außerdem können jetzt noch Designänderungen vorgenommen werden. Es folgt die Herstellung des eigentlichen Schuhs. Dafür sind mehr als 60 Arbeitsstunden nötig. Nach rund drei Monaten reist der Kunde erneut nach Wien, zur finalen Anprobe. Handelt es sich um den ersten Maßschuh, wird eventuell noch ein vierter Termin vereinbart. Denn dass der Schuh sofort „wie angegossen“ passt, ist ein Irrtum. Auch die beste Maßanfertigung sitzt nicht immer sofort. Wohl aber zum guten Ende. Dann soll das Gehen im Scheer-Schuh fast so schön sein wie das Barfußlaufen.

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