Logistik-Spezial Binnenhäfen kämpfen um jede Tonne Güter

Der Duisburger Hafen brummt. Mit seiner Lage und neuen Logistikangeboten kann der weltgrößte Binnenhafen punkten. Doch insgesamt profitiert die Binnenschifffahrt in Deutschland nicht von der steigenden Verkehrsnachfrage.

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Im Duisburger Hafen wurden im vergangenen Jahr mehr Güter umgeschlagen. Quelle: dpa

Duisburg/Düsseldorf 15 Meter hoch ragen die zwei Tanks in den trüben Duisburger Himmel. Facharbeiter montieren die letzten Teile. Die Großbehälter werden bald in der Getränkeindustrie zum Einsatz kommen. Hier im Duisburger Hafen erfolgt nicht nur die Endmontage, hier werden die Tanks anschließend auch verpackt und aufs Schiff verladen. Deutschlands größter Binnenhafen ist längst mehr als nur ein Umschlagplatz für Waren aus aller Welt, unter dem Markennamen „Duisport“ wird die ganze Palette an Logistikdienstleistungen angeboten.

Endmontage, Verpackung, Einlagerung und natürlich Versand. „Wir wollen eine geschlossene Kette an Leistungen anbieten“, sagt Jan Heitmann, Sprecher der Duisburger Hafen AG. Gleich neben den Tanks lagern vollständig verpackte Maschinen- und Anlagenteile. Nowosibirsk steht auf einer großen Holzkiste, die daneben ist für einen Kraftwerksbau in Südafrika bestimmt. Im vergangenen Jahr wurde sogar die indische Polarstation „Bharati“ in Einzelteilen angeliefert und zur Probe aufgebaut. Wieder verpackt wurden die Einzelteile dann von Duisburg aus ins ewige Eis verschifft.

Der Hafen Duisburg brummt. Für das Jahr 2011 meldete der weltgrößte Binnenhafen einen Gesamtgüterumschlag von 125,6 Millionen Tonnen. Ein Plus von gut zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon entfallen allerdings nur 51 Millionen Tonnen auf den Umschlag per Schiff (Vorjahr: 49 Millionen Tonnen). In den meisten Bereichen des Hafengeländes ist mittlerweile eine Verladung auf drei Verkehrsträger möglich. Schiene und vor allem die Straße spielen neben dem Fluss dementsprechend eine große Rolle.

Mit der Erweiterung um das ehemalige Areal des Krupp-Hüttenwerks in Duisburg-Rheinhausen, auf der dem Hafen gegenüberliegenden linksrheinischen Seite, hat die Gruppe zudem seit 1998 ein Logistikzentrum aufgebaut. Auf dem insgesamt 265 Hektar großen Gelände von „Logport“ ist nicht mehr viel Platz. 40 Unternehmen mit rund 4000 Arbeitsplätzen haben sich laut Hafenbetreiber bisher angesiedelt. Seit Januar baut Kühne + Nagel ein neues Logistikzentrum. Der Dienstleister betreibt dort in Zukunft für einen Konsumgüterkonzern ein Großlager und liefert Reinigungs- und Pflegemittel aus.


Duisburg ist ein Sonderfall

Mit seiner Entwicklung ist Duisburg allerdings ein Sonderfall unter den deutschen Binnenhäfen. Denn insgesamt ging die Beförderungsmenge der Binnenschifffahrt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2011 um 4,3 Prozent auf 220 Millionen Tonnen zurück. Bei der Transportleistung in Tonnenkilometern ist das Minus mit 10,6 Prozent sogar noch drastischer. Und das, obwohl die transportierte Gütermenge aller Verkehrsträger in Deutschland im Vorjahresvergleich um 6,5 Prozent gestiegen ist – das größte Plus seit 1994. Den höchsten Zuwachs hatte der Transport auf der Straße mit einem Plus von 7,7 Prozent. Auch der Güterverkehr auf der Schiene legte zu.

Das rückläufige Transportaufkommen der Binnenschifffahrt ist auch auf äußere Einflüsse wie die wochenlange Sperrung des Rheins nach der Tanker-Havarie an der Loreley im Januar 2011 und extremes Niedrigwasser wie im November zurückzuführen. „Die Beförderungsmenge wird sicherlich nicht jedes Jahr um zehn Prozent zurückgehen“, sagt auch Peter Rieken, der als Geschäftsführer der Firma Planco Consulting an der Verkehrsprognose 2030 für das Bundesverkehrsministerium mitarbeitet. Dennoch macht sich das Minus gerade bei kleineren Häfen bemerkbar. Denn in der Wirtschaftskrise 2009 brach der Güterumschlag laut dem Statistischen Bundesamt im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel ein.

Davon hat sich die Binnenschifffahrt bis heute noch nicht gänzlich erholt – und jetzt dazu ein weiteres Minus eingefahren. Vor allem die deutschen Häfen am Oberrhein und am Neckar hatten im vergangenen Jahr zu leiden. Der Mannheimer Hafen beispielsweise musste innerhalb eines Jahres einen Rückgang von mehr als 14 Prozent beim Güterumschlag verkraften.

In Duisburg ging es dagegen leicht aufwärts. Das besondere an „Duisport“ ist, dass er noch mehr als andere alle Verkehrsträger integriert. Zudem profitiert er von der Lage mitten im Ruhrgebiet und kurzen Wegen zu den großen Seehäfen Rotterdam und Antwerpen, Duisburg fungiert dabei oft als deren „Hinterlandstandort“. Seinen Hafen zeichne vor allem die „Netzwerkfunktion“ aus, sagt der Vorstandsvorsitzende Erich Staake.


Binnenschifffahrt profitiert nicht vom Verkehrswachstum

Wie wird sich das Geschäft der Binnenhäfen entwickeln? Wie kann sich die Binnenschifffahrt gegenüber den anderen Verkehrsträgern behaupten? Experten sind skeptisch, ob ein rascher Umschwung gelingt. Die Binnenschifffahrt konnte bis heute noch nicht von der steigenden Verkehrsnachfrage profitieren, schreibt Raimund Scheffler vom Institut für Verkehrswissenschaft der Universität Münster in einer Studie vom vergangenen Jahr.

Zwischen 2000 und 2008 sei die Verkehrsleistung um fünf Prozent zurückgegangen, während die aller Verkehrsträger an Land um 30 Prozent wuchs. „Wasserstraßen sind massenleistungsfähig und kostengünstig“, beurteilt Peter Rieken von Planco die Konkurrenzsituation mit den anderen Verkehrsträgern. „Bei häufigen Umschlägen der Güter wird der Kostenvorteil allerdings aufgefressen.“

Verkehrsforscher Scheffler sieht kaum Verlagerungspotenzial von Straße und Schiene auf Flüsse. Das könnte „nur bei stark zunehmenden Kapazitätsengpässen bei anderen Verkehrsträgern bestehen“. Und das, obwohl die europäische Verkehrspolitik der Binnenschifffahrt für die Zukunft einen hohen Stellenwert zumesse, so Scheffler weiter. Viel hängt in der Entwicklung aber auch von externen Faktoren ab. Der vorgezogene Atomausstieg und die damit verbundene sofortige Abschaltung von Kernkraftwerken hat beispielsweise den Kohletransport auf Schiffen angekurbelt. „Auch die Entscheidung, ob neue Kohlekraftwerke gebaut werden oder nicht, wird große Auswirkungen auf die Branche haben“, sagt Rieken voraus.

Für das aktuelle Jahr ist der Duisburger Hafen mit Prognosen deswegen auch zurückhaltend. Die Abschwächung der Weltwirtschaft werde es schwerer machen, das Niveau des Vorjahres zu erreichen, sagt Staake. Der Hafen-Chef setzt seine Hoffnungen neben dem Logistikpark „Logport“ auch auf den Umschlag von Containern. Im vergangenen Jahr wurden davon an acht Terminals 2,5 Millionen umgeschlagen. Zwei weitere Terminals sind in Planung. „Diese strategische Ausrichtung bietet Wachstumspotenziale bis sechs Millionen Standardcontainer“, sagt Staake.

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