Logistik Wann fahren Frachtschiffe ohne Kapitän?

Autos können es schon, Drohnen ebenfalls: Die autonome Fortbewegung auf dem Wasser ist für Forscher inzwischen mehr als nur eine Vision. Ein Umstand macht den Beteiligten aber bisher noch einen Strich durch die Rechnung.

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Selbstfahrendes Konzeptschiff „ReVolt“: 185 Kilometer Reichweite. Foto: DNV GL/dpa Quelle: picture alliance/dpa

Fluggeräte in Form von Drohnen führen unbemannt Krieg, auch Autos beherrschen das autonome Fahren bereits weitgehend und U-Bahnen transportieren tagtäglich Millionen Menschen, ohne dass diese einen Lokführer vermissten. Da liegt die Frage nahe, wann auch Frachtschiffe ihre Wege über die Weltmeere ohne Kapitän auf der Brücke zurücklegen. Und tatsächlich arbeiten agile Forscher längst an Käpt’n Computer. Das ist nur verständlich, wenn man bedenkt, dass zum einen Computersysteme wie Radar und Satelliten-Navigation schon heute die Kapitäne entscheidend unterstützen. Zum anderen wird der größte Teil der Unfälle auf hoher See durch menschliches Versagen verursacht. Und Argumente, wie etwa, dass vor allem im Maschinenraum ständig Wartungsarbeiten anfallen, können norwegische Forscher jetzt entkräften. Sie arbeiten nicht nur an einem autonom fahrenden Frachtschiff, sondern treiben es auch gleich elektrisch an.

ReVolt nennt sich das bisher lediglich als drei Meter langes Modell existierende Wassergefährt. Den Auftrag zur Erforschung der Möglichkeiten unbemannter Schifffahrt erteilte der deutsch-norwegische Technik-Dienstleister DNV GL. Nun wird in Oslo erkundet, wie weit man beim Thema Sicherheit und Effizienz gehen kann. Eines ist klar: Autonom fahrende Schiffe könnten präzise und unbeeinträchtigt von menschlichen Fehlern die Häfen ansteuern. Zudem hätten sie mehr Platz für Fracht, da Kajüten und Brücke nicht benötigt werden. Deshalb sieht ReVolt derzeit auch aus wie eine spitz zulaufende schwimmende Kiste.

Ein solches Transportschiff hätte nicht nur den Vorteil ohne Personal – und die damit verbundenen Kosten – unterwegs zu sein. Neben der größeren Ladefläche wären auch die technischen Betriebskosten niedriger, da der elektrische Antrieb mit einem deutlich höheren Wirkungsgrad arbeitet als ein herkömmlicher Dieselmotor. Auch die Wartungskosten würden bei einem Elektroantrieb niedriger ausfallen.

Geplant ist, ein Schiff wie das ReVolt, auf kurzen Strecken wie etwa entlang der norwegischen Küste einzusetzen. Dort könnten die Akkus des Schiffs bei jedem Stopp aufgeladen werden. Denn die Reichweite ist mit ungefähr 100 Seemeilen – gut 185 Kilometer – eher kurz. Dann muss das Schiff für vier Stunden an die Steckdose. Der Akku, so die Forscher, habe eine Kapazität von 3000 Kilowattstunden – so viel Strom verbraucht in etwa ein durchschnittlicher Zweipersonenhaushalts in Deutschland pro Jahr.

Konzipiert ist ReVolt als 60 Meter langes und 14,5 Meter breites Schiff. Damit könnte es rund 100 Standardcontainer (TEU) transportieren, aber auch andere Güter wie etwa Autos. Damit ist das Frachtschiff natürlich deutlich kleiner als herkömmliche Frachter. Da es möglichst energieeffizient fahren soll, wäre es auch nur mit einer Geschwindigkeit von sechs Knoten unterwegs. Große Containerschiffe messen bis zu 300 Meter und durchpflügen die Meere mit Geschwindigkeiten von bis zu 25 Knoten. Doch da ReVolt ohne Personal fährt, das normalerweise teuer ist, kann es sich mehr Zeit lassen. Berechnungen der Forscher zufolge könnte ReVolt über die Lebensdauer von 30 Jahren rund 27 Millionen Euro Betriebskosten sparen.

So innovativ und verlockend diese Entwicklung für die küstennahe Frachtschifffahrt auch sein mag, an einer Hürde könnte aber auch aller technischer Fortschritt noch scheitern: Das internationale Schifffahrtsrecht verbietet bisher unbemannte Frachter.

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