Analog-Technologie Dual-Plattenspieler sind wieder gut im Geschäft

Sein Durchhaltevermögen hat sich ausgezahlt: 27 Jahre nach der Markteinführung der CD verdient ein Unternehmer aus dem Schwarzwald wieder Geld mit Plattenspielern.

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Dual-Chef Fehrenbacher, Sohn Quelle: Ramesh Amruth für WirtschaftsWoche

Der Mann, der eine Nachkriegslegende der deutschen Unterhaltungsindustrie wiederbelebt hat, gibt sich wenig Mühe, an seinem eigenen Ruhm zu basteln. In einem grau verkleideten Fabrikgebäude, versteckt in einem Wohngebiet am Rande von Sankt Georgen im Schwarzwald, sitzt Alfred Fehrenbacher in einem weiß getünchten Büroraum mit grauem Linoleumboden. Von hier aus führt er einen Betrieb, den es im Download- und MP3-Zeitalter eigentlich gar nicht mehr geben dürfte.

Fehrenbacher hat sein halbes Leben beim einstigen Weltmarktführer Dual Plattenspieler zusammengeschraubt. Als das Unternehmen in den Achtzigerjahren Jahren von der japanischen Konkurrenz überholt wurde, musste er gehen. Doch Fehrenbacher konnte nicht vom Plattenspieler lassen. Zu Hause baute er weiter Tonarme und Plattenteller, zunächst als Zulieferer für andere Firmen. Als Dual dann vor der Insolvenz stand, da kaufte er die Firma einfach selbst.

Seitdem hat er es geschafft, sich in dieser Nische einzurichten. In den vergangenen Jahren wuchs der Absatz sogar kräftig. Heute gehört Fehrenbacher zu den drei größten Produzenten auf dem deutschen Markt – Dual-Geräte gibt es inzwischen wieder in vielen Fachgeschäften und beim Internet-Händler Amazon. Insgesamt gingen 2008 in Deutschland nach Angaben der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik 118.000 Geräte aller Marken über die Ladentische, innerhalb von fünf Jahren ist der Absatz um knapp 60 Prozent gestiegen. Fehrenbacher hat ein Produkt mit bewahrt, an dem die Jugenderinnerungen einer ganzen Generation hängen, er könnte der Heilsbringer von Wirtschaftswunder-Nostalgikern und Klangpuristen sein – doch er will nicht.

Mit zwei bis drei Jahren Geschäftsbetrieb gerechnet

„Ich habe Dual übernommen, weil ich es eigentlich abwickeln wollte“, sagt der 74-Jährige ungerührt. 1993 war das, der Betrieb hatte zu dieser Zeit bereits zweimal den Besitzer gewechselt; 1981 übernahm der französische Konzern Thomson Dual, 1988 ging Dual weiter an die Schneider Rundfunkwerke. 1993 wollte auch der bayrische Elektronikkonzern die defizitäre Produktion von Plattenspielern aufgeben. Nur Fehrenbacher glaubte nicht an das sofortige Ende der Technologie. Er dachte sich: Solange noch Menschen leben, die mit dem Plattenspieler aufgewachsen sind und nichts anderes kennen, werden sie auch noch bei Dual kaufen. Also übernahm er die Firma, reduzierte die Fertigung drastisch, machte aber weiter: „Ich habe mit zwei oder drei Jahren Geschäftsbetrieb gerechnet“, blickt Fehrenbacher zurück.

Zunächst sah alles so aus, als würde er mit der Prognose recht behalten. Innerhalb von wenigen Jahren sank die Verkaufsmenge von 35.000 auf 10.000. Doch dann kam es anders. Während die CD in den Neunzigerjahren den Massenmarkt dominierte, setzte unter Musikexperten eine stille Gegenbewegung ein. Nachdem in den Achtzigerjahren zunächst sogar große Komponisten wie Herbert von Karajan die CD als Klangwunder gepriesen hatten, kamen nun reihenweise Experten zu der Einsicht, dass die CD zwar praktischer sei, eine Schallplatte in ihrer Klangqualität jedoch letztlich nicht übertreffen könne. Wer noch einen Plattenspieler besaß, zögerte immer öfter, bevor er das Gerät ausrangierte. Kinder und Enkel retteten die Geräte vor der Verwertung — wenn auch nur, um damit ihr Wohnzimmer zu dekorieren.

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