Hochschulen Mehr Studienabbrecher durch Bachelor

Es ist eine Warnung für die Hochschulen, aber auch für die Wirtschaft: Immer mehr Studierende gerade in ingenieurs- und naturwissenschaftlichen Bachelor-Fächern brechen ihr Studium ab. Der Hauptgrund: Die neuen Studiengänge erhöhen den Prüfungsdruck.

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Studentenproteste in Berlin Quelle: dpa/dpaweb

Zu Zehntausenden gingen die Studenten in den vergangenen Monaten auf die Straße, um für bessere Bildung und gegen schlechte Studienbedingungen zu protestieren. Unter dem Eindruck der Demonstrationen von Hamburg bis Tübingen einigten sich die Länder noch vor Weihnachten darauf, die umstrittenen neuen Bachelor (BA)- und Master-Studiengänge zu reformieren.

Dass der Änderungsbedarf bei den Studiengängen tatsächlich hoch ist, zeigt eine neue Studie des Hochschulinformationssystems (HIS) im Auftrag des Bundesbildungsministeriums. Die deutsche Abbrecherquote sank mit nun 21 Prozent zwar insgesamt leicht im Vergleich zur letzten Studie und liegt im Mittelfeld der OECD-Länder. Doch gibt es zwischen alten und neuen Studiengängen erhebliche Unterschiede.

Die HIS-Forscher registrierten in den neuen Bachelor-Studiengängen deutlich höhere Abbrecherzahlen als in den alten Diplom- und Magisterfächern. An Universitäten liegt die BA-Abbrecherquote mit 25 Prozent fünf Prozentpunkte über dem Durchschnitt aller Studiengänge. An Fachhochschulen sieht die Lage noch deutlich schwieriger aus. Im Vergleich zum Durchschnitt von 22 Prozent beenden dort sogar 39 Prozent der BA-Studenten ihr Studium, bevor sie einen Abschluss in der Tasche haben.

Probleme bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern

Für die Wirtschaft ist das besonders alarmierend. Die hohen Quoten an den Fachhochschulen entstehen nämlich vor allem in den industrienahen technischen und naturwissenschaftlichen Fächern. Die Diagnose: Die Studienabbrecher scheiterten „weitaus häufiger an Leistungsproblemen und Prüfungsversagen“, so die Studie.  Dafür dürften „vor allem Veränderungen innerhalb der Hochschulen verantwortlich sein“.

Im Klartext heißt das: Die Umwälzungen des Bologna-Prozesses sorgen in vielen Fällen für gescheiterte akademische Karrieren. Statt neue Studiengänge passend zu den BA-Studiengängen zu entwerfen, wurden häufig die alten Diplom-Inhalte in kürzere Studiengänge gepresst - samt höherer Prüfungsdichte. Auf der Strecke blieben nun vor allem die leistungsschwächeren Studenten, die mit schlechteren Vorkenntnissen an die Unis kommen.

Die Ergebnisse sind weiterer Rückenwind für die Studenten und ihre Forderungen nach besser organisierten und weniger verschulten Lehrplänen. Für den Bund besteht weiter Handlungsbedarf: „Die Hochschulen müssen die Studieninhalte entsprechend anpassen, damit der Bologna-Prozess funktioniert“, fordert Helge Braun, der Parlamentarische Staatsekretär im Bundesbildungsministerium. Geht es nach dem Willen der Kultusminister der Länder, sollen die ersten neuen Vorgaben zur Entschlackung der Studiengänge bereits zum kommenden Sommersemester greifen.

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