Gründer Immer mehr Ältere machen auf Unternehmer

Die meisten denken bei Gründern an Mitzwanziger, die das nächste Web-Ding hochziehen. Stimmt aber nicht. Zunehmend wagen Ältere den Sprung in die Selbstständigkeit. Sie profitieren von ihren Erfahrungen, stoßen aber auf unglaubliche Hürden.

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Heinz-Werner Etzkorn, Gründer von LaTherm Quelle: Gerald von Foris für WirtschaftsWoche

Ein Angestelltenleben voller Erfindungen und Erfolge lag hinter Heinz-Werner Etzkorn, als er beschloss, dass es so nicht weitergehen kann. Der Diplom-Physiker hatte als Entwickler für verschiedene Technologieunternehmen gearbeitet und in seinem Berufsleben mehr als 50 Patente angemeldet. Im Jahr 2007 erfüllte er sich einen Traum: Mit 58 Jahren gründete er ein Unternehmen. Die Idee von LaTherm: Abfallwärme von Industrieanlagen in Containern abtransportieren und damit größere Gebäude beheizen. Fortan musste sich Etzkorn allerdings fragen lassen, ob er nicht zu alt für ein solches Unterfangen sei. Von wegen, beharrte der Unternehmer, "mein Kopf taugt noch zu mehr als zum Unkrautjäten".

Junge Gründer sterben aus

Heinz-Werner Etzkorn sieht mit seinen graumelierten Haaren und dem dunklen Anzug nicht aus, wie man sich heutzutage einen Gründer vorstellt. "Jungunternehmer" weckt meistens die Assoziation von Menschen mit vollem Haar, Sneakers und buntem T-Shirt. Im Rampenlicht der Startup-Szene stehen Gründerpopstars wie Lars Hinrichs, der mit Xing ein Unternehmen aufbaute und an die Börse brachte, noch ehe er seinen 30. Geburtstag feierte.

Aber der Schein trügt: Junge Gründer werden immer seltener, wie der im April erschienene Deutschlandreport des Global Entrepreneurship Monitors (GEM) zeigt. Schon jetzt ist der Durchschnittsgründer hierzulande 41,5 Jahre alt. Etwa jeder Dritte ist sogar über 45, wie der aktuelle KfW-Gründungsmonitor zeigt. Ähnlich sieht es unter den High-Tech-Gründern aus: Ihr Durchschnittsalter stieg seit 1995 um mehr als 3 auf 41 Jahre, wie eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt. Der Titel der Studie trifft ins Schwarze: "Zum Mythos des jungen High-Tech-Gründers."

Jetzt oder nie!

Ein weiterer Mythos: Während Jüngere im Unternehmertum Chancen sehen, gründen Ältere nur dann, wenn ihnen nichts anderes übrig bleibt. Oft stimmt das Gegenteil: LaTherm-Gründer Heinz-Werner Etzkorn zum Beispiel hätte sich auch für eine Leitungsaufgabe entscheiden können, die ihm seine Geschäftspartner antrugen. Er wählte jedoch das Risiko.

Von wegen Mister Heavy Metal – Silber im Haar, Gold in den Zähnen, Blei in den Knochen. Für Ältere ist Unternehmertum attraktiver als ein vermeintlich fester Job. Und ein lohnender Karriereschritt: Arbeitgeber schätzen Bewerber, die ein Unternehmen aufgebaut haben, sagt Christine Stimpel von der Personalberatung Heidrick & Struggles. Zudem wollen viele der Silver Starter am Ende gar nicht mehr in die alten Hierarchien zurück. So belegt eine Umfrage des RKW Kompetenzzentrums unter 173 Gründern über 45 Jahren, dass sieben von acht Befragten die Selbstständigkeit als gute Alternative zum Angestelltenverhältnis sehen. „Viele ältere Gründer erfüllen sich mit einem eigenen Unternehmen einen lange gehegten Wunsch“, sagt RKW-Forscherin Anne Nitschke. Nur jeder Dritte gründet, um der Arbeitslosigkeit zu entfliehen, fast jeder Zweite dagegen, um endlich sein eigener Herr zu sein.

Unter älteren High-Tech-Gründern sind es laut ZEW sogar 77 Prozent, die sich für die Selbstständigkeit entscheiden, weil sie endlich selbstbestimmt arbeiten wollen oder eine Marktlücke erkennen. Motto: Jetzt oder nie!

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