Griechenland Schäuble macht Tempo bei deutschen Finanzhilfen

Nach dem Hilferuf der Griechen spielen die Märkte verrückt. Bis zum 19. Mai will Finanzminister Schäuble daher 8,5 Milliarden deutsche Euros nach Athen überweisen. Dazwischen funken könnte ihm der Bundestag - und die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Quelle: dpa

Dass die Zeit drängt, war Wolfgang Schäuble am Montagmorgen nicht sofort anzumerken. Erst mit einer Stunde Verspätung begann der Bundesfinanzminister die eilig anberaumte Pressekonferenz zur Griechenland-Krise in der Empfangshalle seines Amtes. Doch nachdem er sich vor dem Dickicht aus Mikrofonen und Kameras postiert hatte, machte der Finanzminister Druck: Er könne sich vorstellen, dass die deutschen Finanzhilfen für die hochverschuldeten Griechen bereits kommende Woche vom Bundestag verabschiedet würden.

Zuvor hatte er alle Fraktionschefs in Ministerium eingeladen. Um ihnen die Lage zu erläutern, aber auch um sie für schnelle Beschlüsse zu gewinnen. „Ich habe die Fraktionsvorsitzenden gebeten, die Beratungen im Bundestag so zu organisieren, dass sie noch vor dem 19. Mai zum Abschluss kommen“, sagte Schäuble.

Die Zeit drängt: Am 19. Mai müssen die Griechen Staatsanleihen in Höhe von etwa 8,5 Milliarden Euro umschulden. Ob sie sich das Geld dafür noch selber zu halbwegs vertretbaren Konditionen besorgen können, ist nach dem Hilferuf des griechischen Finanzministers Papaconstantinou vom vergangenen Freitag fast ausgeschlossen: Rund sechseinhalb Prozent Risikoaufschlag zu deutschen Bundesanleihen verlangten die Märkte für Griechen-Bonds am Vormittag.

Schäuble in der Zwickmühle

Deswegen will Schäuble die Hilfen unbedingt vor diesem Termin durchpeitschen. Eine Kapitulation der Griechen vor den Finanzmärkten würde den Euro insgesamt destabilisieren. Sein Plan: Im Rahmen der internationalen Hilfe greift die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Hellenen mit einem Kredit von 8,5 Milliarden Euro unter die Arme; die Bundesregierung will für dieses Darlehen garantieren. Insgesamt stellt die EU allein in diesem Jahr bis zu 30 Milliarden Euro bereit.

Schäuble ist in der Zwickmühle: Einerseits muss die Hilfe für die griechische Regierung so schnell wie möglich kommen, weil sonst die Märkte noch mehr verrückt spielen. Andererseits darf es auch nicht zu schnell gehen: Am 9. Mai sind Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen. Dort will die CDU möglichst nicht als Partei gesehen werden will, die in anderen Ländern mit deutschem Steuergeld um sich wirft. Ideal wäre also ein Termin zwischen dem 10. und 18. Mai. Doch so lange will Papaconstantinou nicht warten.

Ausnahme als Regel

Doch vorher müssen erst der Internationale Währungsfonds (IWF) und Vertreter der EU-Kommission die griechische Regierung auf Reformmaßnahmen verpflichten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu verbessern. Erst danach gibt es grünes Licht für die Finanzhilfen – so hatten es die Euro-Finanzminister am 25. März vereinbart. „Ich hoffe, dass die Verhandlungen des IWF und der Euro-Finanzministers über das Sparprogramm der griechischen Regierung bis zum Wochenende zum Abschluss kommen“, versuchte Schäuble Optimismus zu verbreiten. EU-Währungskommissar Olli Rehn unterstützte Schäuble am Nachmittag bei seinem Besuch. Die Verhandlungen mit der griechischen Regierung über das Hilfspaket würden Anfang Mai abgeschlossen.

Ob dieser Wettlauf gegen die Uhr und gegen die Märkte gelingt, hängt auch vom Bundestag ab. Denn der muss den deutschen Finanzhilfen zustimmen, bevor die KfW den Griechen zu Hilfe eilen darf. Die Fraktionsspitzen hielten sich ihr Pulver erstmal trocken: „Ich kann mir keine Lösung der Griechenland-Krise ohne die Beteiligung der Gläubigerbanken vorstellen“, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Seine Kolleginnen von den Grünen und der Linkspartei, Renate Künast und Gesine Lötzsch, äußerten sich ähnlich. „Die Spekulanten, die an der Krise verdient haben, müssen auch an den Kosten beteiligt werden“, verlangt auch FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger. Zudem müssten Vorkehrungen getroffen werden, dass sich Krisen wie im FalleGriechenlands nicht wiederholen.

Das allerdings dürfte nach den griechischen Finanzhilfen schwieriger werden als zuvor: Denn nun könnten auch Portugal und Spanien nach der Solidarität ihrer Euro-Nachbarn rufen, um sich billiger als auf den Märkten zu refinanzieren. Haben die Euroländer erst einmal eine Ausnahme von der Regel getroffen, könnte die Ausnahme zur Regel werden.

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