Gefahr für Banken Harvard-Ökonom warnt vor Immobilien-Crash in China

Noch vor wenigen Tagen hatte die chinesische Regierung den heiß gelaufenen Immobilienmarkt als eines der dringlichsten wirtschaftlichen Probleme des Landes bezeichnet. Der frühere IWF-Chefökonomen Kenneth Rogoff schätzt die Gefahr weitaus realer ein und fürchtet, dass der Zusammenbruch dieses Marktes bereits begonnen hat.

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HB PEKING. Der startende Kollaps werde dem Bankensystem zu schaffen machen, sagte der Harvard-Professor am Dienstag Bloomberg TV. Die Äußerungen lasteten auf den Aktienmärkten in Fernost. Rogoff ist einer der weltweit führenden Ökonomen. Anfang des Jahres war für einen Vorstandsposten in der US-Notenbank Federal Reserve im Gespräch.

Die Regierung in Peking erachtet den heiß gelaufenen Immobilienmarkt als eines der dringlichsten wirtschaftlichen Probleme des Landes. Angesichts des Booms versucht sie seit Jahresbeginn, die zuletzt massiv gestiegene Kreditvergabe einzudämmen. So hat etwa die Zentralbank die Mindestreserve-Anforderungen für Banken angehoben, um die gewaltige Liquidität zurückzufahren.

Aus Sorge vor Exzessen bei der Kreditvergabe verschärfte die Volksrepublik vor kurzem ihre Maßnahmen gegen einheimische Banken. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Montag, die Aufsichtsbehörden würden inzwischen auch außerbilanziellen Geschäften einen Riegel vorschieben. Mit dem Verkauf von Darlehen an Stiftungen hatten sich die Banken ein Schlupfloch geschaffen, durch das sie der staatlichen Begrenzung der Kreditvergabe entgehen konnten. Stiftungen verpacken bei diesen Geschäften Kredite in Vermögensanlageprodukte um, die höhere Renditen als ein Bankkonto abwerfen. Mit solchen Manövern kann das Geld zum Beispiel in den Immobiliensektor fließen - gerade hier möchte die Regierung in Peking jedoch bremsen, um eine konjunkturschädliche Überhitzung des Sektors zu verhindern.

Zuletzt reichte die verdeckte Kreditvergabe über die Stiftungen nach Angaben der Consulting-Firma Use-Trust schon fast an das Volumen der offenen Darlehensvergabe heran: Während im Mai offiziell 639,4 Mrd. Yuan an neuen Krediten vergeben wurden, flossen über den Stiftungskanal immerhin 614,9 Mrd. Yuan. Der staatliche Eingriff birgt laut Experten allerdings Gefahren: "Es könnte das Wachstum auf kurze Sicht empfindlich treffen", meint Charlene Chu von Fitch Ratings in Peking.

Andreas Rees von Unicredit sieht die Regierung vor einer schwierigen Gratwanderung: "Einerseits soll die Wirtschaft natürlich weiterhin ausreichend Kredite bekommen, andererseits muss eine Überhitzung unbedingt vermieden werden." Die Führung in Peking müsse die Lage stets genau beobachten und auf der Hut sein: "Je länger die Kreditvergabe dynamisch bleibt, desto größer ist das Risiko, dass es eine Überhitzung geben wird und die Behörden aggressiv dagegen vorgehen müssen."

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