Video-Ansprache Merkel bekräftigt "Nein" zum Mindestlohn

Angela Merkel wird kein Fan des gesetzlichen Mindestlohns mehr. In ihrer wöchentlichen Video-Botschaft spricht sich die Kanzlerin gegen diese Form der Regelung und für flächendeckende Tarifautonomie aus. Den Gewerkschaften dankte sie für ihren Beitrag zur Krisenbewältigung - und feiert den Triumph der Marktwirtschaft.

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Angela Merkel sagt

HB BERLIN. Vor dem DGB-Gewerkschaftstag gibt sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Ablehnung flächendeckender gesetzlicher Mindestlöhne unversöhnlich. "Ich glaube nicht, dass dies zielführend ist, aber stattdessen setze ich mich für eine starke Tarifautonomie ein", sagte Merkel in ihrem aktuellen Video-Podcast vom Samstag. Die Führung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) erwartet zum Auftakt am Sonntag von Merkel Antworten auf die Frage, wie die Finanzwirtschaft zur Bewältigung der Krise in die Pflicht genommen werden soll.

Beim 19. DGB-Gewerkschaftstag in Berlin steht neben dem Vorsitzenden Michael Sommer der gesamte Vorstand zur Wiederwahl. Ein zentrales Thema wird wieder der Ruf nach einem gesetzlichen Mindestlohn sein. Gefordert werden 8,50 Euro in der Stunde. Seit langem kritisieren die Gewerkschafter, dass mehr als eine Million Niedriglöhner auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind. In ihren Augen ist das eine milliardenschwere Subvention für Unternehmer aus Steuergeldern.

Merkel kündigte an, mit den Arbeitnehmervertretern auch über die Verlängerung der Kurzarbeit sowie die Streitthemen "Rente mit 67" und Gesundheitsreform sprechen zu wollen. Die Kanzlerin lobte angesichts moderater Tarifabschlüsse in den vergangenen Monaten ausdrücklich die Gewerkschaften. Sie hätten bei der Bewältigung der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise tatkräftig mitgeholfen und verantwortungsbewusst gehandelt. Um den Fortbestand der Tarifautonomie müsse man gemeinsam kämpfen.

"Es ist nicht akzeptabel, dass es heute auf der Landkarte der Bundesrepublik Deutschland viele weiße Flecken gibt, in denen die Tarifautonomie nicht mehr wirkt", sagte Merkel in ihrem Beitrag, der am Samstag im Internet veröffentlicht wurde.

Der DGB will verhindern, dass vor allem die Arbeitnehmer die Folgen der Finanzkrise tragen müssen. "Wir brauchen mehr denn je eine Politik der sozialen Balance", sagte die stellvertretende DGB- Vorsitzende Ingrid Sehrbrock der in Ulm erscheinenden "Südwest Presse". Sehrbrock, die der CDU angehört, verteidigte die DGB- Forderung nach einem generellen Mindestlohn von 8,50 Euro.

Merkel müsse beim Thema Finanzkrise klare Antworten geben. "Wie werden die Verursacher, wie die Spekulanten in die Bewältigung der Krise einbezogen und zur Verantwortung gezogen?", sagte Sehrbrock. Themen wie Existenzsicherung, faire Löhne sowie gute Aus- und Weiterbildung seien nicht vom Tisch.

Die Kanzlerin hatte vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen deutliche Kritik an Dumpinglöhnen wie im Fall der Drogeriemarktkette Schlecker geübt. Auch aus der FDP kam vor dem Gewerkschaftstag Kritik an den Zuständen in der Zeitarbeit-Branche. Sie sei zwar im Grundsatz ein erfolgreiches Instrument zum Wiedereinstieg Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP- Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, der "Rheinischen Post". Die Koalition werde sich aber sehr genau ansehen, ob es den Tarifpartnern gelinge, Missbräuche wie bei Schlecker zu unterbinden.

"Wenn das nicht reichen sollte, werden wir gesetzlich tätig werden, etwa über ein Verbot einer solchen Form faktischer konzerninterner Überlassung", kündigte Vogel an.

Ungeachtet der Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden hält auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an der Rente mit 67 fest. "Wenn wir keine griechischen Verhältnisse wollen, müssen wir länger arbeiten. Wir leben auch länger", sagte sie dem Nachrichtenmagazin "Focus".

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