Profitechnik erobert die Küchen Das Wettrüsten der Hobbyköche

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Mehrere tausend Euro Kaufpreis sind für Grills keine Seltenheit

Das kann schon mit dem ersten Kaffee am frühen Morgen beginnen. Was Gartechniken wie das Sous-Vide-Verfahren noch vor sich haben, hat die Zubereitung des Espressos oder Cappuccinos schon hinter sich. Espresso ist eine Emulsion aus Wasser und Fett – die nötigen Parameter exakt zu treffen, um einen kräftigen Espresso mit der typischen Crema zu bekommen, ist mit Vollautomaten oder gar fertig gemahlenem Kaffeepulver unmöglich.

Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass Siebträgermaschinen, wie sie früher nur südlich der Alpen in Bars zu finden waren, in einer auf Haushaltsgröße zusammengeschrumpften Größe einen Siegeszug angetreten haben.

Der Wunsch nach Perfektionierung macht bei der Zubereitung nicht Halt, sondern geht in einigen Bereichen bis zum Einkauf der Waren und der perfekten Vorbereitung weiter. Dry-Aging – das ist ein Verfahren des Fleischreifens, das lange in Vergessenheit geraten war und nun als Schlagwort der Steak-Liebhaber zieht. Das Fleisch wird bei niedriger Temperatur und einer bestimmten Luftfeuchte über Wochen, teils Monate im Kühlschrank aufgehängt. Dabei verliert es Wasser und gewinnt an Geschmack und Zartheit.

Ein hygienisch aufwändiges Unterfangen, das Abhängen ist eigentlich nur eine Sache für Profis. Doch der Wunsch nach der vollen Kontrolle von Wareneinkauf bis Servieren ist hier groß unter Amateuren. Ihnen bietet das Unternehmen Landig den Dry-Ager an – das ist wie ein Weinklimaschrank, nur für Steaks. Das Unternehmen hat nun eine kleine Variante vorgestellt, die zwar mit fast 2000 Euro kein Schnäppchen ist, aber mit Maßen von 90x60x60 in konventionellen Einbauküchen einen Platz finden kann.

Den Sprung in die Laien-Küchen hat ein anderes Gerät bereits geschafft. Ausgerechnet eine Wuppertaler Arbeitshilfe ist der technische Brückenschlag zwischen Amateur und Profi: Der Thermomix TM5. Die einen benutzen ihn als willfährigen Gehilfen im Alltag, die anderen als Spezialgerät für die Vorbereitung einzelner Stufen eines mehrgängigen Menüs. "Er steht für die Professionalisierung des Laien", sagt der Soziologe Tilman Allert über den den "Küchenporsche". Er steht in Privathaushalten ebenso wie den Küchen zahlreicher Sterneköche.

An deren Equipment wagen sich üblicherweise nur die Ehrgeizigsten heran. So wie den rund 3000 Euro teuren Pacojet aus der Schweiz. Eine unscheinbare Kiste, die mit ihrem Motor und den Klingen aus Behältern mit gefrorenen Massen Cremes hobeln kann.

Ein Gerät schickt sich gerade an, den Weg andersrum zu gehen – der Keramikgrill. Grillen und Barbecue sind in Deutschland schon länger aus der Würstchenecke in die Kategorie Grillsport gewechselt. Bei Meisterschaften wird alles mit Hitze von Kohle und Gas zubereitet, was nicht zu flüssig ist. Räuchern, tagelanges mildes Garen – die ambitioniertesten Grillexperten bereiten selbstverständlich auch ihre Desserts auf dem Rost zu. Das Marktvolumen ist von 800 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 1,3 Milliarden in 2017 gestiegen. Mehrere tausend Euro Kaufpreis sind für Grills keine Seltenheit mehr.

Dabei kommt häufig ein Keramikgrill zum Einsatz wie das Big Green Egg. Ein grünes Ungetüm, das je nach benötigter Rostfläche für Camping oder Party zwischen 17 und 192 Kilo wiegt. Die größte Version ist damit zwar geeignet für die Bewirtung ganzer Partys – aber für Profis kaum geeignet, wenn sie für ein Catering damit zum Gast fahren wollen. Da sind die Amateure den Profis einmal voraus.

Für Martin Zwick ist die Freude an der Zubereitung mit Profitechnik ungebrochen. Er liebäugelt mit einem Beefer - einem Gerät, das mittels Gas und Temperaturen das Fleisch mit bis zu 800 Grad Celsius grillt und die Außenhaut des Steaks so binnen kurzer Zeit karamellisiert. Eine Technik, die bis vor Kurzem nur in Steakrestaurants eingesetzt wurde.

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