Nach welchen Kriterien entscheiden Sie sich für einen Wein?
Wir lassen uns sehr gerne beraten. Auch auf die Gefahr hin, dass der dann doch keine Offenbarung ist. Beim Wein sollte man immer neugierig sein, immer experimentieren.
Insgesamt ist der Alkoholkonsum ja rückläufig, auch der Rausch an sich ist nicht mehr salonfähig.
Eindeutig. Aber das kommt unseren Weinen sehr entgegen.
Warum?
Weil die nicht so viel Alkohol haben. Das sind schlanke und mineralische Weine, keine Bomben. Nach einer Flasche Saarriesling mit einem dicken Kopf aufzuwachen ist schon eine Kunst.
Was darf, was muss, was kann auf einem Weinetikett stehen?
Auf Anhieb die einfachste Kategorie. Die Weingesetze schreiben den Produzenten recht genau vor, wann ihr Wein eine der verschiedenen Einordnungen erfüllt und damit auf dem Etikett bezeichnet wird. Eine Spätlese muss bestimmte Bedingungen erfüllen, wie Termin der Lese. Oder das Most-Gewicht, oder auch Oechsle-Grad - vulgo: Zuckergehalt der Traube. Es kommt jedoch vor, dass renommierte Winzer Weine so ausbauen, dass sie den gesetzlichen Vorgaben genügen, aber für sie selbst die Spitze ihrer Erzeugnisse darstellen und deswegen keines der Prädikate tragen.
Wenn der Wein Prädikat trägt, wie zum Beispiel Kabinett oder Spätlese, dann ist oft vorgeschrieben, dass auch die Lage, aus der der Wein stammt, aufgeführt ist. Viele sehr bekannte Weinbergslagen in Deutschland werden von mehreren Winzern betrieben. Die Unterschiede in der Qualität kann dementsprechend sehr unterschiedlich ausfallen.
Wer hat den Wein in die Flasche gefüllt? Das erläutert die Angabe "Abfüller".
Die für den Laien am leichtesten zu verstehende und einzuordnende Angabe: Die des Alkoholgehalts. Er wird in Volumenprozent angegeben. Er rangiert von teilweise 6,5 bei edelsüßen Weinen bis 15,5, gar 16 Prozent bei Rotweinen meist aus Übersee.
Das ist die Angabe über die Menge des Weins. In Deutschland wird Wein in Flaschen von 0,375, 0,5, 0,75, 1, 1,5 und mehr Litern abgefüllt. Die größte Flasche mit 18 Litern trägt den Zusatznamen Melchior.
Besitzt ein Wein keine Amtliche Prüfungsnummer, wird eine Loskennzeichnung angegeben. Die erlaubt es, die Flasche einem Produzenten zuzuordnen.
Sie belegt, dass der Wein einer amtlichen Qualitätsprüfung unterzogen wurde. Die Produzenten beantragen diese, um den Wein als Qualitätswein deklarieren zu dürfen. Teil der Prüfung ist auch eine sensorische Prüfung. Dabei soll vermieden werden, dass fehlerhafte Weine als Qualitätsweine in den Handel kommen. In den vergangenen Jahren ist es dennoch immer wieder vorgekommen, dass Winzer mit ungewöhnlichen Weinen, die von Kritikern hoch gelobt werden, bei der Qualitätsprüfung durchfielen.
Wein darf mit Schwefel angereichert werden, damit er stabil reift. Versetzt der Winzer den Wein mit Schwefel, muss er dies auf dem Etikett deklarieren. In den vergangenen Jahren setzen jedoch vermehrt Winzer darauf, auf Schwefel zu verzichten.
iWird einer dieser beiden Stoffe dem Wein zugesetzt, dann muss das auf dem Etikett gekennzeichnet sein. Es handelt sich um eiweißhaltige Schönungsmitel zur Klärung von Weinen.
Haben Sie nicht gerne mal einen sitzen?
Aber nicht um den Preis des Kontrollverlusts. Und wenn Sie trinken wollen, um ordentlich einen sitzen zu haben, können Sie das billiger haben als mit gutem Wein.
Es geht ja darum, stilvoll einen sitzen zu haben.
Das ist ja die leichteste Arbeit, das können Sie über die Menge steuern. Wenn Sie zwei Flaschen von unserer Spätlese trinken, haben Sie ja immer noch weniger intus als mit einer Flasche Amarone, die zuweilen bei über 15 Prozent liegt. Gerade unseren leichten Weinen wird nachgesagt, dass nach der ersten schnell die zweite Flasche bestellt wird, weil die so schön unkompliziert sind, ohne trotzdem auf Raffinesse und Eleganz zu verzichten.
Im Gegensatz zum Rest der Weinbranche, meinen Sie?
Ich kann mich über Wein in die letzte Verästelung unterhalten. Doch ganz ehrlich: Sie können das auch bis ins Absurde übertreiben. Dabei weiß ein jeder, vom Anfänger bis zum önologischen Connaisseur, ob ihm der Wein schmeckt oder nicht.
Doch wenn der Wein besonders teuer ist, trauen sich die wenigsten, ihre ehrliche Meinung zu sagen.
Das mag sein. Gelegentlich wird zum Beispiel Russen nachgesagt, die rarsten Château Pétrus mit Cola aufzufüllen. Als ich mich einmal darüber mokierte, sagte mir ein Freund: Die Asiaten gucken auf uns herab, wenn wir Milch in den Tee gießen. Da soll jeder nach seiner Fasson selig werden.
Warum ist Wein kultivierter als anderer Alkohol?
Sie haben eine Bandbreite an Bearbeitung, an Aromen, an Faktoren, die auf den Wein wirken. Und beim Riesling, den wir hier ausschließlich anbauen, ist das noch mal vielschichtiger. Ich habe nichts gegen einen netten Grauburgunder, aber was Sie beim Riesling hier bei uns an Bandbreite und Geschmacksvariationen auf höchstem Niveau kriegen, ist enorm. Dieses Alleinstellungsmerkmal führte vor 100 Jahren dazu, dass speziell unsere Weine die teuersten der Welt waren.
Jauch betritt die Kelterhalle. Am Vortag wurden die Trauben der Lage Bockstein geerntet und gepresst. Der Saft ist erst wenige Stunden im Fass, als ein Mitarbeiter eine Probe abzapft. Goldgelber Traubenmost, aus Riesling, wie alle Weine von Günther Jauch. Die Kellerarbeit erledigt für ihn Andreas Barth, eine anerkannte Instanz in der Branche. Jauch kostet ein Probeglas, nickt seinem Mitarbeiter anerkennend zu. Der Saft ist so extraktreich, dass klar ist: Daraus wird ein großer Wein.
Die Fokussierung auf Riesling hat Tradition, wie so vieles im Betrieb: der Ausbau leichter Weine etwa, oder dass es in der Kollektion mindestens einen Wein geben muss, der erst nach Jahren richtig ausgereift ist. Solche Weine bringen nicht nur viel Anerkennung in Weinratings, sondern auch mehr Geld.