120 Tote Gefechte im Jemen gehen weiter

Seit Tagen deutet in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa alles auf Eskalation hin. Nun mündet der Konflikt zwischen schiitischen Rebellen und sunnitischen Regierungsanhängern in blutige Gefechte

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Gefechte im Jemen: Diese Woche hatten die Huthis den Vorort Schamlan unter ihre Kontrolle gebracht. Quelle: dpa

Sanaa Nach wochenlangen Protesten im Jemen gerät die Situation außer Kontrolle: Bei Kämpfen zwischen schiitischen Huthi-Rebellen und regierungsnahen sunnitischen Milizen in der Hauptstadt Sanaa sind bis Freitag mindestens 120 Menschen ums Leben gekommen, wie Krankenhäuser mitteilten. Tausende Menschen ergriffen die Flucht. Der größte Flughafen des Landes wurde faktisch geschlossen: Nach Angaben der Flugaufsicht strichen die meisten ausländischen Fluggesellschaften wegen der unsicheren Lage ihre Flüge nach Sanaa.

Die Huthis hatten zunächst in Sanaa für den Rücktritt der Regierung und die Verbilligung von Energie demonstriert. Schließlich gerieten die schiitischen Rebellen jedoch mit sunnitischen Fundamentalisten aneinander, die mit Regierungspartei Islah verbündet sind. Die Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi steht zwischen den Fronten.

Diese Woche hatten die Huthis den Vorort Schamlan unter ihre Kontrolle gebracht. Am Donnerstag begannen sie dann einen Angriff auf die Iman-Universität, den sie als Hochburg sunnitischer Extremisten sehen. Am Freitag versuchten sie, die Zentrale zu stürmen. „Jede Minute gibt es hier Grollen oder Bombeneinschläge, Granaten aus Panzerfäusten oder aus Maschinengewehrfeuer“, berichtete Anwohner Ammer Ahmed.

Wegen des Angriffs auf den Fernsehsender berief Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi eine Dringlichkeitssitzung mit Beratern des Kabinetts ein. Armeeeinheiten kämpften gemeinsam mit Islah-Milizen gegen die Rebellen. Blutüberströmte Leichen lagen neben ausgebrannten Fahrzeugen in den Straßen von Sanaa, wie weitere Augenzeugen berichteten. Kämpfe gab es auch im Bezirk Massba. Dort griffen die Huthis das Haus von General Ali Mohsen Al-Ahmar an, der 2004 die Militärkampagne gegen die Huthis im Norden des Landes führte.

Der Jemen leidet seit langem unter politischen Wirren. Die Huthis hatten sechs Jahre lang bis 2010 gegen den früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh gekämpft. Nach dessen Sturz zogen sie gegen Islamisten im Norden des Landes zu Felde. Zuletzt drängten sie diese zurück und weiteten so ihr Einflussgebiet aus. Sie protestieren seit mehr als einem Monat in Sanaa.

Gleichzeitig ist im Süden des bitterarmen Jemen ein Ableger des sunnitischen Terrornetzwerks Al-Kaida aktiv, der die Kontrolle in mehreren Städten an sich zu reißen versucht. Auch gibt es im Süden eine Separatistenbewegung.

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