Werner knallhart

Wir brauchen coolere Smartphone-Regeln

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Handy-Ruhezone ist was für Grundschüler

Unterm Strich sind die schlimmsten Handy-Marotten erledigt, würde ich sagen.

Was ist dann aber mit diesen telefonfreien Zonen? Also, ich habe noch nie feststellen können, dass eine Zugfahrt in der ICE-Ruhezone ruhiger ist als in der mit dem Handy-Symbol.

Umgekehrt: Wenn nicht gerade eine besoffene Horde hormongeschwängerter Hooligans vom Auswärtsspiel heimfährt, ist es auch in den Handyzonen meist sehr leise. Weil grundsätzlich unter sich fremden Menschen in Europa gilt: Spiel dich nicht so in den Vordergrund.

Und ich kann auch nicht verstehen, dass Fluggesellschaften wie die Lufthansa sinngemäß sagen: Bei uns an Bord gerne SMS und Internet. Aber keine Sprachtelefonie. Unsere Kunden wollen an Bord ihre Ruhe haben.

Acht goldene Smartphone-Regeln fürs Büro
Nutzen Sie eine Grußformel und sagen Sie ihren vollen Namen. Wenn Sie nur ihren Vornamen nennen, könnte das zu informell wirken; nur der Nachname könnte zu abrupt wirken.Quelle: Business Insider Quelle: Handelsblatt Online
Manche Leute wissen einfach nicht wie laut sie sind, besonders wenn sie sich auf die Person am anderen Ende der Leitung konzentrieren. Seien Sie sich ihrer Umgebung bewusst. Sie wissen nie genau, wer ihrem Gespräch lauscht. Quelle: Handelsblatt Online
Wenn Sie einen Anruf annehmen, zeigen Sie den Personen, die sie gerade tatsächlich treffen, dass jemand anderes ihre Aufmerksamkeit mehr verdient als sie. Wenn Sie einen wichtigen Anruf erwarten, der nicht verschoben werden kann, sollten Sie dies den Leuten, die Sie treffen, vorher mitteilen. Quelle: Handelsblatt Online
Andernfalls zeigen Sie den Personen, die Sie treffen, dass sie Ihre Zeit nicht verdient haben. Selbst wenn Sie nicht ans Telefon gehen, kann dies eine Ablenkung sein. Quelle: Handelsblatt Online
Wenn Sie sich mitten in einem Meeting oder einer Konferenz befinden, ist es unhöflich, wenn Ihr Handy klingelt und Sie so den Redner unterbrechen. Stellen Sie ihr Smartphone auf lautlos oder schalten Sie es gleich ganz aus. Quelle: Handelsblatt Online
Wollen Sie wirklich, dass ihre Kollegen laute Musik aus ihrem Smartphone wummern hören, während Sie verzweifelt versuchen, es auszustellen? Bedenken Sie ihren Klingelton, und überlegen Sie sich, wie andere darauf reagieren könnten. Quelle: Handelsblatt Online
Wenn Sie ihr Handy auf Lautsprecher stellen müssen, lassen Sie ihrem Gesprächspartner wissen, falls sich jemand in ihrer Nähe befindet. Quelle: Handelsblatt Online

Ich habe mich mal aus reiner professioneller Neugier probeweise über die Lufthansa-Regeln hinweggesetzt und habe per Facetime über das Internet und mit Headset eine Bildtelefonie mit meiner Schwester und meinen Nichten gemacht. Ergebnis: Vor allem meine Nichten waren ganz entzückt und nach einigen Minuten fragte mich mein Sitznachbar: „Hä? Sprichst du mit mir?“ Er hatte vor lauter Turbinenlärm anfangs nicht einmal gehört, dass ich überhaupt mit der anderen Seite der Welt am Quatschen war.

Ich schlage folgende simple Regel im Flugzeug vor: „Telefonieren Sie bitte in Zimmerlautstärke.“ Fertig. Wer sich nicht dran hält, wird vom Bordpersonal zusammengeschissen. So wie es auch üblich ist, wenn man sich an Bord nicht hinsetzt und anschnallt, wenn es sein muss. Aber vielleicht haben die Fluggesellschaften in Wirklichkeit ja einfach Angst, dass ihre Internet-Verbindungen der Datenflut nicht gewachsen sind.

Der Griff zum Handy im Restaurant: wirklich so schlimm?

Bleibt der von Technikfeinden als die Handy-Ursünde verschriene Blick aufs Handy beim romantischen Dinner zu zweit. Ich sag Ihnen mal, was unhöflich ist: Sich am Esstisch die Nase zu putzen. In fast allen Kulturen ist das ein 1-A-Stimmungskiller. Aber solange wir uns in Deutschland am Esstisch die Nase putzen, kann man im Gegenzug gar nicht oft genug aufs Handy gucken. Das ist hygienischer und oft auch informativer.

Aber auch ohne Naseputzen: Das Smartphone gehört zu den Unterwegsutensilien wie Schlüssel und Portemonnaie. Und wenn es in der Hose vibriert, wird man nunmal neugierig.

Ja, es dann raus zu ziehen und die Nachrichten auf dem Startbildschirm zu überfliegen, kann dann genauso unpassend sein, wie mitten im Satz des Gegenübers das Thema zu wechseln („Merk dir, was du sagen wolltest…“), oder mit Leuten am Nachbartisch zu flirten. Manchmal kommt der Blick aufs Handy aber genau richtig. So wie es eben auch den richtigen Moment zum Themenwechsel gibt („Kannst du meinem Ex bitte ausrichten, dass-“ - Ey, guck mal hier, ein kleiner Krebs in der Muschel!“), und im dramatischsten Fall sogar den richtigen Moment, um bei einem anfangs noch romantischen Dinner anzufangen, mit dem Nebentisch zu flirten.

Hören wir also auf, uns am Esstisch die Nase zu putzen. Und verteufeln wir nicht das Telefon beim romantischen Essen. Liest der andere lieber ewig seine Nachrichten, wird wahrscheinlich sowieso nichts mehr draus.

Die Sehnsucht nach der handyfreien Zone war noch nie so groß wie heute. Wellnesshotels und Klöster bieten Wege zum kompletten Abschalten. Doch das kann ziemlich anstrengend sein.
von Christopher Schwarz
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