Gesundheit Burn-out: Gefahr für das Leben

Manager in einem Weltkonzern, Top-Gehalt, Yachturlaube: Frank Krause führt scheinbar das perfekte Leben. Doch dahinter lauert ein Burn-out. Seine Geschichte vom Notausstieg schildert er in seinem Buch, das die WirtschaftsWoche exklusiv in Auszügen druckt. Seine Bilanz: Wer einen Burn-out überwindet, bleibt ein Leben lang gefährdet.

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Frank Krause am See Quelle: Hardy Müller für WirtschaftsWoche

Ich passe nicht mehr zu dem Leben, das ich führe! Dieser Gedanke ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Schon während meiner Zeit als Unternehmensberater hatte ich das Gefühl, ausgebrannt zu sein. Ich fühlte mich wie in einem Jetlag, der nicht mehr zu Ende geht. Ich kam morgens müde ins Büro, wurde dünnhäutig, reizbar, konnte nicht mehr viele Menschen um mich herum ertragen.

Schon der bloße Gedanke an so etwas wie Glücklichsein machte mich aggressiv. Im Gespräch mit anderen war ich sarkastisch und zynisch, merkte das aber meist gar nicht und war verärgert, wenn andere mich darauf aufmerksam machten.

Es war mit etwa Ende 30, als ich spürte, dass ich sprichwörtlich außer Balance war. Da war ich seit zwölf Jahren im Beruf, erfolgreich, aber körperlich ausgepumpt.

Am Anfang dieses schleichenden Burn-out-Prozesses habe ich noch versucht, in meiner Freizeit nach ähnlichen Mechanismen zu leben wie im Job: Ich fiel in den berühmten Freizeitstress, fuhr ins Fitness-Center, wollte dort auch wieder Leistung bringen, setzte mich auch dort unter Druck. Ja, ich habe exzessiv Sport getrieben. Aber es half nichts.

Notbremse gezogen

Dann kam dieses Schlüsselerlebnis. Es war an einem Sonntag nach einer besonders stressigen Arbeitswoche. Ich hatte – wie so oft – fast nicht geschlafen und lag morgens gegen elf noch grübelnd im Bett. Mein Gehirn spielte dauernd einen anderen Film, eine Flut von negativen Bildern, gegen die ich mich nicht wehren konnte. Ich, der ich für das Lösen von Problemen bezahlt wurde, war offensichtlich unfähig, meine eigenen Probleme zu lösen.

Ich klappte mein Laptop auf, recherchierte unter dem Stichwort „Depression“ im Internet – und fand ein Forum zum Thema. Die Beiträge dort waren ein regelrechter Schock: Da diskutierten die anonymen Nutzer öffentlich über Selbstmord. „Scheiße“, dachte ich, „so weit kann es also kommen!“

Wenig später kam der Zusammenbruch. Ich kann mich auch an diesen Tag noch genau erinnern, es war ebenfalls ein Sonntagmorgen. Ich hatte plötzlich ein Gefühl von unerträglicher Enge in der Brust, dachte sofort an einen Herzinfarkt und bin in das nächste Krankenhaus gefahren. Der Arzt machte ein EKG, sagte mir aber, dass meine Symptome für Überarbeitung sprechen. Auch andere Mediziner bestätigten die Diagnose: Burn-out. Nichts ging mehr.

Ungefähr zwei Monate nach diesen Erlebnissen habe ich gekündigt. Ich sah einfach keinen anderen Ausweg. Ich fühlte, dass ich am Ende war. Es war wie der Nothalt eines ICE. Ich habe nur noch den roten Griff der Notbremse gesehen, und an dem habe ich gezogen.

Es war mein persönlicher Notstopp.

Nichts wie weg

In der Zeit nach meiner Kündigung habe ich zuerst krampfhaft überlegt, was ich als Nächstes beruflich tue. Es war wie eine Sucht, wie ein Verhalten, das sich längst verselbstständigt hat: Obwohl man den Prozess eigentlich gerade gewaltsam unterbrochen hat, kommt man nicht zur Ruhe, sondern denkt gleich wieder darüber nach, was man arbeiten könnte, wie es weitergehen muss. Ein Wahnsinn!

Diese Gedanken haben mich in den ersten Monaten ständig begleitet. Selbst in meiner größten Niedergeschlagenheit konnte ich nicht loslassen. Der Begriff „Workaholic“ trifft es wohl am besten: Ich arbeitete nicht mehr aus Freude oder für meine ökonomische Unabhängigkeit – ich war arbeitssüchtig.

Und mehr als früher noch bin ich heute davon überzeugt, dass es den meisten Burn-out-Opfern genauso ergeht. Sie sind krank. Dauerhaft. Aber nicht durch den Burn-out geworden, sondern vorher schon. Sie kompensieren persönliche Schwächen durch exzessives Arbeiten. Das wird man ein Leben lang nicht los. Wenn dann noch Perfektionismus dazu kommt, ist die Abwärtsspirale vorgezeichnet. Deshalb bringt es auch nichts, etwas Urlaub zu nehmen und danach weiterzumachen wie vorher. Man fällt nur in seine alte Sucht zurück. Wer einmal einen Burn-out hatte, der muss sein Leben ändern. Radikal und von Grund auf.

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