Spielsüchtiger Ante Sapina belastet Hoyzer

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der bereits inhaftierte Ante Sapina im Gerichtssaal im Landgericht in Berlin.

dpa BERLIN. Am zweiten Tag des Prozesses um Manipulationen im deutschen Fußball hat der Hauptangeklagte Ante Sapina Ex-Schiedsrichter Robert Hoyzer schwer belastet. „Was wäre es dir wert, wenn Paderborn am Wochenende gewinnt?“, habe ihn Hoyzer während einer feuchtfröhlichen Nacht im Café King gefragt, berichtete der 29-jährige Kroate. Der als Drahtzieher der Affäre um verschobene Spiele geltende Sapina ging auf das Angebot ein und zahlte dem Berliner Referee 8 000 Euro dafür, dass dieser im Regionalliga-Spiel des SC Paderborn gegen den Chemnitzer FC für die Halbzeitführung und den Sieg des Gastgeber sorgte. Die Machenschaften des kriminellen Duos wurden aber am 22. Mai 2004 durch Linienrichterin Inka Müller durchkreuzt, die mit ihrer Intervention einen von Hoyzer kurz vor der Halbzeit gegebenen Elfmeter beim Stand von 0:0 verhinderte. Die Wette platzte, und Hoyzer musste das schon eingestrichene Geld wieder zurückgeben. Ante Sapina erklärte dem Gericht auch, wie der Kontakt zu Hoyzer Anfang 2004 über seinen Cousin Tomislav Cirko, der auch bei Hertha BSC als Schiedsrichter tätig war, zu Stande gekommen war. Überraschend enthüllte der „Navigator“ zudem, dass ihm Hoyzer zuvor im angetrunkenen Zustand erzählt habe, schon Monate vor der ersten gemeinsamen Manipulation für ein Spiel des Chemnitzer FC gegen den FC Sachsen Leipzig Geld geboten bekommen zu haben. 5 000 Euro sollen Hoyzer demnach im November 2003 für einen Sieg der Leipziger, für die sein Vater Peter Hoyzer damals als Mannschaftsbetreuer arbeitete, angeboten worden sein. Während Hoyzer konzentriert die Auslassungen des Wettpaten verfolgte, nur hin und wieder schmunzelte, ging sein Anwalt Thomas Hermes vor dem Prozess-Saal schärfer mit dem Kroaten ins Gericht. „Ante stellt alles so dar, als ob ihn Hoyzer fast zur Manipulation gedrängt hätte. Diese Darstellung überrascht uns nicht, aber von Robert Hoyzer werden sie an den kommenden Tagen eine andere Version hören.“ Ante Sapinas Anwalt Nicolas Becker hingegen konterte: „Ich bin der Meinung, dass er bemerkenswert freundlich mit Herrn Hoyzer umgegangen ist.“ Offensichtlich war am zweiten Prozesstag auch das Bestreben Ante Sapinas, seine Brüder Milan und Filip von allen Vorwürfen reinzuwaschen. „Milan ist in meinem Auftrag in die Türkei gefahren. Ich habe ihm aber nur so viel erzählt, wie er wissen musste“, sagte Ante Sapina. Sein Bruder sollte beobachten, wie Ankaragücü das Match der Süper Lig gegen Galatasaray Istanbul verliert, nachdem Ankara-Spieler Erhan Albayrak von den Kroaten mit 15 000 Euro bestochen worden war. Der mögliche Wettgewinn von 636 510 Euro blieb aber aus, da Albayrak nicht aufgestellt wurde. „Ich war sehr frustriert, dass es nicht geklappt hat. In solchen Fällen, wenn es besonders weh tat, habe ich den Wettschein oft aufgehoben“, schilderte Ante Sapina. Für eine weitere Überraschung sorgte Ante Sapina am Ende des Prozesstages mit der Bemerkung: „Ich habe den Porsche, den ich nur einen Tag fahren durfte, an die Justiz übergeben. Ich möchte damit jetzt endlich diese Dinge abschließen.“ Das am 19. Januar zugelassene Gefährt im Wert von mehr als 170 000 Euro war während seiner seit dem 28. Januar dauernden Untersuchungshaft nicht mehr aufgetaucht. Indes waren auf den Konten Sapinas fast zwei Mill. Euro beschlagnahmt worden. Ein vom Gericht auf Antrag der Verteidigung zugelassenes vorläufiges psychiatrisches Gutachten hat Ante Sapina inzwischen als „pathologischen Spieler“ ausgewiesen. Spielsucht gilt seit 1990 als anerkannte Suchtkrankheit und könnte bei Anerkennung durch das Gericht zu einer verminderten Schuldfähigkeit führen. „Suchtkranke Spieler vernachlässigen ihr soziales Umfeld und ihren Beruf. Sie können nichts anders mehr machen als spielen“, erklärte Werner Platz, der Direktor der Vivantes-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Zu Einzelheiten des Gutachtens wollte sich der Berliner Suchtexperte, der den Prozess beobachtet und auch das abschließende Gutachten erstellen wird, nicht äußern.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%