Makler-Präsident im Interview „Die Mängelliste bei Mietspiegeln ist lang“

Die Regierung will höhere Mieten verhindern und erschwert Immobilienmaklern das Geschäft. Der Makler-Lobbyist Jürgen Michael Schick spricht im Interview über die Branche und warnt Mieter vor einer Prozesslawine.

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Jürgen Michael Schick ist seit Mitte Juni neuer Präsident des IVD. Der Verband vertritt vor allen Dingen Makler, die derzeit politisch unter Druck stehen. Die Regierung hat das Bestellerprinzip abgeschafft – jetzt müssen nicht mehr Mieter den Makler bezahlen, sondern der Auftraggeber des Maklers. Außerdem erschwert die Mietpreisbremse das Geschäft. Schick ist selber Makler in Berlin, einem der ersten Märkte mit Preisbremse. Telefonisch gibt er eines seiner ersten Interviews in der neuen Funktion.

Herr Schick, für Makler gilt jetzt das Bestellerprinzip. Neuerdings muss der Auftraggeber die Courtage übernehmen. Wie hoch taxieren Sie die Verluste für Ihre Branche?
Das lässt sich bislang nicht ermitteln. Die Einbußen variieren stark nach Regionen und Märkten. Konkrete Prognosen wären jetzt unseriös.

Die Bundesregierung geht von Einbußen von 310 Millionen Euro aus. Bei rund 37.900 Maklern wären das rund 8200 Euro pro Makler.
Ich kann diese Zahl nicht bestätigen. Die Makler haben je nach Marktlage jetzt sehr unterschiedliche neue Vergütungsmodelle entwickelt. In strukturschwachen Regionen dürften Vermieter für eine erfolgreiche Vermittlung drei Monatsmieten zahlen, in normalen Märkten vielleicht zwei Monatsmieten. In Großstädten mit hoher Nachfrage dürfte es auch geringere Vergütungen geben. Solche Hochrechnungen sind doch für den Wahlkampf gemacht.

Wie das?
Offenbar gehen die großen Parteien vor allem davon aus, dass ihre Wähler zur Miete wohnen. Da wirkt eine Entlastung von mehr als 300 Millionen Euro natürlich populär. Letztlich ist das Bestellerprinzip aber vor allem ein Vermieterbelastungsgesetz.

Mieterverbände berichten von Vermeidungsstrategien. Wie können Makler beim Bestellerprinzip tricksen?
Uns sind keine Tricks bekannt.

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Einige Makler sollen Immobilien nur „beispielhaft“ inserieren. Interessenten müssen sich mit einem Auftragsformular an den Makler wenden. 
Das wäre gegen das Gesetz. Inserate müssen das Angebot deutlich wiedergeben. Wir raten unseren Mitgliedern dringend dazu, sich gesetzeskonform zu verhalten. Nicht nur wegen möglichen Bußgeldern von bis zu 25.000 Euro. Leidtragende sind übrigens auch die Mieter. Wir beobachten einen deutlichen Rückgang der Inserate. Das führt zu einem geringeren Angebot vor allem in nachfragestarken Regionen.

Im süddeutschen Markt grassieren „Servicegebühren“ für Veranstaltungstipps und „Hilfe bei allen technischen Fragen“. Dafür verlangen Makler schon mal zwei Monatsmieten. Was sollen Mieter tun, wenn sie solche Angebote sehen?
Das Gesetz ist klar. Solche Umgehungsversuche sind für Makler wirklich nicht empfehlenswert. Wenn einer unserer Mitglieder dabei wäre, können sich Mieter an uns wenden. Wir gehen der Sache dann nach.


„Die Mietpreisbremse löst eine Prozesslawine aus“

Sie möchten das Bestellerprinzip mit einer Verfassungsklage stoppen. Ein Eilantrag von zwei Maklern wurde bereits vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Wie sehen sie Ihre Erfolgsaussichten?
Sehr gut. Der Eilantrag allerdings war juristisch aussichtslos. Es ging um eine einstweilige Anordnung zum sofortigen Stopp des Bestellerprinzips, weil dieses existenzbedrohend sein sollte. Solche Entscheide gibt es aber nur, wenn es wirklich wichtig ist. Es geht aber nicht um Krieg und Frieden. Die Richter haben davon abgesehen, aber einen grundsätzlichen Prüfungsbedarf gesehen. Unsere Verfassungsbeschwerde ist jetzt vor Gericht anhängig. Uns geht es um die Frage, warum ein Makler einem Mietinteressenten keine Wohnung aus dem Bestand anbieten darf, selbst wenn der ihn bezahlen möchte, sondern nur in seinem Auftrag aktiv suchen darf. Sie wissen ja, eine Wohnung aus seinem Repertoire darf der Makler nicht mehr anbieten. Das ist lebensfremd. Wann es ein Urteil geben wird, können wir noch nicht sagen. 

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Noch immer kann jeder Makler werden, wenn er sich dazu berufen fühlt. Das wird sich bald ändern. Reicht das um den Ruf ihres Berufsstandes zu bessern?
Unser Verband hat seit neun Jahrzehnten die Einführung einer Ausbildung gefordert. Im Herbst 2015 ist es jetzt endlich soweit. Wer ein Gewerbe anmeldet, muss demnächst eine Prüfung der Handelskammer bestehen. Basis für diesen Sach-und Fachkundenachweis sind unter anderem Fragen aus den Bereichen Ökonomie, Immobilienrecht und Sachkenntnis über Immobilien.

Sind die Anforderungen hoch genug?
Nun ja, das eine Mindestqualifikation. Wir hätten uns mehr erhofft, etwa eine Prüfung nach Vorbild der Ausbildung zum Immobilienkaufmann, die drei Jahre dauert. Wir hätten gerne auch eine regelmäßigen Rezertifizierung nach drei Jahren, damit der Makler auf dem aktuellen Stand bleibt.

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