Herr Brönner, wären Sie damit einverstanden, sich als erfolgreichsten Jazzmusiker Deutschlands, wenn nicht gar Europas bezeichnen zu lassen?
Das wäre dann okay, wenn es sinnvoll nachzuweisen wäre. Es müsste im Bereich des Objektiven liegen. Und ich habe mir auch nie die Mühe gemacht, es auf irgendeine Art herauszufinden. Aus dem Stegreif würde ich aber auch auf eine Handvoll Musiker kommen, denen ich diesen Superlativ eher zutrauen würde. Insofern: Nein.
An welchen Kriterien würden Sie selber Ihren Erfolg als Jazzmusiker festmachen?
Da ich mir die Frage nicht stelle – keine Ahnung. Die Worte Erfolg und Jazz passen für mich per Se nicht gut zusammen. Es ist immer schwierig bei sogenannter Kunst über Erfolg zu sprechen. Das würde Ihnen auch ein Maler wie Neo Rauch nicht beantworten – der will auch über etwas anderes reden
Zur Person
Der Trompeter Till Brönner ist in Viersen geboren und in Bonn aufgewachsen. Nach dem Musikstudium in Köln spielte er in der Rias Big Band. Sein erstes Album erschien 1993, eine zeitlang trat er mit Stefan Raab zusammen in dessen Sendung auf Viva in der Sendung Vivavision auf. Im April 2016 wurde Till Brönner auf Einladung von US-Präsident Barack Obama ins Weiße Haus eingeladen, um als einziger Jazzkünstler aus dem deutschsprachigen Raum mit 45 internationalen Kollegen den International Jazz Day der UNESCO mit einem Konzert zu feiern. Neben seiner erfolgreichen musikalischen Tätigkeit arbeitet er auch als Fotograf. Er wohnt in Berlin und Los Angeles.
Wir müssen aber ein wenig über Erfolg reden, denn immerhin sind Sie prominent genug, um für Unternehmen als Werbefigur aufzutreten – das hat nur Sinn, wenn Sie als Imageträger und Vorbild wahrgenommen werden.
Ja, diese Symbiose ist da. Aber wir leben in einer Zeit, in der es nicht nötig ist, drumrum zu reden, dass meine Tätigkeit auch eine wirtschaftliche Kooperation ist. Zeitgleich erkennen wir, dass unglaubwürdige Kooperationen heutzutage nicht sehr erfolgreich sind. Es wird zwar sehr viel Geld ausgegeben, aber ich staune über Konstellationen auf dem Markt zwischen Protagonist und Marke, die ich für unsinnig halte, für die aber trotzdem offenbar Geld ausgegeben wird. In unserem Falle – also der Kooperation dem Herrenausstatter Eduard Dressler und mir – gibt es diese Schnittmenge aber.
Worin besteht die?
Beide Seiten halten Handwerk und Tradition für unverzichtbar, um neue Wege zu gehen. Es gibt Konstanten, die unsere Systeme miteinander verbinden. Diese geben uns die Basis eine Geschichte zu erzählen, die den Menschen, in diesem Falle den Mann, in den Mittelpunkt stellt.
Der Bezug zum Anzug erstaunt zunächst, gilt doch der Jazz auch bei der Bekleidung als die Chance, sich abzuheben, von den funkelnden Kostümen des Pianisten Sun Ra bis zum Laborkittel des Trompeters Lester Bowie. Sie haben früh in Ihrer Karriere bei der Rias-Big-Band im Smoking gespielt, Ihre eigenen Konzerte Anfang 2000 im Hemd und später im Sakko. Was ist passiert?
Die Hemdphase war eigentlich die Ausnahme. Ich habe im Anzug begonnen und spiele überwiegend im Anzug. Für ein Album „That Summer“ haben wir im Rahmen der Kampagne beschlossen, es etwas legerer anzugehen. Jetzt aber lasse ich mir meine Sakkos so anpassen, dass sie auch gut sitzen, wenn ich beide Arme zum Trompete spielen anhebe – da soll dann nichts verrutschen.
Das klingt recht förmlich.
Ein Anzug kann durchaus leger sein – vor allem ohne Krawatte. Ich bin kein Krawatten-Typ. Das habe ich am Anfang mal gemacht – das funktioniert bei mir aber schon mit der Atmung nicht. Auch wenn ich eine Sammlung von 500 Krawatten habe – sie gefallen mir, aber ich trage sie nie.
Jazz gilt als die Musik, die die Individualität des Musikers ins Zentrum rückt. Dazu passt doch eigentlich das Uniforme, Nivellierende eines Anzugs nicht – oder schon gerade wieder deswegen, weil ihn sonst keiner trägt?
Das könnte man meinen, bleibt für mich aber an der Oberfläche. Der Jazzmusiker, der mittels der Kleidung unterstreichen muss, wie hip oder extrovertiert er ist, der ist sich zwar vielleicht selber recht nahe, hätte das aber vermutlich nicht nötig. Und ich bin Fan davon, nicht von der Musik abzulenken. Wenn die Menschen sich vor allem mit meinem Äußeren, beispielsweise einem gelben Anzug, auseinandersetzen, ich aber meine Töne nicht bewerkstelligt bekomme, habe ich da auch nicht viel von. Dann wäre ich nur der Typ im gelben Anzug. Wenn ich Miles Davis bin – dann geht das. Zu mir passt der klassische Anzug.