Schlusswort

Gibt es in der Wirtschaft eine Verantwortung jenseits von Ergebnisverantwortung?

Donald Trump bezieht jede Position und keine. Das ist ein Mangel an moralischer Führung, der auch der Wirtschaft schadet.

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US-Präsident Donald Trump Quelle: AP

Wer auf vielen Seiten steht, steht auf keiner. Das mag man als opportunistisch geschickten Schachzug betrachten. Wer auf keiner Seite steht, tut ja niemandem weh. Ganz so einfach ist es aber nicht. Seit Tagen verläuft ein Riss durch die US-Wirtschaft, seit bei einem Aufmarsch von Ku-Klux-Klan und Neonazis in Charlottesville ein mutmaßlicher Rechtsextremist mit dem Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten gerast war, eine Frau getötet und mehrere Menschen verletzt hatte. US-Präsident Donald Trump weigerte sich, Position zu beziehen. Er sieht die Verantwortung „on many sides“.

Für CEOs gilt das Primat der Wirtschaft. US-Nobelpreisträger Milton Friedman hat das 1970 auf den Punkt gebracht: „The business of business is business.“ Gibt es in der Wirtschaft eine Verantwortung jenseits von Ergebnisverantwortung? Aus moralischer Perspektive muss das jede Chefin und jeder Chef für sich entscheiden. Aus systemischer Sicht lässt sich Friedmans Allsatz infrage stellen. Wer sich nicht gegen Gewalt und politischen Missbrauch positioniert, hält vielleicht Trump bei Laune, nicht aber die eigenen Kunden. Im Internet tobt ein Kampf um die Reaktionen auf Charlottesville. „Ich liebe Under Armour“, schreibt eine Kundin der Sportbekleidungsfirma. „Aber wenn der Chef im Beirat des Präsidenten bleibt, werde ich zum Nike-Girl.“ Kevin Plank, Gründer und CEO von Under Armour, verließ das Gremium dann auch. Ebenso wie die CEOs von Intel und Merck USA. Elon Musk und Disney-Chef Bob Iger sind schon draußen, seit Trump das Pariser Klimaabkommen gekündigt hat. So langsam beginnen die Topmanagerinnen und -manager zu verstehen, dass Appeasement, die wiederholte Beschwichtigung, bei Trump nicht weiterhilft.

Loyalität durch Zugehörigkeit, das funktioniert nicht bei diesem Präsidenten, der immer alles auf sich bezieht und wie ein politischer Egoshooter auf alles feuert, was ihm in die Quere kommt – völlig losgelöst von bislang aufgebauten Beziehungen. Das ist das Kernproblem mit Trump und seinen Ausfällen. Er stellt die „Licence to operate“, die Betriebslizenz von Unternehmen infrage, sobald es eine Meinungsverschiedenheit gibt. Beziehungsmanagement zwischen Unternehmen und Regierungschef wird zum Pokerspiel.

Kenneth Frazier, CEO von Merck USA, hat das deutlich gespürt. Er war der Erste, der auf Charlottesville mit Rückzug aus dem Trump-Beirat reagierte. Der Präsident bedachte ihn daraufhin mit zwei Tweets, in denen er das Geschäftsgebaren des Unternehmens und dessen „Beschiss“ mit zu hohen Medikamentenpreisen angriff.

Auf allen Seiten gleichzeitig sein, das klappt nicht. Die Wirtschaft steht aufseiten ihrer Kundinnen und Kunden. Und auf der Seite unternehmerischer Freiheit, die in den USA immer besonders ausgeprägt und für viele andere Länder Vorbild war. Trump ruiniert diese herausragende Tradition. Das ist moralisches und ökonomisches Versagen.

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