Restaurants Die Milch, der Koch und seine Kuh Rosi

Milch statt Kaviar, Sellerie statt Trüffel - immer mehr Spitzenköche rücken aufwändig produzierte einfache Lebensmittel ins Rampenlicht.

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Es gibt Wein aus berühmten Einzellagen, Bier aus besonderem Hopfen oder Wasser aus Quellen in abgelegenen Regionen. Der norwegische Koch Esben Holmboe Bang hat Milch von Rosi. Rosi ist eine Kuh, die wie jede andere Milchkuh gemolken wird. Doch statt ihre Milch in einen Tank zu füllen, wo sie zusammen mit der Milch von all den anderen Kühen auf einem norwegischen Bauernhof gemischt wird, geht Rosis Tagesproduktion direkt und exklusiv an Esben Holmboe Bang.

Was Bang daraus macht, interessiert Gourmets und Restaurantkritiker aus aller Welt. Bangs Restaurant Maamo wurde vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichnet und mit Lob überschüttet: "Das Kochen wird zu einer Kunstform erhoben", schwärmen die Kritiker. Bevor der 1982 gebürtige Däne Ende 2010 sein Restaurant eröffnete machte er sich ein knappes Jahr auf die Suche nach den Produkten und ihren Produzenten, mit denen er seine Ideen einer Hochküche zu 100 Prozent aus Biolebensmitteln verwirklichen könnte. Erst die Zutat, dann das Handwerk.

Woher kommen unsere Lebensmittel? Diese Frage stellen immer mehr Köche, die ihr Tun nicht darauf beschränken wollen, eine knackige Möhre, einen frischen Fisch oder ein gut marmoriertes Stück Fleisch gekonnt zu sautieren, grillen oder schmoren. Sie suchen die Nähe zu denen, die ihre Zutaten herstellen.

Reichte es vor Jahrzehnten den Größen der Branche noch, ein gutes Verhältnis zum Großhändler aufzubauen, damit die die feinsten Schnittlauchhalme und größten Hummer in Kühlkisten vor die Küchentüre liefern, machen sich immer mehr Köche auf den Weg zu den Gemüsebauern, Tierzüchtern und Fischern, um persönliche Bindung aufzubauen. Statt zu ordern, entwickeln sie Lieferpläne, bitten um bestimmte Schnitte des Fleisch oder Liefermethoden - und sei es, dass der Fisch lebendig in dem Wasser geliefert wird, in dem er lebte.

Regional verankert

Für die striktesten Vertreter bedeutet das penible Ausarbeiten bestimmter Qualitätsmerkmale oft Beschränkung. Seit einigen Jahren setzt das Berliner Restaurant Nobelhart & Schmutzig mit dem Motto "Brutal lokal" ausschließlich auf Zutaten aus Berlin und dem Umland - mit all seinen Beschränkungen - Pfeffer und Olivenöl sind tabu. Dafür kennt Chefkoch Micha Schäfer jeden seiner Lieferanten und bespricht mit ihnen, welche Beschaffenheit er sich von den Zutaten wünscht. Auf dem Leistungsschau der Hochküche, der Chef-Sache, zeigte Schäfer deswegen auch nicht auf der Bühne, wie er dies oder jenes Gericht zubereitet, sondern interviewte einen seiner Lieferanten. Die Showküche blieb kalt.

Die Betonung der Regionalität ist dabei eigentlich ein alter Hut. Das Credo, möglichst viel von dem, was auf den Teller kommt, aus dem Umland zu beziehen, haben sich führende Köche in Deutschland schon lange auf die Fahnen geschrieben. Nur konnten sie oft auch wegen der Erwartung der Gäste an Spitzenküche nicht vollständig auf alles verzichten, was nach klassischer Schlemmerei klingt.

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