Muhammad Ali Monument tragischer Würde

Muhammad Ali wird am 17. Januar 64 Jahre alt. In Wien ehren sie die Jahrhundertlegende des Sports.

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Muhammad Ali. Foto: dpa

HB BERLIN. Als die Parkinsonsche Krankheit ihm noch nicht die Sprache geraubt hatte, sagte Muhammad Ali einmal: „Ich möchte in Erinnerung bleiben als Schwarzer, der den Titel im Schwergewicht gewonnen hat, der humorvoll war und jeden gerecht behandelt hat. Als ein Mann, der nie auf die herabgesehen hat, die zu ihm aufgesehen haben, und der so vielen seines Volkes wie nur möglich geholfen hat – in ihrem Kampf um Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit.“ Jetzt, da Ali nicht mehr reden kann, spricht nur mehr der Mythos. Die Welt flicht ihm Kränze aus Worten sakraler Hochachtung, Lobeshymnen biblischen Ausmaßes, Erfurchts- und Liebesbekundungen. Sollte die Anzahl der über einen Menschen erschienenen Bücher ein Indikator für dessen Rang sein, so steht der charismatischste Sportler der Geschichte auch hier für sich. Mehr als durch eigenes Handeln wird einer zur Legende durch das Reden und Schreiben über ihn. „Muhammad Ali, schwarzer Prinz, seine Würde hatte er stets dabei. Und als sie zu enden schien in jener Nacht, da er seinen Weltmeistertitel verlor, klebte in der New Yorker U-Bahn-Station Broadway/Ecke 54. Straße ein Schild. Darauf stand nur: Ali lebt". Worte, die unter die Haut gehen, denkwürdige Sätze von einem denkwürdigen Mann: Josè Torres, in den 50er Jahren selbst Weltmeister im Halbschwergewicht, später Journalist und Schriftsteller, Verfasser der Biographie „Muhammad Ali – das Leben und die Kämpfe des größten Boxers aller Zeiten“. Cassius Marcellus Clay, geboren am 17. Januar 1942 in Louisville, Kentucky, Boxweltmeister im Schwergewicht seit 1964. Der vier Jahre zuvor, so die Legende, seine bei den Olympischen Spielen in Rom gewonnene Goldmedaille aus Protest gegen die Rassendiskriminierung in den Ohio River geworfen hatte, nachdem er aus einem den Weißen vorbehaltenen Restaurant verwiesen worden war – weil kein Gold der Welt und schon gar keine Olympische Medaille aus ihm etwas anderes machen könne, als einen „Nigger“. Der nun antrat, erst die Box- und dann die ganze Welt zu schockieren. Der bald in den Ring stieg, als sei er Krieger und Missionar in einem, Poet im Seilgeviert; brillanter Kämpfer mit schnellen Beinen und Fäusten gegen hoffnungslos unterlegende Gegner; dann, nach Bekanntgabe seines Übertritts zum Islam unter dem Namen Muhammad Ali gegen das amerikanische Establishment, dem er den Dienst mit der Waffe in Vietnam versagte – mit schnoddrig gereimten Versen, die wie ein Tritt in die patriotische Seele der Nation wirken mussten: „Ask me no matter how long, I ain´t got no quarrel with them Vietcong!“ (Fragt mich so lang ihr wollt, ich habe kein Problem mit den Vietcongs.) Die Rache der Staatsmacht dauerte länger als drei Jahre, in denen Ali nicht boxen durfte. Sein anschließender Triumph fiel in eine Epoche, da das amerikanische Desaster in Vietnam zum Trauma auswuchs und der Boxer zu einer Ikone des globalen Widerstands gegen den Krieg wurde. „Sie sind das Symbol einer Kraft, die man nicht zerstören kann, nämlich des erwachten Bewusstseins eines ganzen Volkes, das entschlossen ist, sich nicht länger abschlachten und demütigen zu lassen“, schrieb Bertrand Russel in einem Brief an Muhammad Ali. Worte des englischen Philosophen an einen Boxer!

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