Nespresso im Hintertreffen Die Reimanns lassen George Clooney alt aussehen

Der Mega-Deal der deutschen Milliardärsfamilie Reimann mischt die Kaffeewelt auf. Für Platzhirsch Nestlé und seine Nespresso-Kapseln wird es nun auch in Europa eng. Analysten rechnen mit einem Preiskrieg.

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Nestlé könnte seine Kapsel-Vormacht verlieren. Quelle: ap

Doppelter Rückschlag für Nestlé am Markt für Kaffee-Kapseln. Der Plan, mit der Marke Nespresso den US-Markt zu erobern, geht bisher nicht wirklich auf. Und eine Übernahme, bei der zwei der größten Konkurrenten zueinander finden, wird Nestlé wahrscheinlich die weltweite Krone bei den Kapseln kosten.

Mit einem globalen Marktanteil von rund 28 Prozent bei portioniertem Kaffee dürfte der Schweizer Lebensmittelriese von der JAB Holding, der Investmentfirma der Familie Reimann, in den Schatten gestellt werden. Die deutsche Milliardärsfamilie will für rund 14 Milliarden Dollar den US-Anbieter Keurig Green Mountain übernehmen – und dürfte danach bei Kapseln einen Marktanteil von nahezu 41 Prozent haben. Das geht aus Berechnungen der Marktforscher von Euromonitor hervor.

Aufstrebende Konkurrenzsysteme und Nachahmer-Kapseln belasten das Umsatzwachstum von Nespresso, einem der profitabelsten Geschäftsbereiche von Nestlé.

Zwar dürfte sich JAB anfangs auf die Vormachtstellung in den USA konzentrieren. Doch die geplante Übernahme von Keurig erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Unternehmen es bald auch stärker auf Europa absehen könnte – und damit auf den Hauptmarkt von Nespresso. Das meint Alain Oberhuber, Analyst bei Main First Bank. „Mittelfristig wird es einen Preiskrieg geben", sagt er in einem Interview. „JAB präsentiert sich als aggressives Unternehmen.“

Für Nestlé ist das Kapselgeschäft ein wichtiger Ertragsbringer. Oberhuber schätzt, dass Nespresso und Dolce Gusto – die beiden wichtigsten Kaffee-Kapsel-Sparten von Nestle – eine operative Marge von rund 25 Prozent aufweisen, verglichen mit etwa 15 Prozent für den Konzern als Ganzes.

Keurig hatte der Übernahme durch eine Investorengruppe unter Führung von JAB Holding am Montag zugestimmt. Nach der Transaktion wird Keurig von der Börse genommen und als eigenständiges Unternehmen geführt, hieß es in einer Mitteilung. Das Management habe den Verkauf einstimmig gebilligt. Die Übernahme soll im ersten Quartal 2016 abgeschlossen sein.


Keurig-Maschinen auch in Europa

Minderheitsaktionäre bei der JAB-Gruppe sind unter anderem Mondelez International sowie Tochtergesellschaften von BDT Capital Partners. JAB war erst im Jahr 2012 mit Peet’s Coffee & Tea auf dem Kaffeemarkt eingestiegen. Das Unternehmen investierte mehr als 15 Milliarden Dollar in den Kauf von DE Master Blenders und fusionierte den Bereich später mit der Kaffeesparte von Mondelez International. Zu dem Kaffee-Konglomerat der Reimanns gehören bereist hetzt Marken wie Senseo, Tassimo und Jacobs.

Die Reimanns haben sich für den Deal Kreditfinanzierungen im Volumen von 6 Milliarden Dollar von Wall- Street-Banken gesichert, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Goldman Sachs, JP Morgan Chase und Morgan Stanley haben zugesichert, die Transaktion zu finanzieren, erklärten zwei informierte Personen. Die Banken wiederum wollen dafür interessierte institutionelle Kreditinvestoren und andere Banken am Markt für kreditfinanzierte Übernahmen finden, hieß es. Vertreter von JAB, Goldman Sachs, JP Morgan und Morgan Stanley wollten sich zu den Informationen nicht äußern.

Keurig liegt laut Euromonitor mit einem Marktanteil von 61 Prozent in Nordamerika weit vor Nestlé, das es lediglich auf 4 Prozent bringt.

Langfristig könnte JAB die Keurig-Kaffeemaschinen nach Europa bringen, meint auch Analyst Pablo Zuanic von der Susquehanna Financial Group. Deren Startpreis liegt in den USA bei 79,99 Dollar (etwa 72 Euro) - während das billigste Nestlé-Modell laut Angaben auf der US-Webseite 149 Dollar kostet.

Zuletzt hatte Nestlé versucht, die Beliebtheit in den USA zu steigern. Im Oktober zeigte das Unternehmen erstmals in dem Land Werbespots mit Hollywoodstar George Clooney.

„Nestle beginnt zu begreifen, dass sie ihre Denkweise ändern müssen“, sagt Analyst Jonny Forsyth von der Mintel Group. „Sie können sich nicht mehr länger nur auf Führerschaft verlassen. Es ist inzwischen viel mehr ein Kampf geworden.“

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