BGA contra DIHK Deutsche Wirtschaft streitet über Euro-Bonds

DIHK und der Exportverband BGA sehen den Aufschwung durch die Schuldenkrise bedroht. Für die Unternehmen werde es eng, argumentieren beide Verbände. Doch auf eine Antwort können sie sich auch nicht einigen.

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Lastwagen werden im Container Terminal Altenwerder im Hamburger Hafen beladen. Quelle: handelsblatt.com

Der Exportverband BGA warnt wegen der ungelösten Schuldenprobleme vor dem Abgleiten in die Wirtschaftskrise. „Wenn es uns nicht gelingt, die europäische Schuldenkrise in den Griff zu kriegen, sehe ich die Gefahr einer Rezession“, erklärte Verbandspräsident Anton Börner in Berlin. Dies könne im schlimmsten Fall zu einer weltweiten Depression führen. Die Politik müsse daher mit den sogenannten Euro-Bonds ein starkes Signal senden.

Voraussetzung für solche Gemeinschaftsanleihen sind nach Ansicht des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel (BGA) klare Bedingungen: So müssten die Euro-Länder eine Schuldenbremse in ihre Verfassung schreiben, die Arbeitsmärkte flexibilisieren und die berufliche Bildung verbessern. Sollte dagegen verstoßen werden, müssten die Länder ihr Stimmrecht in Europa verlieren. Deutschland und Frankreich müssten jetzt das Heft in die Hand nehmen und handeln. „Es bleiben uns nur noch ein paar Wochen“, warnte Börner.

Derzeit sei die Lage für die Wirtschaft und für die auch vom BGA vertretenen Dienstleister aber noch positiv. Der Dienstleistungsklima-Indikator habe noch einmal zugelegt, auch die Einschätzung der Geschäftslage sei noch einmal positiver geworden. Für die unternehmensnahen Dienstleister erwartet der Verband 2011 ein Wachstum von 4,5 Prozent, für 2012 von 2,5 Prozent.

Die Prognose für das gesamtwirtschaftliche Wachstum 2011 hob der BGA auf 2,0 Prozent von 1,75 Prozent an. Damit ist der BGA deutlich pessimistischer als andere Wirtschaftsverbände und die Bundesregierung. Kanzlerin Angela Merkel hatte für dieses Jahr von einem möglichen Wachstum von mehr als drei Prozent gesprochen.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag macht sich Sorgen über eine mögliche Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen in Deutschland und Europa, lehnt Euro-Bonds aber ab. DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann sagte dem Handelsblatt: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hielte ich Euro-Bonds für absolut kontraproduktiv." Sie würden die hoch verschuldeten Staaten geradezu zum Zurücklehnen auffordern. "Euro-Bonds kämen der Einladung gleich, weiter zu machen wie bisher. Dabei muss das Gegenteil geschehen", sagte Driftmann. Die betroffenen Länder müssten Anreize bekommen, aus eigener Kraft wieder Boden unter die Füße zu bekommen.

Driftmann kritisiert Krisenmanagement der Regierung

Kritik übte Driftmann am Krisenmanagement der Bundesregierung: "Die Wirtschaft ist von verlässlichen Rahmenbedingungen abhängig. Jede Unsicherheit stellt eine Belastung und damit eine potenzielle Wachstumsbremse dar", sagte Driftmann. In dieser Hinsicht sehe er Defizite der Bundesregierung. "Kanzlerin Angela Merkel muss nach einem klaren Kommunikationskonzept vorgehen. Daran hapert es", sagte Driftmann.

Als weiteres Beispiel für falsches Krisenmanagement nannte Driftmann den Beschluss der Regierung zum Atomausstieg: "Jeder kann nachvollziehen, aus welchen Gründen die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kernenergie will. Unklar ist aber, welcher Preis dafür zu zahlen ist", sagte Driftmann. Es müssten Wege und alternative Optionen klar benannt werden. "Dabei sind Netzsicherheit und Stromkosten ganz entscheidende Faktoren im Standortwettbewerb. All das habe ich in der Debatte um die Energiewende vermisst", sagte der DIHK-Präsident.

Mit Sorge betrachtet der DIHK die aktuelle Konjunkturentwicklung. . „Das muss man genau beobachten“, sagte DIHK-Außenhandelschef Volker Treier in Berlin. „Die letzten Wochen sind hier nicht wirklich ermutigend gewesen.“ Trotz des Aufschwungs hätten sich die Bedingungen in Deutschland nicht verbessert, obwohl es den Firmen generell besser gehe.

Dass die Unsicherheiten durch die Euro-Schuldenkrise nicht massiv durchgeschlagen haben in der Wirtschaft, ist laut Treier vor allem den Anleihenkäufen der EZB zu verdanken. „Hier wird eine Politik gemacht, die verhindert, dass es wieder zu einem abrupten Abschwung kommt“, sagte er. Die jüngsten Turbulenzen an den Börsen hätten die Realwirtschaft dagegen kaum beeinträchtigt. „Eine leichte Betroffenheit ist das“, sagte er. Größere Auswirkungen habe das aber im Moment nicht.

Seine Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft von rund 3,5 Prozent in diesem Jahr überarbeitet der DIHK derzeit nach den unerwartet schwachen Zahlen des zweiten Quartals. „Wir sind aktuell noch bei dreieinhalb“, sagte Treier. Sein Verband werde aber in Kürze mitteilen, ob er dabei bleibt oder nicht. Im nächsten Jahr werde das Wachstum auf alle Fälle schwächer ausfallen.

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