Gesundheitspolitik Rösler - der Pharma-Schreck

Der Mann macht ernst: Ausgerechnet Gesundheitsminister Philipp Rösler, ein FDP-Mann, will den Pharmaunternehmen an den Kragen, oder besser: an die Gewinne. Er scheint tatsächlich nicht als Klientelpolitiker zu handeln, sondern als Minister, der die Probleme in seinem Ressort erkannt hat. Man kann ihm nur viel Glück dabei wünschen – mehr Glück, als es seiner Vorgängerin Ulla Schmidt beschieden war.

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Katharina Koufen

Schmidt gab sich in ihren neun Jahren Amtszeit alle Mühe, die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen. Sie verteilte ihre Grausamkeiten an alle Akteure: Mal waren die Apotheker an der Reihe, etwa 2002, 2003 und 2007, als der Apothekenabschlag erhöht wurde. Dann musste der Großhandel daran glauben, wie 2004, als dessen Handelsspanne glatt halbiert wurde. Im selben Jahr traf die Sparwut auch die Patienten: Ihnen wurden fortan höhere Zuzahlungen zugemutet, außerdem kam die Praxisgebühr.

Besonders häufig jedoch hatte Schmidt auch damals schon die Pharmabranche im Visier. 2002 schafften es die Unternehmen noch, das von der ungeliebten Ministerin geplante Preismoratorium abzuwenden – gegen einen „Solidarbeitrag“ von rund 200 Millionen Euro, den die Branche einmalig zahlte. Es half ihr wenig: Der Sparkurs wurde fortgesetzt.2003 führte die Regierung im „Beitragssatzsicherungsgesetz“ Rabattregelungen ein. Seitdem dürfen Kassen auf Großhandels- und Herstellerrabatt drängen.

2004 legte die rot-grüne Regierung im „GKV-Modernisierungsgesetz“ Festbeträge für patentgeschützte Analogpräparate fest – also solche Medikamente, deren Neuheitswert minimal ist. Zwei Jahre später wurden diese Festbeträge gesenkt. Auch wurde die Möglichkeit ausgeweitet, Rabatte mit den Pharmafirmen auszuhandeln. Obendrein verhängte Schmidt einen zweijährigen Preisstopp. 2007 kam ein gesetzlicher Höchstbetrag, bis zu dem die Gesetzlichen Kassen die Kosten für Arzneimittel übernehmen. Gleichzeitig einigte sich die mittlerweile schwarzrote Regierung auf die Einführung einer „Zweitmeinung“ für besonders teure oder umstrittene Medikamente. Doch es halft nichts: Bis auf einen kleinen „Ulla-Schmidt-Knick“ 2004 stiegen die Ausgaben für Pillen und Säfte stetig an.

Nur ein SPDler konnte Hartz IV durchsetzen

Das Problem von Röslers Vorgängerin lag unter anderem darin, dass sie viele kurzfristige und viele punktuelle Maßnahmen ergriffen hat, mit denen sie die Kosten dämpfen wollte. Rösler bemüht sich nun immerhin, seinen Rotstift an einer ganz entscheidenden Stelle anzusetzen: Der Preisbildung für neue, teure, patentgeschützte Medikamente. Er selbst glaubt an seinen Erfolg: Wer, wenn nicht ein FDP-Minister, könne eine Reform durchsetzen, die die Pharmabranche empfindlich trifft? Rösler verweist auf den SPD-Politiker Franz Müntefering, der damals die Rente mit 67 gegen den Widerstand in den eigenen Reihen durchdrückte. Nach dieser Logik konnte die Hartz-IV-Reform nur ein SPD-Kanzler durchführen.

Eines allerdings sollte Rösler bedenken: Man kann im Nachhinein nicht gerade behaupten, dass die mutigen Reformen von Müntefering und Schröder ihren Karrieren gedient hätten.

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