Panikverkäufe Weiterer Tag des Grauens für Eon und RWE

Panikverkäufe bei deutschen Versorgern: Anleger laufen in Scharen davon, die Aktienkurse brechen zeitweise um bis zu 13 Prozent ein. Eine Nachricht lässt die Investoren verzweifeln.

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Düsseldorf/Berlin Den Atomkraftwerk-Betreibern Eon und RWE laufen angesichts neuer Spekulationen über zusätzliche Milliardenlasten durch den Atomausstieg die Anleger in Scharen davon. Die ohnehin stark gebeutelten Aktienkurse brachen am Dienstag um bis zu 13 Prozent ein, nachdem „Spiegel Online“ ohne Angaben von Quellen berichtet hatte, dass die AKW-Rückstellungen der vier deutschen Atomkraftkonzerne um bis zu 30 Milliarden Euro zu niedrig seien. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach von „unverantwortlichen Spekulationen“. Es gebe weder ein Ergebnis des Stresstests der AKW-Rückstellungen noch einen Entwurf davon. „Die aktuellen Zahlenspiele sind keine Grundlage für unser konkretes politisches Handeln.“

Die vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragte Prüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton soll prüfen, ob die Rückstellungen der Versorger für den Abriss der Meiler und die Müllbeseitigung ausreichen. Kritiker von Eon & Co. bezweifeln das seit Jahren. Zudem seien die in laufenden Geschäften gebundenen Mittel im Fall einer Pleite der Versorger nicht sicher. Sie sollten daher in einen Fonds eingebracht werden. Die Bundesregierung will das prüfen.

Die „Rheinische Post“ berichtete unter Berufung auf Berliner Kreise, das dem Stresstest zufolge Eon neun bis zwölf Milliarden Euro fehlten und RWE 7,5 bis zehn Milliarden Euro. Eon hat bislang 16,6 Milliarden Euro zurückgelegt, RWE 10,4 Milliarden. Zusammen mit EnBW und Vattenfall sind es 38,6 Milliarden Euro. Eon, RWE und EnBW bekräftigten, dass ihre Rückstellungen ausreichend seien. Ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums bezeichnete die angebliche Lücke von 30 Milliarden Euro als „völlig unrealistisch“.

An der Börse warfen Anleger die Aktien der Versorger dennoch in hohem Bogen aus ihren Depots. Eon und RWE verloren zeitweise soviel wie seit Jahrzehnten nicht. RWE-Papiere fielen auf 10,18 Euro - den niedrigsten Stand seit über einem Vierteljahrhundert. Eon-Aktien waren mit 7,46 Euro so billig wie nie. Damit waren die beiden Stromerzeuger sowohl im Dax als auch im EuroStoxx50 die größten Verlierer. Durch den Ausverkauf bei den beiden Dax-Konzernen wurde innerhalb weniger Stunden ein Börsenwert von insgesamt 1,3 Milliarden Euro vernichtet. Seit Jahresbeginn schmolz die Marktkapitalisierung um rund 22 Milliarden Euro zusammen.

„Spiegel-Online“ hatte berichtet, die Prüfer seien auf den Fehlbetrag gekommen, da die Versorger bei ihren Rückstellungen mit zu positiven Zinserträgen rechneten. Auch dagegen verwahrten sich die Konzerne. „Der Entwurf enthält offenbar ein Szenario, bei dem mit einem negativen Realzins gerechnet wird und das so zu einer nicht realistischen Rückstellungssumme kommt“, erklärte Eon. Eine solche Annahme habe keinerlei Grundlage und sei nicht einmal vor dem Hintergrund des aktuellen Niedrigzinsniveaus plausibel. „In anderen europäischen Ländern werden Realzinsen von mehr als zwei Prozent bei den Kernenergie-Rückstellungen zu Grunde gelegt.“ Das bei Eon angesetzte Zinsniveau von real einem Prozent sei „sehr konservativ“.

Die Analysten von Bernstein erklärten ebenfalls, dass in dem Bericht offenbar der extremste Fall angenommen wurde. Dieser sei aus makro-ökonomischer Sicht unhaltbar. Auch RWE geht von einem Realzins von einem Prozent aus. Der Konzern berücksichtigt dabei nach eigener Aussage den Durchschnitt der Marktzinsen der vergangenen rund 25 Jahre und zieht davon die Inflationsrate ab. Die anhaltende Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre dürfte danach aber künftig immer stärker ins Gewicht fallen.

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