BA-Vorstand Heinrich Alt Hartz-IV-Bürokratie kostet fünf Milliarden

Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA) Heinrich Alt über die überbordende Bürokratie im Hartz-IV-System.

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Heinrich Alt, Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Alt, das Bildungspaket für Hartz-IV-Kinder lässt sich nur umsetzen, wenn der Staat 1300 neue Stellen in den Jobcentern schafft. Kann ein Gesetz, das die Verwaltung derart aufbläht, gelungen sein? 

Alt: Immerhin geht es um mehr als zwei Millionen Kinder, die gefördert werden sollen. Diese Größenordnung relativiert die Zahl der Stellen ein wenig. Solange jedes Kind einen individuellen Anspruch auf Förderung erhalten soll, lässt sich das nicht anders organisieren: Die Eltern müssen einen Antrag stellen, die Jobcenter einen Bescheid schicken und Gutscheine ausgeben. Das verursacht nun mal einen gewissen Verwaltungsaufwand.

Aufgaben im Blick behalten

Um Nachhilfe und ein warmes Mittagessen zu organisieren, müssen die Jobcenter jetzt Verträge mit 35.000 Schulen und 50.000 Kindergärten schließen. Haben Sie eigentlich sonst nichts zu tun?

Unsere Kernaufgabe ist es, die Menschen wieder in eine existenzsichernde Beschäftigung zu bringen. Wir müssen tatsächlich darauf achten, dass uns diese Aufgabe nicht aus dem Blick gerät. Gerade in diesem Jahr ist der Arbeitsmarkt durch die günstige Konjunkturlage sehr aufnahmefähig. Daher müssen wir alles dafür tun, dass Menschen aus Hartz IV auf diesen Zug aufspringen können.

Ist das Bildungspaket, das derzeit im Vermittlungsausschuss diskutiert wird,  dann überhaupt sinnvoll?

Entscheidend ist, dass nicht die nächste Generation von Hartz-IV-Empfängern heranwächst. Das war immer unsere Sorge. So gesehen ist eine Förderung der Kinder sinnvoll. Allerdings könnte man in der Umsetzung vieles besser machen.

Was denn?

Vieles wird für uns leichter, wenn die Kommunen, die ja vor Ort mit ihren Jugendämtern präsent sind, eng mit uns kooperieren. Das ist noch nicht überall der Fall. Außerdem stand nicht genug Zeit zur Verfügung, um ein Kartensystem einzuführen. Mit einer Bildungskarte kann viel Bürokratie vermieden werden.

Jubiläum für Hartz IV Novellen

Sie kümmern sich in der BA um den Bürokratieabbau. Auf welche Vorgaben könnten die Jobcenter gut verzichten? 

Vor allem auf die Eile, in der Gesetze heute gemacht werden. In der Hektik passieren Fehler, die hinterher korrigiert werden müssen. Jede Gesetzesänderung verursacht aber wieder einen Rattenschwanz an Arbeit: Die Verwaltungen müssen IT-Systeme neu programmieren, Mitarbeiter und Kunden informieren, Merkblätter, Antragsvordrucke und Bescheide formulieren. Da wäre es fair, wenn der Gesetzgeber den Jobcentern dafür genug Zeit lassen würde, damit alles Hand und Fuß hat.

Die Hartz-Reform gibt es jetzt seit etwas mehr als sechs Jahren. Haben Sie schon mal alle Korrekturen gezählt? 

Ja, wir sind längst bei einem Jubiläum angekommen. Ende des vergangenen Jahres wurde die 50. Novelle verabschiedet... 

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