Vor Weltfinanzgipfel Europäer wollen sich gemeinsam gegen Krise stemmen

Das Schlussbild des Vorbereitungstreffens der Europäer für den großen Weltfinanzgipfel in London war durchaus symbolisch. Einträchtig, wie in einer Schulklasse, saßen die Europäer heute in Berlin am langen Tisch, um ihre Position zur Bekämpfung der Krise zu formulieren, die die Welt erschüttert.

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Der niederländische Quelle: dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und dem britischen Premier Gordon Brown eingerahmt. Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero und Europas politischer Altmeister, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, bildeten die Kopfenden. Große Einigkeit wurde demonstriert. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, dazwischen platziert, brachte es auf den Punkt: „Wir sind komplett einer Meinung.“

Das Berliner Treffen war eine Etappe auf dem Weg zur neuen Weltfinanzordnung. Am 17. November vergangenen Jahres waren die größten Wirtschaftsnationen dazu aufgebrochen. Damals hatten die G20 - Länder wie China, Indien und Brasilien inklusive - die großen Überschriften formuliert, wie eine künftige Finanzarchitektur aussehen soll. Seitdem wird hinter den Kulissen verhandelt. Die Europäer in dem Konzert zogen nun in Berlin erste Bilanz und einigten sich auf eine „kraftvolle“ Position für das entscheidende Treffen in der britischen Hauptstadt Anfang April.

Merkel, die als Gastgeberin den Vorsitz in der Europa-Filiale der G20 übernommen hatte, war mit dem Erreichten zufrieden. Aber sie machte Druck: „London muss ein Erfolg werden.“ Ganz oben auf dem Forderungskatalog steht: Alle Finanzmärkte, -produkte und Marktteilnehmer müssen „lückenlos“ einer Aufsicht und Regulierung unterstellt werden. Die Formulierung ist schärfer als die von Washington, wo die einschränkenden Wörter „soweit erforderlich“ eingefügt worden waren. Es soll keine „weißen Flecken“ in der Überwachung von Banken, Hedgefonds und Rating-Agenturen geben.

Seit Washington haben die Marktturbulenzen zugenommen. Die Europäer in der G20-Runde gingen in Berlin zu offenen Drohungen über: Steueroasen soll das Wasser abgegraben werden. Bis London soll eine Liste der entsprechenden Länder erstellt werden. Dann dürften auch Deutschlands Nachbarn wie Liechtenstein oder die Schweiz an den Pranger gestellt werden. Die Schweizer Wirtschaftspresse wettert schon gegen die Pläne, in denen sogar von Sanktionen die Rede ist. Zur Harmonie an diesem trüben Tag in Berlin hatte beigetragen, dass die Gastgeber diesmal breit eingeladen hatten. Sarkozy hatte vor Washington ein ähnliches Treffen organisiert. Damals waren aber nur Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland erschienen. Das erzeugte viel Unmut. Kleinere Länder fühlten sich übergangen - aber auch die Spanier, die unter den Top 10 der Industrienationen rangieren.

Auch kleinere Länder am Tisch

Daraus hat Merkel gelernt - und kassierte allseits Lob. Allerdings könnte auch der europäische Burgfriede in den nächsten Monaten Belastungen ausgesetzt werden. In Merkels Zusammenfassung der Ergebnisse lautete eine Überschrift: „Akute Krisenbewältigung darf nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.“ Rettungspläne für einzelne Industriezweige dürften „keine unangemessenen einseitigen Vorteile enthalten“. Befragt, was das etwa für die Autobranche bedeute, verwies Merkel auf die EU-Kommission, die in Europa über den freien Wettbewerb wacht. Sie erinnerte aber vor allem an die USA und deren Programme.

Das ist wohl der wahre Hintergrund der europäischen Warnung aus Berlin vor zu viel Marktabschottung und Subventionen. Ein Thema versuchten die großen Europäer zu umschiffen: Die Lage einiger osteuropäischer Länder und der dortigen Banken. Das Gerücht von Zahlungsschwierigkeiten geht um. Nur indirekt machten die Teilnehmer deutlich, dass sie das Problem alarmiert. Die Mittel für den Internationalen Währungsfonds (IWF), der als Feuerwehr im Krisenfall einspringen müsste, sollen verdoppelt werden.

Nur an einer Stelle waren die Dame und die Herren nicht ganz auf Linie: Als Berlusconi meinte, dass es seinem Land eigentlich viel besser gehe als anderen, ließen Brown und Sarkozy die Augenbrauen hochschnellen. Merkel lächelte süffisant. Schließlich gehört Italien angesichts seiner enormen Schuldenlast und der Probleme an den Kreditmärkten durchaus zu den Sorgenkindern in der Euro-Zone.

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