Haushaltsplanung WestLB zwingt NRW-Finanzminister zu Rekordverschuldung

Trotz Schuldenbremse steuert Nordrhein-Westfalen auf eine rekordverdächtige Neuverschuldung zu. Der Regierungswechsel zeigt: Die alte Landesregierung hat die Risiken der Finanzkrise zu optimistisch kalkuliert.

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NRW-Finanzminister Nobert Quelle: APN

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) begann ihre Regierungszeit Mitte Juli 2010 mit einer schweren Anschuldigung: Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung habe die Zahlen geschönt, der damalige Finanzminister Helmut Linssen (CDU) mit unrealistischen Werten gerechnet. Stein des Anstoßes war nicht zuletzt die „Abschlussbilanz“ des scheidenden Ministers, der auf den Konsolidierungspfad seiner Regierung verwies.

Tatsächlich hatte Linssen die jährliche Neuverschuldung von 6,7 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf 1,1 Milliarden Euro Ende 2008 drücken können. Doch dann kam die Krise und mit ihr neue Schulden. Für 2010 veranschlagte Linssen daher eine Nettoneuverschuldung von 6,6 Milliarden Euro und damit knapp unterhalb der damaligen Rekordverschuldung von 2005.

WestLB-Risiken: Höhere Rückstellungen nötig

Schon im Sommer rechneten die Finanzexperten von SPD und Grünen mit einer tatsächlichen Neuverschuldung von rund neun Milliarden Euro. Der größte Teil sei dabei die „Erblast“ der Vorgängerregierung gewesen, nämlich die unzureichende Risikoabdeckung für die Abwicklung der WestLB.

Die durch die Finanzkrise schwer angeschlagene WestLB hatte Ende 2009 ihre Risikopapiere und nicht-strategischen Geschäfte in die sogenannte Erste Abwicklungsanstalt (EEA) ausgelagert. 77 Milliarden Euro schwer ist diese BadBank, das entspricht in etwa dem Eineinhalbfachen des gesamten nordrhein-westfälischen Landeshaushaltes. NRW als Anteilseigner der WestLB steht für eventuelle Ausfälle der EEA mit Garantien gerade. Die ehemalige Landesregierung hatte dafür extra einen Fonds in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro eingerichtet, um in den nächsten Jahren die zu erwartenden Risikoausfälle nicht aus dem ohnehin defizitären Landeshaushalt stemmen zu müssen.

Nur: Diese Rückstellungen werden laut neuem NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) bei weitem nicht ausreichen. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Garantien innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre fällig werden“, so Walter-Borjans. Insgesamt stehen den ausgelagerten 77 Milliarden Euro fünf Milliarden Euro an Garantien gegenüber. Zwei Milliarden teilen sich die Anteilseigner der WestLB – das Land NRW, die NRW.Bank, der Rheinische Sparkassen- und Giroverband, der Sparkassenverband Westfalen-Lippe sowie die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland. Von diesen zwei Milliarden trägt NRW knapp ein Drittel, rund 760 Millionen Euro. Hinzu kommt jedoch die Landesgarantie in Höhe von drei Milliarden Euro. „Wir sprechen also über rund 3,6 Milliarden Euro, die den Landeshaushalt mittelfristig belasten werden“, sagt Walter-Borjans. Bislang sind erst 100 Millionen an Garantien tatsächlich fällig geworden.

Von Haushaltskonsolidierung noch weit entfernt

Für die Amtszeit des neuen Finanzministers sind das denkbar schlechte Voraussetzungen. Denn ab 2011 muss NRW eigentlich einen strikten Konsolidierungskurs fahren, um die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse ab 2020 auch einhalten zu können. Die Schuldenbremse sieht vor, dass die Länder ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufnehmen dürfen und in den kommenden Jahren ihre Neuverschuldung sukzessive runterfahren. Um die Kriterien einhalten zu können, dürfte die jährliche Nettoneuverschuldung in NRW 3,7 Milliarden Euro nicht übersteigen. Davon ist NRW aber noch weit entfernt. Walter-Borjans geht unter günstigen Bedingungen ­– konjunkturelle Erholung und geringere Steuermindereinnahmen – von 8,2 bis neun Milliarden Euro Verschuldung im Jahr 2011 aus.

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